Yuri Borgianni
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Gesellschaft | KVW

Sozialstaat adé

„Arbeit ist wichtig - für ein soziales Südtirol“. Unter diesem Motto stellte der KVW sein Jahresthema vor und zeigte auf, dass es immer noch große Missstände im Land gibt.

Landesvorsitzender Werner Steiner, Geschäftsführer Werner Atz und der geistliche Assisent im KVW Josef Stricker päsentierten das heurige Schwerpunktthema: Arbeit. Dazu geplant sind laut Werner Atz drei Podiumsdiskussionen. „In den Ortsgruppen soll ebenfalls darüber gesprochen werden“, so Atz. Denn Arbeit habe viele unterschiedliche Aspekte. „Die meisten Menschen leben von ihrem Einkommen“, erklärt der neue KVW-Landesvositzende Werner Steiner. Neben dem ökonomischen Faktor könnten sich Berufstätige aber auch durch ihre Arbeit verwirklichen. Sie sei Teil des Menschseins. Gerade deshalb sollte die Arbeit wieder den gesellschaftlichen Stellenwert erhalten, den sie einst hatte. Das habe Priorität, denn Südtirol bleibe von sozialen Fragen nicht verschont. Wenn man sich mit Jugendarbeitslosigkeit oder den Problemen älterer Arbeitnehmer befasse, erkenne man die Schieflagen bei uns, so Steiner. „Wie sollen Bürger verantwortungsbewusst ihre Steuern bezahlen, wenn sie im Sinne des Gemeinwohls nur wenig Gegenleistungen bekommen?“ fragt er sich. Der Mensch solle wieder im Vordergrund stehen, verkündet der Landesvorsitzende, „das ist eines unserer Hauptziele“. Denn wenn es Südtioler Familien gebe, die bereits bei der Gesundheit der Kinder Einsparungen vornehmen müssten, dann sei die aktuelle Lage nicht mehr tragbar, sagt Werner Steiner.

Das Soziale ist in Südtirol zwischen zwei Fronten eingeklemmt“, weiß Josef Stricker, „auf der einen Seite steht der Patriotismus und auf der anderen die Avancen der Wirtschaftsliberalen“. So versucht der geistliche Assistent einen Überblick über den Sozialbereich zu geben. Die Wirtschaft sei tonangebend und habe den Untergang des Sozialen in der Öffentlichkeit zu verantworten. Die Ungleichheit nehme zu, Familieneinkommen würden sinken und Arbeitslosigkeit rücke wieder in den Fokus, meint Stricker. Und wo bleibt der Sozialstaat? „Die Sozialpolitik soll sich nicht auf die Bekämpfung angeblicher sozialer Missstände beschränken“. Damit spielt er auf die Tatsache an, dass Kürzungen immer wieder unter dem Vorwand beschlossen wurden, gegen Sozialtouristen- und schmarotzer vorzugehen. „Der Sozialstandard ist zurückgegangen“, behauptet Stricker, die Existenz des vermeintlichen sozialen Missbrauches sei aber noch nie belegt worden. Die Machthaber im Land müssten aber auch Ausgaben tätigen, die im Interesse der Bevölkerung seien, anstatt Projekte zu finanzieren, „deren Anteil am Gemeinwohl nicht klar nachvollziehbar ist“. Außerdem brauche es mehr Chancen und bessere Verteilungsgerechtigkeit, davon ist man beim KVW überzeugt.