Politik | Von Gerhard Mumelter aus Rom

Italien: Wie soll es weitergehen?

Nach dem Rücktritt der fünf PdL-Minister stellt sich Ministerpräsident Enrico Letta am Dienstag dem Vertrauensvotum im Parlament. Dabei ist eine kleine Palastvrevolte nicht ausgeschlossen.

Silvio Berlusconi hat Italien zu seinem 77. Geburtstag ein besonderes Geschenk beschert: den Sturz der Regierung. Was Premier Enrico Letta als "Wahnsinnstat" wertet,ist nichts weiter als ein neuerlicher Beweis der Tatsache, daß der Cavaliere seine eigenen Interessen über die seines Landes stellt. An seiner juridischen Situation ändert der Sturz der Regierung nichts. Die fünf PDL-Minister (Angelino Alfano, Nunzia De Girolamo, Beatrice Lorenzin, Maurizio Lupi e Gaetano Quagliariello) sind der Weisung Berlusconis umgehend gefolgt und haben ihren Rücktritt angekündigt. Auch damit haben sie unter Beweis gestellt, was sattsam bekannt ist: Servilismus gilt im PDL als oberste Tugend. Kollaps und Chaos sind in den Kommentaren der Auslandspresse die häufigsten Begriffe. Nun liegt das Schicksal des wirtschaftlich und
politisch gebeutelten Landes erneut in der Hand des Staatspräsidenten. Letta wird sich vermutlich am Dienstag im Parlament einem Vertrauensvotum stellen.
Dabei ist eine kleine Palastrevolte im PDL nicht auszuschließen. Zwei Dutzend Senatoren könnten der Partei den Rücken kehren und mit Niki Vendolas SEL und Dissidenten der Fünfsterne-Bewegung eine neue Mehrheit ermöglichen, die das Wahlrecht ändern, ein Haushaltsgesetz und einige dringende Maßnahmen ermöglichen könnte. Hinter den Kulissen laufen bereits seit einiger Zeit entsprechende Verhandlungen. Wie Italien im kommenden Jahr den EU-Vorsitz übernehmen soll, steht in den Sternen. Es ist zu erwarten, daß die Italiener mit wachsender Politikverdrossenheit auf den Sturz der Regierung reagieren. Abzuwarten bleibt, ob sie sich mit zynischen Kommentaren an der Bartheke begnügen oder ob einige Tausend ihrer Verärgerung auch vor dem Parlament Ausdruck verleihen. Berlusconis Laufbahn als Senator wird in wenigen Tagen so enden wie sie begonnen hat: im Zeichen des Interessenkonflikts.

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Klaus Griesser So., 29.09.2013 - 17:17

Staatspräsident & Regierung & Parlament scheinen unfähig, einen gesetzlich verurteilten notorischen Steuerhinterzieher und Korrupteur in die Schranken zu weisen, anzi: er zwingt "seine" Minister zu gehen ohne Rücksicht darauf, dass deren Macht eigentlich von den Kammermitgliedern der PdL stammt?? Das Volk muss auf die Straße!

So., 29.09.2013 - 17:17 Permalink