Wirtschaft | Busbahnhofsareal

Sieg der Laubenkönige?

Lex Oberrauch nach Lex Benko? Wie die beiden Bewerber um die Aufwertung des Busbahnhofsareals auf die Entscheidung des Bozner Stadtrats reagieren.

Chancengleichheit für alle Bewerber: Das war eine der Maximen, die im Bozner Stadtrat in Sachen Ausschreibungskriterien für die Aufwertung des Busbahnhofs-Areals vorgegeben wurden. Die Entscheidung von Mittwoch wird allerdings allgemein als Sieg für die Erlebnishaus- Gruppe rund um Laubenkönig Georg Oberrauch ausgelegt. Symbolisch dafür der Titel der Neuen Südtiroler Tageszeitung, der den gestrigen Beschluss salopp als „Lex Oberrauch“ bezeichnet. Ausschlaggebend für eine solche Interpretation ist nicht nur die Erhaltung des Bahnhofparks, sondern auch die Beschränkung von Handelsfläche und Kubatur auf  22.000 Quadratmeter bzw. 200.000 Kubikmeter. Eine klare Einschränkung für das Projekt der Signa-Holding, das ein Kaufhaus mit einer Handelsfläche von mindestens 30.000 Quadratmetern und eine Kubatur von mindestens 350.000 Kubikmetern vorsieht.

Entsprechend zufrieden auch die ersten Reaktionen von Georg Oberrauch, dessen Gruppe mit einer Handelsfläche von 16.000 bis 17.000 Quadratmetern und einer Kubatur von 170.000 Kubikmetern innerhalb der vorgegeben Kriterien liegt. „Ein wichtiger Etappensieg und ein Sieg der Vernunft für ein harmonisches Konzept“, bewertet Oberrauch den Stadt-Beschluss  in der Südtiroler Tagezeitung. „Wir stellen mit Genugtuung fest, dass man unseren Wünschen großteils entgegengekommen ist.“

Heinz Peter Hager: „Wir müssen jetzt prüfen und überlegen ob ein Projekt in dieser Größenordnung für die Stadt Bozen und den Investor noch erfolgreich sein kann.“

In dem Punkt ist der Bozner Kaufmann ausnahmsweise ähnlicher Meinung wie René Benkos Bozner Statthalter Heinz Peter Hager. Der Stadtrat habe in seinem Beschluss nicht die Bedürfnisse der BürgerInnen berücksichtig, sondern „einzelner Altstadthaus-Besitzer, die Angst um ihre Mieten haben“, so Hagers deutliche Kritik im Morgentelefon von RAI Südtirol. Welche Konsequenzen wird die Signa Holding daraus ziehen? Das wird laut Hager nun in der einmonatigen Frist entschieden werden, die allen interessierten Investoren für die Einreichung von Projekten bleibt. Der bekannte Wirtschaftsberater schließt dabei keineswegs aus, dass sein schillernder Klient das Interesse an Bozen verlieren könnte. Die Signa-Gruppe sei ein europäischer Immobilieninvestor, der nur erfolgreiche Initiativen betreibe, erklärte er im Gespräch mit Bozens Vize-Bürgermeister Klaus Ladinser. Und: „Wir müssen jetzt prüfen und überlegen ob ein Projekt in dieser Größenordnung für die Stadt Bozen und den Investor noch erfolgreich sein kann.“

Eine Kompromisslösung der beiden Bewerber nach dem politischen Kompromiss im Bozner Stadtrat schließt Heinz Peter Hager in jedem Fall kategorisch aus: Ein gemeinsames Projekt mit der Erlebnishaus würde schon allein rechtlich eine Wettbewerbsverzerrung darstellen, glaubt er. „ Wir sind zwar kontaktiert worden, doch für solche Dinge stehen wir nicht zur Verfügung.“ 

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Salto User
Manfred Gasser Do., 26.06.2014 - 09:42

Es scheint, als hätte der brave einheimische Investor, der das alles nicht aus ökonomischen Gründen macht, gewonnen, und der böse "ausländische" Investor, der hier nur cash machen wollte, endgültig verloren.
Wieder ein Sieg für das kleine bornierte Südtirol!!

Do., 26.06.2014 - 09:42 Permalink
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Lorenz Brugger Do., 26.06.2014 - 10:29

Mich würde interessieren, was den Stadtrat dazu veranlasst hat, die Zahl genau auf 22.000 m² Handelsfläche und 300.000 m³ festzulegen? An sich sehen die Zahlen ja ganz vernünftig aus. Sie sind ja so ziemlich die Mitte zwischen 17.000 von Oberrauch und 30.000 von Benko.
Gibt es denn Analysen zu Stadträume, Kubaturen, Verkehr, Nutzungen, Wirtschaft, Soziales, Bevölkerung, Einkaufsverhalten, Einzelhandel, Kaufkraft, die zusammengeführt eine Art Rahmenplan für die Stadtentwicklung von Bozen ergeben? Oder wurde da einfach nur diskutiert, welche der beiden Massenangaben die scheinbar adäquatere wäre? Letzteres würde die Vermutung nahe legen, dass man tatsächlich der Oberrauch-Gruppe einen Vorteil verschaffen wollte. Ersteres müsste eigentlich geschehen sein, um unter anderem eine so genaue Zahl festlegen zu können! Nur, was ist wirklich geschehen?

An sich finde ich es nicht falsch, dass das Areal eben nicht maximal bebaut werden darf, der Park erhalten werden muss und die Bauhöhe auf 30m begrenzt wird (Höhe des Hotel Alpi). Eigentlich wäre es auch konsequent gewesen, eine Vorgabe für die Neugestaltung des Parks mitaufzunehmen, denn das wäre dringend notwendig, wenn man den Park schon erhalten will.
Was mich jedoch bereits von Anfang an stört an der Diskussion, ist, dass der Bürger Südtirols kaum darüber informiert wird, was eigentlich geschehen wird. Was sind denn die konkreten Auswirkungen auf die Stadt, wenn Bozen ein Einkauszentrum in der Innenstadt bekommt? Hierzu empfehle ich folgenden Artikel aus der Zeitschrift archithese:

https://www.hcu-hamburg.de/fileadmin/documents/Professoren_und_Mitarbei…

Wissen denn die Bürger, dass ein Projekt dieser Größenordnung neben den massiven und langwierigen Bauarbeiten, das Stadtgefüge Bozens radikal verändern wird? Hat sich der Stadtrat denn mal die Beispiele vor allem aus Deutschland, der USA aber auch anderswo angeschaut und sich berichten lassen, wie und ob die Städte davon überhaupt profitiert haben und wie sich Stadt und Menschen dadurch verändert haben? Ich bezweifle ernsthaft, dass der Stadtrat weiß, worauf er sich da einlässt, egal ob es Benko oder Oberrauch am Ende ist. Der Eindruck einer hochgradigen Inkompetenz des Stadtrates ist das Ergebnis hieraus und das wird die Stadt den Bürgern nicht verzeihen.

Nun, momentan ist es so, dass die Zahlen der Oberrauch-Gruppe in die Hände spielen. Jedoch, wenn Investor Benko davon spricht, dass sich die Investition nur mit den größeren Zahlen rechnet, frage ich mich, wie Oberrauch es mit den noch kleineren Zahlen als festgelegt schaffen will, eine sich lohnende Investition daraus zu machen?
Wenn Benko jedoch einfach nur die 30.000m² bzw. 350.000m³ nennt, weil er damit eine Maximierung seines Profits erreichen will und auch mit geringeren Größen einen ordentlichen Gewinn machen kann, wird er sich von der Vorgabe des Stadtrates nicht verschrecken lassen, sondern das Projekt so umgestalten lassen, dass es den Vorgaben exakt entspricht. Er ist Investor, er kennt die Tricks und wird, wenn es eine gesicherte Aussicht auf Erfolg hat, nicht einfach so aufgeben.

Ob es am Ende reicht, die "Laubenkönige" in die Schranken zu weisen, bleibt allerdings fraglich. Wenn Oberrauch den Zuschlag bekommt, wird Benko sich die bereits zugesichterten Gebäude und Areale für sehr, sehr, sehr viel mehr Geld wieder abkaufen lassen, damit am Ende wieder alles in heimischer Hand ist. Benko wird aus dieser Sache kein blaues Auge davon tragen und Bozen wird die Chance auf eine Veränderung wieder für Jahrzehnte verwehrt bleiben, denn die Befürchtung dass das Erlebnishaus Südtirol am Ende nicht gebaut wird ist groß.

Do., 26.06.2014 - 10:29 Permalink