Chronik | Traktorunfall in Aicha

Martin Blasbichler: "Bei der ersten Traktorfahrt wird ein Traum wahr!"

Martin Blasbichler ist Bezirksobmann der Eisacktaler Bauernjugend. An seine erste Traktorfahrt erinnert er sich lebendig, den tragischen Unfall in Aicha möchte er kritisch hinterfragen. „Es gibt zu viele Sicherheitsbestimmungen und auf Biegen und Brechen werden Schuldige gesucht.“

Am Donnerstag, 28. November, wird der 17-jährige Gabriel Totmoser zu Grabe getragen. Mit einem geliehenen Traktor war der Tischlerlehrling gemeinsam mit zwei Freunden auf einem Forstweg ins Schleudern geraten. Das Fahrzeug stürzte rund zehn Meter ab. Ein Freund von Gabriel liegt auf der Intensivstation des Bozner Krankenhauses mit schweren, inneren Verletzungen. Ein Dritter kam am Samstag, 23. November, mit leichten Verletzungen davon. Seither kreisen Fragen wie: Durften die Jugendlichen den Traktor lenken, waren sie alkoholisiert? Was ist mit dem Besitzer des Traktors, war er zu sorglos? Wurden die Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten, und wer wird dafür verantwortlich gemacht? Wer also, ist schuld?

Sicherheit über alles
Martin Blasbichler ist Beszirksobamnn der Eisacktaler Bauernjugend. Er plädiert für mehr Eigenverantwortung. „Ich kenne den speziellen Fall nicht genau, hab nur auf Stol.it gelesen, was in Aicha passiert ist. Aber was ich sagen kann: Es wird immer sofort ein Schuldiger gesucht. Kann es nicht einfach ein tragisches Unglück sein?“
Staatsanwältin Luisa Mosna hat indessen erste Ermittlungen zur Unfalldynamik eingeleitet. Die Fakten: Der Traktor wurde von den drei minderjährigen Jugendlichen ausgeliehen, hatte keinen Überrollbügel und fuhr auf einem Schotterweg, wo heruntergefallenes Laub lag.  Zu Hauf. „Wir haben auch einen Hof zu Hause“, erklärt Blasbichler, „wenn man zur Zeit mit dem Traktor irgendwohin fährt, dann muss man wirklich fünf Mal überlegen. Das Laub ist rutschig wie eine Eisgalle. Und ob Überrollbügel oder nicht – ein Unfall kann trotzdem passieren.“

Das Laub ist rutschig wie eine Eisgalle. Und ob Überrollbügel oder nicht – ein Unfall kann trotzdem passieren.“

Dass Kinder am Hof anders aufwachsen, früh Verantwortung übertragen bekommen, das sei halt so, erklärt Blasbichler. „Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen, als ich endlich mit dem Traktor fahren durfte. Das waren am Anfang kleine Runden ums Haus,  immer unter Aufsicht, aber passieren hätte auch da immer was können.“ Was geht vor? Kontrolle, Überwachung, Vorschrift? Oder zutrauen, einstehen, mitmachen? Verantwortung übernehmen?

„Vorschriften über Vorschriften“
Blasbichler ist selbst Vorarbeiter in einem Maschinenverarbeitungsbetrieb: „Die ganzen Sicherheitsbestimmungen, die einzuhalten sind, die sind so etwas von unsinnig. Ich steh da ja so gut wie mit einem Fuß im Gefängnis, wenn ich mich nicht penibel an alles halte. Das sieht niemand, dass dieser ganze Mehraufwand an Bürokratie zu noch mehr Stress der Unternehmer führt. Aber genau das wäre auch einmal genauer anzuschauen.“
Blasbichler ist tief betroffen über den tragischen Unfall der drei Jugendlichen in Aicha. "Jeder Unfall ist schrecklich", sagt er, aber er möchte noch etwas unterstreichen. „Warum muss immer sofort ein Schuldiger gesucht werden? Heute sind einfach zu viele Bürokraten unterwegs, die nur darauf warten, dass etwas passiert. Unfälle kann man leider nicht immer vermeiden. Und von der Doppelbelastung der Bauern, auch von der wäre mal zu sprechen. Wenn ich den ganzen Tag arbeite und dann noch das Heu einbringe. Ja kein Wunder, dass alles nur noch schnell, schnell gehen muss.“

Dass das mit dem Unfall der Jugendlichen wenig zu tun hat, das weiß Balsbichler. Dennoch, darüber möchte er eine Diskussion in Gang setzen. Und eines, das versteht der rührige Bauernvertreter genau: Dass der ältere Bauer, dem der Traktor gehört, nun eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet: "Das ist doch klar. Der Bauer will jetzt seine Haut retten. Er muss ja sagen, dass ihm der Traktor gestohlen wurde. Sonst kann er ja gleich den Haustürschlüssel abgeben und sich in Franzensfeste unter die Brücke legen.“

"Das ist doch klar. Der Bauer will jetzt seine Haut retten. Er muss ja sagen, dass ihm der Traktor gestohlen wurde. Sonst kann er ja gleich den Haustürschlüssel abgeben und sich in Franzensfeste unter die Brücke legen.“

Über die vermutete Unvorsichtigkeit des Traktorbesitzers, seinen Schlüssel nicht besser versteckt zu haben, darüber kann der Jungbauer nur schmunzeln: „Jeder, der am Bauernhof aufwächst, weiß, wie man einen Traktor ankriegt. Da brauch ich keinen Schlüssel, da reicht ein Schraubenzieher.“ Und auch das sagt Blasbichler: „Vielleicht haben die Jugendlichen einfach nicht gut überlegt, als sie in den Traktor gestiegen sind. Ich möchte da niemandem zu nahe treten, aber Fehler können einfach passieren.“ Wäre das nicht menschlich? Bräuchte es dafür einen Schuldigen?

 

 

 

 

Bild
Profil für Benutzer Dietmar Holzner
Dietmar Holzner Di., 26.11.2013 - 22:57

Es ist der helle Wahnsinn, wie weit der Staat bzw. dessen Schreibtischakrobaten mit ihrem Sicherheitswahn in alle Bereiche des Lebens vordringen. Keinen blassen Schimmer von den wirklichen Nöten, Problemen und Dringlichkeiten auf einem Bauernhof (groß oder klein).
Meine volle Solidarität dem Bauernstand (bei diesem Thema)!!

Di., 26.11.2013 - 22:57 Permalink