Politik | Urbanistikgesetz

Raumordnung: Das letzte Aufgebot

Mit der Behandlung in der 2. Gesetzgebungskommission nimmt die letzte Raumordnungsreform der Ära Dunrwalder Form an. Klar ist: Der große Wurf muss in der kommenden Legislatur folgen.

Komma für Komma wurde am Donnerstag in der 2. Gesetzgebungskommission die Abänderungen durchgearbeitet, die zumindest von der Landesregierung als Entbürokratisierung und Beschleunigung der Raumordnungsverfahren verkauft werden. Nicht nur die Opposition, sondern auch der Heimatpflegeverband oder der Dachverband für Umweltschutz fahren dagegen heftige Geschütze gegen den Gesetzentwurf 166/13 auf. „Das Urbanistikgesetz ist ein Dschungel, aber diese Reform ist ein Dschungel zum Quadrat“, meint der stellvertretende Vorsitzende der Gesetzgebungskommission Riccardo Dello Sbarba.

Auch inhaltlich sehen die Kritiker des Gesetzesenturwrfes jede Menge Nachbesserungsbedarf: Die Mitsprache des Umwelt- und Landschaftsschutzes werde weiter beschnitten, die Möglichkeiten für Spekulationen im landwirtschaftlichen Grün weiter erhöht und die Planungsmöglichkeiten der Gemeinden eingeschränkt. Vor allem die am Mittwoch genehmigte Abänderung, dass Vorschläge und Abänderungen zu Bauleitplänen künftig nicht mehr von Gemeinderäten, sondern den Ausschüssen eingeleitet werden, wird allgemein als weitere Schwächung der Gemeinderäte kritisiert. „Denn der Bauleitplan ist ein wesentlicher Teil der Dorf- und Stadtentwicklung und hier sollte der Gemeinderat von Beginn an miteingebunden werden“, sagt Albert Willeit vom Heimatpflegeverband.

Kompatscher: "Gemeinderäte werden aufgewertet"

Ein Punkt, in dem Gemeindenverbandspräsident Arno Kompatscher klar widerspricht: „Diese Abänderung ist eine absolute Aufwertung der Gemeinderäte“, sagt er. Denn bisher werde der Gemeinderat zwar zu Beginn mit Bauleitplanänderungen befasst. Doch alle Einwände von Bürgern, der Landesraumordnungskommission und der Landesregierung bekomme er nicht mehr zu Gesicht. „So wird am Ende oft eine Bauleitplanänderung beschlossen, die vollkommen anderes aussieht als sie der Gemeinderat anfangs beschlossen hat.“  Mit dem neuen System würde das Gemeindegremium dagegen erst dann befasst, wenn die Stellungnahmen von Bürgern oder Verbänden sowie der Landesraumordnungskommission vorliegen. „Dadurch erhält er viel mehr Elemente für eine fundierter Entscheidung“, ist der Gemeindenverbandspräsident überzeugt.

Doch auch im 25 Seiten dicken Gutachten des Gemeindenverbandes finden sich jede Menge Abänderungsvorschläge zum Gesetzesentwurf. Das heftigste Veto erheben die Gemeindeverwalter gegen die vorgesehene Bestimmung, bei der Ausweisung von Gewerbezonen ein gesondertes Genehmigungsverfahren vorzusehen. Dieses sollte privaten Eigentümern bei Ansuchen einen Rechtsanspruch auf eine Entscheidung durch den Gemeinderat einräumen. „So etwas gibt es in ganz Europa nicht und wäre gerade in der derzeitigen Situation äußerst gefährlich“, sagt Kompatscher. Denn bereits heute würden die unsinnigsten Vorschläge für die Ausweisung von Gewerbegrund an die Gemeinden herangetragen. Sollte hier ein privates Antragsprinzip greifen, drohe tatsächlich eine Aushebelung. „Wo Bauzonen entstehen, muss in jedem Fall ein Hoheitsakt der Gemeinden bleiben.“  Sofern dies garantiert sei, sieht Kompatscher auch wenige Probleme, dass nun in Gewerbezonen direkt Grund gekauft werden kann. "Denn das alte System der Enteignung und Zuweisung von Gewerbeflächen gibt es wirklich fast nur mehr in Südtirol."

Seriöse Reform braucht zwei bis drei Jahre

Was auch immer die vielen Abänderungsanträge bringen, die am kommenden Mittwoch noch in der Gesetzgebungskommission sowie dann im Landtag eingebracht werden können: Fest steht schon jetzt, dass die letzte Reform dieser Legislatur keineswegs zur lange versprochenen Vereinfachung und Entflechtung des Urbanistikgesetzes führen wird, in dem sich „viele Bittgänge und Sprechstunden der Ära Durnwalder spiegeln“, wie Heimatpfleger Albert Willeit meint. Das steht auch für Landeshauptmannanwärter Arno Kompatscher außer Zweifel. „Nicht nur das Raumordnungsgesetz gehört komplett neu geschrieben, sondern parallel dazu auch das Landschaftsschutz- und Forstwirtschaftsgesetz“, sagt er. Da eine seriöse Reform jedoch sicher zwei bis drei Jahre in Anspruch nehme, kann er insgesamt mit der aktuellen kleinen Reform leben.  „Denn so können in der Zwischenzeit zumindest einige Rechtsunsicherheiten ausgeräumt und vor allem die Verfahrensdauern verkürzt werden, die derzeit wirklich wirtschaftshemmend sind.“