Gesellschaft | Gastbeitrag

Money Money Money

Worum geht es unseren PolitikerInnen heute? Welche Eindrücke hinterlässt der Rentenskandal bei einem jungen Südtiroler? Überlegungen von Stephan Kerschbaumer.

Der "Rentenskandal", ein Begriff, der das politische 2014 zu kennzeichnen vermag und gleichzeitig die Voraussetzungen besitzt, den Wettbewerb um den Titel "Unwort des Jahres" zu gewinnen.


Der "Rentenskandal"

In den ersten Monaten dieses Jahres brachte der so genannte "Rentenskandal" die politische Seele von Herrn und Frau Südtirol zum Kochen. Unterstützt durch eine mediale Empörungsmaschinerie hatten moderate Stimmen es nicht leicht. So bemängelte Harald Knoflach auf dem Blog brennerbasisdemokratie die Unverhältnismäßigkeit des öffentlichen Aufschreis, vergliche man diesen mit den – relativ gesehen – leisen Protest gegen die Machenschaften um die Stromkonzessionen oder die Verknappung der Haushaltsmittel aufgrund der grassierenden Wirtschaftskrise sowie der Beteiligung an der Staatsschuldentilgung. Man mag über diese Kritik denken, was man möchte, als Stimme, die gegen den medialen Strom schwamm, war sie wichtig und vielleicht auch notwendig.


Leibrente oder doch Rente?

Doch was hat der "Rentenskandal" bewirkt? Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass mehr die Höhe der ausgezahlten Beträge in der Kritik stand, als das System der Leibrenten an sich. Aber es weitaus wichtiger gewesen sich eine prinzipielle Frage zu stellen: Sind die Leibrenten der PolitkerInnen überhaupt noch zeitgemäß?

Trotz aller Vergleiche, die gemacht wurden: Leibrenten sind keine Renten im eigentlichen Sinne. Ein großer Unterschied liegt bereits in der Finanzierung der Leibrenten. Diese werden nicht durch die Beiträge zukünftiger Leistungsbezieher finanziert, sondern vorwiegend durch Steuern. Ein solches System war, aufgrund der möglichen Belastung der zukünftigen Haushalte, nicht mehr tragbar. Eine Reform der Leibrenten war unumgänglich. Doch man hat lediglich eine Korrektur am bestehenden System der Leibrenten beschlossen, nicht aber die Leibrenten an sich an sich in Frage gestellt.


PolitikerIn als Beruf

Das System der Leibrenten entstammt einer Zeit, in der PolitikerIn zu sein noch kein Beruf war. MandatsträgerInnen gingen weiterhin ihrer gewohnten Arbeit nach, denn die politische Tätigkeit nahm nur wenige Tage im Monat in Anspruch. Dementsprechend wurden gesetzliche Bestimmungen erlassen, durch die MandatsträgerInnen für die entsprechenden Tage von der Arbeit freigestellt wurden. Für die erbrachte politische Arbeit wurden Aufwandsentschädigungen, Reisespesen, Sitzungsgelder und andere Geldleistungen bereitgestellt. In diesem System sollte die Leibrente, die ab dem Ausscheiden aus dem Amt ausgezahlt wurde, eine Anerkennung für den Dienst an der Gesellschaft sein. Sie sollte aber nicht die Aufgabe einer echten Altersversorgung übernehmen.

Diese Zeiten haben sich schon lange geändert. PolitikerIn zu sein ist schon lange keine Berufung mehr. Es ist ein Beruf, fast wie jeder andere. Manche streben ihn an, andere sehen ihn als Sprung auf der Karriereleiter.

Diese Entwicklung, hin zur Professionalisierung der Politik, kann man durchaus kritisch betrachten. Nicht wenige Probleme sind mit ihr verbunden. So sind in den Parlamenten und Landtagen schon lange nicht mehr alle gesellschaftlichen Gruppen vertreten. Abgeordnete sind meistens öffentliche Bedienstete, wie Lehrer oder Ärzte, oder auch "liberi professionisti". Im Falle einer gescheiterten Wiederwahl, ist für sie die Rückkehr an den vorigen Arbeitsplatz mit kleineren Hürden verbunden als in anderen Berufsgruppen.

Dennoch ist die Professionalisierung eine Entwicklung, die man, in einem bestimmten Maße, auch zur Kenntnis nehmen muss – etwa um die Regelung zur finanziellen Entlohnung der MandatsträgerInnen an diese neuen Begebenheiten anzupassen. Ist, vor diesem Hintergrund, ein System der Leibrenten noch angebracht? Was spricht heute dagegen, dass MandatsträgerInnen am gleichen soziale Fürsorgesystem teilhaben wie Herr und Frau DurchschnittsbürgerIn? Wieso sollten MandatsträgerInnen nicht auch in die Rentenkassen der NIFS/INPS einzahlen? Nicht nur, dass dadurch mehr Liquidität in die Kassen der NISF/INPS fließen würde, wovon jedeR RentenempfängerIn nur profitieren kann. PolitkerInnen hätten auch einen Anreiz mehr, um sich für ein nachhaltiges und wirtschaftlich gesundes Rentensystem einzusetzen.

Eine Neuregelung dieser Art ist sicher nicht einfach umzusetzen. Sie liegt nicht im reinen Ermessen des Regionalrates. Aber das Problem der Leibrenten wurde nicht nur in unserer Region erkannt. Auch andere Regionen, wie auch das Parlament, kämpfen mit ähnlichen Altlasten. Gemeinsam hätten diese Parlamente eine solch tiefgreifende Änderung beschließen können, um zumindest die Altersvorsorge der jetzigen sowie zukünftigen PolitkerInnengenerationen auf nachhaltigere Füße zu stellen.


Das liebe Geld

Seit bekannt wurde, wie viele AltmandatarInnen gegen die Kürzung der Leibrenten einen Rekurs vor Gericht eingereicht haben, geistert der "Rentenskandal" wieder in den Medien umher. Vor allem Alt-Landeshauptmann Durnwalder hat durch ein Interview für Aufsehen gesorgt, bemängelte er doch, zu wenig Geld zu bekommen. Da ist es wieder, das liebe Geld. Auch unsere PolitkerInnen scheint vorwiegend das Geld zu interessieren.



Stephan Kerschbaumer, 26 Jahre alt, studiert Rechtswissenschaften an der Universität von Trient und war lange Zeit in der Südtiroler HochschülerInnenschaft aktiv, unter anderem als deren Vorsitzender.