Gesellschaft | Familiengesetz

Familiengeld: 200 Euro-Clou reicht nicht aus

Auf effizientes Timing setzt die Landesregierung bei der Verdoppelung des Familiengelds auf 200 Euro. Doch Familienvertreter lassen sich damit nicht abspeisen.

Sechs Tage vor den Landtagswahlen hat die Landesregierung nun auch die bereit im Frühjahr angekündigte Verdoppelung des Familiengelds für Kinder bis zu drei Jahren von 100 auf 200 Euro umgesetzt. Damit die ab 2014 geltende Neuerung nicht zwischen all den Wahlzuckerln untergeht, die am Montag verabschiedet wurden, wurde die Bekanntgabe dieses Beschlusses offenbar für Dienstag Vormittag aufgespart. Da an der großzügigen Einkommensgrenze von 80.000 Euro netto festgehalten werden, werden laut Landesrat Richard Theiner rund 90 Prozent der Familien mit Kleinkindern in Südtirol finanziell stärker unterstützt als bisher – sei es bei der Betreuungstätigkeit zu Hause oder bei Bezahlung von Kinderbetreuungsdiensten. Das Land lässt sich dies 32 statt wie bisher 16 Millionen Euro kosten.

Die wichtigste Neuerung neben dem Betrag betrifft die fünfjährige Ansässigkeitsklausel: Diese ist ab 2014 für alle Familien Voraussetzung für den Bezug des Familiengeldes, ob italienische Staatsbürger, EU-Bürger oder Nicht-EU-Bürger. Damit begegnet die  Landesregierung den gerichtlichen Urteilen, laut denen die Maßnahme die Klausel, die bislang nur für Nicht-Bürger gilt, diskriminierend ist.

Die Behauptung, dass mit diesem Schritt nun eine der grundlegenden Maßnahmen des neuen Familiengesetzes, also die finanzielle Förderung der Familien, umgesetzt ist, stößt bei den Vertretern von Südtirols Familien jedoch zumindest teilweise auf Hohn. „Jetzt vor den Wahlen noch schnell das Familiengeld zu verdoppeln ist eine reine Augenauswischerei“, sagt die Vorsitzende der Plattform für Alleinerziehende Ida Lanbacher. Denn: „Kostet ein Kind nach dem dritten Lebensjahr etwa nichts mehr“, fragt sie. Da würde für Südtirols Familien dann aber die „Herumklauberei“ mit dem regionalen Familiengeld beginnen, das streng an Einkommen gekoppelt ist. „Dann erhalten all jene , die ihr Einkommen ehrlich erklären, weniger oder nichts, während  alle anderen viele Möglichkeiten ausschöpfen können“, kritisiert  Lanbacher, die eine Kindergrundsicherung nach dem Modell der Pflegesicherung fordert.

Wo bliebt die Mitsprache?

Lanbacher ist nicht die einzige, die derzeit enttäuscht über die Umsetzung der Familiengesetzes ist. Denn von der vielbeschworenen Teilhabe der Familien- und Frauenorganisationen an der Umsetzung der Maßnahmen ist derzeit wenig zu spüren, lautet die allgemeine Kritik. Während der neue Familienbeirat derzeit noch nicht operativ ist, fühlt sich die Landesregierung vor den Landtagwahlen offenbar unter Druck gesetzt, noch Familienfreundlichkeit zu demonstrieren. Bestes Beispiel? Das kürzlich vorgestellte Familienkompetenzzentrum am Ritten, das weder mit dem Familienbeirat noch mit anderen Vertretern von Familien abgesprochen war. „Da wird ein Familiengesetz gemacht, an dem viele kompetente Menschen mitgearbeitet haben, und dann wird einfach aus dem Nichts heraus ein Kompetenzentrum geschaffen über das alle Beteiligten aus den Medien erfahren“, kritisiert Lanbacher. Alles schlecht also? „Ich bin froh, dass das Thema überhaupt angegangen wurde“, antwortet die Vorsitzende der Plattform. „Doch ich hoffe sehr stark, dass es nicht nur ein Wahlthema war, und nach den Wahlen endlich ernsthaft an der Umsetzung des Gesetzes gearbeitet wird – und zwar wirklich zum Wohl der Familien.“

 

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Michael Bockhorni Di., 22.10.2013 - 23:21

ist auch noch nicht operativ, obwohl auch schon im oktober 2012 vom landtag beschlossen. natürlich frage auch ich mich, was die eltern von über 3 jährigen machen und ob deren beitrag für die gesellschaft nicht ganz unabhängig vom einkommen zu honorieren ist (wenn wir nicht "aussterben" wollen und mit dem zuzug so unsere liebe not haben).

Di., 22.10.2013 - 23:21 Permalink