Politik | Direkte Demokratie

An Wahlurne direkte Demokratie befördern

Diese Woche geht die Debatte um die direkte Demokratie im Land in eine neue Runde, doch die mühsam erzielte, eher unbefriedigende Kommissionsvorlage steht auf der Kippe.
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Foto: Pixabay

Der mühsam erzielte, eigentlich unbefriedigende Kompromiss „Amhof-Noggler-Foppa“ wird weiter verwässert werden, denn die SVP hat erwartungsgemäß weitere Vorschläge zur Einschränkung eingebracht, davon drei ziemlich einschneidende:

  • das Quorum soll auf 30% angehoben werden, obwohl in der Kommission ein Kompromiss von 25% erzielt worden war (vor 5 Jahren hatte sich die SVP beim Gesetz Schuler-Pichler-Rolle schon zur Abschaffung des Quorums durchgerungen);
  • die Möglichkeit, über bestimmte Beschlüsse der Landesregierung abstimmen zu können, soll wieder gestrichen werden;
  • es soll kein bestätigendes Referendum über Landesgesetze geben, damit würde das zentrale Kontrollrecht der Bürger gegenüber der politischen Vertretung entfallen.

Damit werden Eckpunkte der Kommissionsvorlage von Amhof-Foppa-Noggler wieder in Frage gestellt. Die wirklich mächtigen Interessengruppen innerhalb der SVP gewännen die Oberhand und verhinderten eine gerade noch akzeptable Lösung, das übliche Spiel. Dabei sind die Tage des Quorums als „Volksabstimmungskiller“ gezählt, denn laut Regierungsprogramm in Rom wird dieses größte Hindernis für funktionierende direkte Demokratie abgeschafft werden. Auf Gemeindeebene ist es in der Region bereits auf 25% für die größeren Gemeinden reduziert worden und auch die Provinz Trient ist dabei, das Quorum auf Landesebene auf 20% zu senken. Wenn es mit der Reform in Rom klappt, könnte Südtirol im Zuge dieser Verfassungsänderung wie die anderen Regionen gezwungen werden, sich der übergeordneten Gesetzeslage anzupassen.

Weil in der Regel die Landesregierung über Großprojekte entscheidet und viele weitere Entscheidungen von erheblicher Tragweite, Kosten und Auswirkungen trifft, ist es unverzichtbar, diese Beschlüsse gegebenenfalls Volksentscheiden zu unterwerfen. Wenn dieser Eckpunkt entfällt, bleibt die direkte Demokratie im Land weiterhin zum guten Teil zahnlos.

Das bestätigende Referendum und die Möglichkeit, über ein vom Landtag beschlossenes Gesetz abzustimmen, bevor es in Kraft tritt, ist eines der zwei Standbeine der direkten Demokratie. Die Bürger müssen im Zweifelsfall das Recht haben, bei einem unakzeptablen Gesetz ihr Veto einzulegen: dies ist das in der Schweiz am stärksten genutzte Recht, ein Muss für jede wirksame Bürgermitbestimmung.

Sollte die SVP diese in der Vorlage Foppa-Amhof-Noggler enthaltenen Fortschritte im Landtag kippen, kann man nicht mehr von einer echten Reform der Volkabstimmungsrechte sprechen. Dann hätten sich zum x-ten Mal die beteiligungsfeindlichen Kräfte in der SVP durchgesetzt, vor allem die Unternehmerverbände. Dann müsste es auch dem letzten Südtiroler Bürger aufgehen, dass mit dieser Landtagsmehrheit eine bürgerfreundliche Regelung der direkten Demokratie nicht zu haben ist, dass die SVP eine Partei der Eliten und starken Verbände bleibt, die Bürgerbeteiligung nur als Hindernis fürs Durchregieren und Durchsetzen von Interessen Weniger sehen. Wem Bürgerbeteiligung ein echtes Anliegen ist, der muss – wie auf staatsweiter Ebene geschehen - mit seiner Stimme an der Wahlurne für andere Mehrheiten sorgen.

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Christian Mair Mi., 01.08.2018 - 18:46

"An Wahlurne direkte Demokratie befördern" Thomas Benedikter

@ThomasBenedikter: Das ist ein ganz wichtiger Punkt den Sie da ansprechen, da er die Zukunftsfähigkeit und die Glaubwürdigkeit der Demokratie insgesamt beinhaltet.
Gut wäre ein Wahlrecht, bei dem neben der Landtagswahl über pro Partei je einen Vorschlag ein Volksentscheid durchgeführt wird.

Mi., 01.08.2018 - 18:46 Permalink