Politik | SVP

„Lasst uns ein bisschen Würde“

Die Plattform Heimat in der SVP wendet sich einem geharnischten Brief an den Landeshauptmann, den SVP-Obmann und den Parteiausschuss.
SVP Sitz
Foto: Othmar Seehauser
  • Das Schreiben geht am Montag in der SVP-Zentrale ein. Perfekt getimt vor der Dringlichkeitssitzung der SVP-Parteileitung. Auf einer Zoom-Konferenz wird dort das Duo Arno Kompatscher/Philipp Achammer über die laufenden Koalitionsverhandlungen berichten, und es soll die weitere Vorgangsweise abgesteckt werden.
    Für aktuellen Diskussionsstoff dürfte in der Brennerstraße aber vor allem dieser Brief sorgen. Absender: Die Plattform Heimat in der SVP.

  • Stellungnahme der Plattform Heimat: „Einen Blick in das Grundsatzpapier der Südtiroler Volkspartei werfen“. Foto: Plattform Heimat

    Unter dem Titel „Stellungnahme betreffend der laufenden Koalitionsverhandlungen“ schreiben zehn Funktionsträger der Volkspartei an den Parteiobmann, den Landeshauptmann und den SVP-Parteiausschuss. Der direkte Anlass ist eine kurze WhatsApp-Botschaft, die vom Duo Achammer/Kompatscher am vergangenen Samstag an die SVP-Ortsobleute geschickt worden ist.
    In dem Schreiben der Plattform Heimat heißt es:

    „Werter Parteiobmann,
    werter Landeshauptmann,
    liebe Freunde in der Volkspartei! 

    Bezüglich eures Postings oder eurer Stellungnahme, dass die unselige Koalition, die sich hierzulande anzubahnen droht, aus „autonomiepolitischen Gründen“ und aus Respekt vor dem Wählerwillen der italienischen Bevölkerung (die zum größten Teil lieber daheim geblieben ist, anstatt in die Wahlkabine zu gehen...) geschlossen wird, möchten wir festhalten, dass wir mit der Definition des Begriffs „Werte“ und des äußerst schwammigen Autonomieausbaus große Probleme haben (Bauchweh war gestern...). 

     

    Täglich erreichen uns Rücktrittsbekundungen, besorgte Landsleute melden sich, welche die Welt nicht mehr verstehen."

  • Täglich erreichen uns Rücktrittsbekundungen, besorgte Landsleute melden sich, welche die Welt nicht mehr verstehen. Wir wissen nicht genau, welche Krankheit da in Bozen grassiert, aber zur Kur empfiehlt es sich einen Blick in das Grundsatzpapier der Südtiroler Volkspartei zu werfen. Da steht u.a. geschrieben „Die Südtiroler Volkspartei bekennt sich zum christlich-humanistischen Menschen- und Gesellschaftsbild und betrachtet dieses als verbindliche Grundlage ihrer Wertvorstellungen und Ideale.“ Und weiter steht da: „Als Sammelpartei erkennt sie sowohl in ihren eigenen Reihen als auch nach außen volle Gewissens- und Religionsfreiheit an. Sie bekämpft entschlossen alle links- und rechtsextremen Strömungen und Ideologien sowie eine Politik auf Kosten der Schwächeren.
    Nun – der Parteiausschuss hat eine Entscheidung gefällt. Von Verantwortungsträgern würde man sich erwarten, dass sie mit Überzeugung hinter Entscheidungen stehen, was wir aber in diesen Tagen an Stellungnahmen von Seiten der Parteiführung, auch von Seiten der SVP-ArbeitnehmerInnen, zu hören bekommen, lässt dann schon eher ein Sich-vor-der-Verantwortung-drücken vermuten. Wer eine rote Linie überschreitet, muss sich bewusst sein, dass der Applaus ausbleiben wird. 
    Bitte erspart uns weitere Postings und Stellungnahmen zur Rechtfertigung bezüglich der zukünftigen Koalitionspartner, die öffentlich auf besagte Menschrechte pfeifen, eindeutig dem Faschismus huldigen und sich einen – man verzeihe uns den Ausdruck - Dreck um unsere Minderheiten scheren. Lasst der Südtiroler Volkspartei noch ein bisschen Würde!"

     

    Wer eine rote Linie überschreitet, muss sich bewusst sein, dass der Applaus ausbleiben wird."

  • Landtagsabgeordneter Harald Stauder: Einer der zehn Unterzeichner Foto: Youtube / Harald Stauder

     

    Starker Tobak.
    Unterzeichnet ist das Schreiben von Michael Epp, dem Vorsitzender der Plattform Heimat und Bürgermeister von Truden, dem SVP-Landtagsabgeordneten Harald Stauder, der Bürgermeisterin von Hafling Sonja Anna Plank,  dem Bürgermeister von St. Leonhard in Passeier Robert Tschöll, dem SVP-Fraktionssprecher im Gemeinderat Eppan Lorenz Ebner,  dem stellvertretenden Landesjugendreferent und Gemeinderat von St. Leonhard in Passeier Fabian Gufler, dem Meraner Gemeinderatspräsidenten Christoph Mitterhofer sowie den SVP-Funktionären Lukas Wegscheider, Franzjosef Roner und Urban Unterweger.

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le 8mani Mo., 18.12.2023 - 16:16

Interessant. Vor einer Woche sagte Harald Stauder gegenüber Rai Südtirol (Runder Tisch) genau das Gegenteil. Auch er argumentierte, dass die Italiener mehrheitlich für Mitte-Rechts stimmten und dass die Koalition mit FdI-Lega-F aus 'autonomiepolitischen' Gründen notwendig sei. Bekehrung auf dem Weg nach Lana(skus)?

Mo., 18.12.2023 - 16:16 Permalink
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Cicero Mo., 18.12.2023 - 16:35

Das Bittere an der Geschichte ist, dass sich mit Team K und/oder Grünen durchaus mehr als machbare Optionen ergeben hätten. Das Team K ist programmatisch doch sehr, sehr nahe an der SVP. Hier hätte es rein politisch große Schnittmengen gegeben. Die Südtiroler Grünen sind auch keine Radikalos. Mit einer Person wie Frau Foppa könnte man doch auf fachlicher Ebene auch gut zusammenarbeiten. Hätte man noch den PD und/oder die Liste Civica dazu genommen und wäre die SVP auf den verloren Sohn Widmann zugegangen, der am Ende ein in der Wolle gefärbter Volksparteiler ist, dann wäre durchaus eine stabile Regierung der Mitte möglich gewesen.

Mo., 18.12.2023 - 16:35 Permalink
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Markus Lobis Mo., 18.12.2023 - 16:44

Widersprüchlich formuliert. Denn einerseits mahnt man die Einhaltung von Beschlüssen des Parteiausschusses an, andererseits verteufeln die Plattform-Vertreter die ausgewählten Koalitionspartner. Wäre interessant zu wissen, wie die Leute der Plattform im Parteiausschuss abgestimmt haben...

Schaut fast so aus, als gingen sie zu sich selbst auf Distanz. Das Chaos wird stündlich größer.

Mo., 18.12.2023 - 16:44 Permalink
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Cicero Mo., 18.12.2023 - 16:47

Antwort auf von Markus Lobis

Naja, so ist das eben wenn man etwas machen muss, das am Ende doch diametral entgegengesetzt zu den eigenen, noch verbliebenen, Idealen steht. Man kann viel über die SVP sagen und Kritik ist mehr als angebracht, aber es gibt dann doch noch einige Anständige, vor allem auch an der Basis, die bei diesem Bündnis, vor allem wegen der Brüder, das schiere "Grausen" bekommen.

Mo., 18.12.2023 - 16:47 Permalink
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Waltraud Mittich Mo., 18.12.2023 - 16:49

Zu sich selbst auf Distanz gehen, ist manchmal nötig. Wie schon Adenauer sagte, den ich absolut nicht verehre,: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern

Mo., 18.12.2023 - 16:49 Permalink
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nobody Mo., 18.12.2023 - 20:27

Die Stimmung in der deutschen Bevölkerung ist ziemlich genau so, wie es die Plattform beschreibt. Auch wenn es nicht viel nützen wird, bedanke ich mich trotzdem herzlich bei den Unterzeichnern dieses Mahnschreibens.

Mo., 18.12.2023 - 20:27 Permalink
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Tom Topinsky Mo., 18.12.2023 - 20:50

Mal ganz naiv gefragt: Sind die fratelli d´italia durch ihre faschistische, patriarchalische, frauenfeindliche, sexistische, rassistische, nationalistische usw. Gesinnung noch verfassungskonform oder darf man die endlich bei Gericht anzeigen? Sollten sie noch Teil des verfassungskonformen Parteienspektrums sein wird man nicht umhin können mit ihnen zu reden. Mit JWA wird im Landtag wahrscheinlich auch geredet, obwohl der nur Corona aufm Speiseplan hat. Außerdem scheint mir, dass durch die ganzen Briefaktionen vor allem eines passieren könnte: Die fratelli stehen plötzlich als Opfer da, die ungerechtfertigterweise pauschal vorverurteilt werden. Typische mossa der Rechten: sobald es eng wird, sind sie´s nicht gewesen bzw. die Opfer. Ich würde mal schauen, was überhaupt im Koalitionspapier drin steht, dann hat man wenigstens etwas schwarz auf weiß. Dann kann die Revolution immer noch starten.

Mo., 18.12.2023 - 20:50 Permalink
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Thomas Unterwinkler Di., 19.12.2023 - 12:30

Antwort auf von Tom Topinsky

Gesamtstaatlich ist es doch so, dass sich die Meloni (und nur die hat bei FdI was zu melden) von rechtsaußen in Richtung rechtskonservativ bewegt und wahrscheinlich in das Mitte-Rechts-Vakuum stoßen will, das Berlusconi hinterlassen hat. Ob das ein nachhaltiger Wandel ist oder nur eine kurzfristige Strategie bzw. ein Versuch, wird die Zeit weisen. Derzeit ist radikale Part in der Koalition Salvini.

Di., 19.12.2023 - 12:30 Permalink
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Salto User
nobody Mo., 18.12.2023 - 20:54

Das Parteistatut, kennen das alle Funktionäre? Danach sieht es nicht aus. Würde die SVP nach ihrem Statut handeln, hätte sie mindestens 60 Prozent der Wählerstimmen bekommen. Herr Franceschini, Sie könnte mal Auszüge aus dem Statut veröffentlichen, damit der Unterschied zwischen Dichtung und Wahrheit sichtbar wird.

Mo., 18.12.2023 - 20:54 Permalink
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Am Pere Mo., 18.12.2023 - 21:10

Stauder, gepusht von Athesia, ist offensichtlich Mitglied der Plattform Land. Klingt schön, ist aber die totale Verarsche. Scheint bei der SVP zu funktionieren, schließlich lassen sich die Arbeitnehmer seit 20 Jahren an der Nase herumführen.
Das ist doch alles nur show, wenn sich einer wirklich nicht mit der Partei identifizieren kann, soll er austreten - basta. Die Mandatsträger scheinen es mehr mit Brecht zu halten, wonach zuerst das Fressen und dann erst die Moral kommt.

Mo., 18.12.2023 - 21:10 Permalink
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Stefan S Mo., 18.12.2023 - 21:38

Ich zitiere hier mal eine Einschätzung von einem sehr sehr geschätzten deutschen Komiker welcher die derzeitige gesellschaftspolitische Situation gut beschreibt

"Mir kommt es manchmal so vor, als seien wir am Vorabend von etwas, das ich nicht erleben will."

"Das, was die Grünen wollen, ist natürlich richtig. Es gibt gar keine Alternative dazu. Nur wie man das macht, steht natürlich auf dem anderen Blatt Papier. Ich bin noch in einer Zeit aufgewachsen, in der nichts ungefiltert in die Medien kam. Das heißt, Propaganda vom extrem rechten Rand hatte keine Chance, überhaupt eine Mehrheit zu erreichen. Andererseits war es auch so, dass Interessen von Minderheiten nicht wirklich gut vertreten wurden, was LGBTQI-Rechte betrifft, was Rechte der Frauen betrifft, was die Rechte von Schwarzen, von ausländischen Minderheiten betrifft. All das findet jetzt Gehör, Gott sei Dank, und führt zu Veränderungen. Aber leider schwappt auch diese schwarz-braune Brühe ungefiltert in unser System und bringt es gefährlich ins Wanken. "

Mo., 18.12.2023 - 21:38 Permalink
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Stefan S Di., 19.12.2023 - 10:18

Antwort auf von Am Pere

Da müssen Sie sich schon selbst informieren, Parteiprogramme, Koalitionsvereinbarungen (D + A) sind für alle einsichtbar und die praktische Umsetzung auch.
Und wenn Sie mich fragen, grün ist für mich keine Frage der Partei sondern eine Grundsatzeinstellung. Ich unterstütze keine Parteien sondern nur Menschen welche sich für eine umweltverträglichen und fairen sozialen Umgang einsetzen.

Di., 19.12.2023 - 10:18 Permalink
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Am Pere Di., 19.12.2023 - 10:32

Antwort auf von Stefan S

Warum soll ich mich informieren und mir hunderte Seiten durchlesen? Sie sind offensichtlich ein glühender Verfechter, also sollte es Ihnen gelingen in kurzen Worten die Ziele der Bewegung darzulegen. Ich bedanke mich im Voraus.

Di., 19.12.2023 - 10:32 Permalink
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Stefan S Di., 19.12.2023 - 16:34

Antwort auf von Am Pere

"Warum soll ich mich informieren und mir hunderte Seiten durchlesen?" Nein natürlich nicht lesen, um Gottes Willen.
"Sie sind offensichtlich ein glühender Verfechter, also sollte es Ihnen gelingen in kurzen Worten die Ziele der Bewegung darzulegen."
Es handelt sich um keine Bewegung sondern es sind wissenschaftlich bewiesene Fakten das wir gerade dabei sind unser aller Lebensgrundlage nachhaltig und unwiederbringlich zu zerstören.

Di., 19.12.2023 - 16:34 Permalink
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Am Pere Mi., 20.12.2023 - 11:44

Antwort auf von Stefan S

Ok, dann gehören CO2-Emissionen durch Kohle sicherlich auch dazu, oder? Fragen an den glühenden Verfechter:
warum hat der grüne Energieminister in Deutschland beschlossen die Laufleistung von knapp 10 GW Kohleverstromung auf ca. 15-20 GW zu erhöhen?
warum hat der grüne Energieminister in Deutschland beschlossen auf Wärmepumpen zu setzen, obwohl (Beispiel Südtirol) Fernwärme weitaus günstiger und ökologisch sinnvoller wäre?
warum ist bei Windstille Deutschland der zweitgrößte CO2-Emittent in Europa (nach Polen, deren Energieversorgung zu 80% auf Kohleverstromung basiert)?
Noch nie waren die CO2-Emissionen aus Deutschland so hoch (teilweise 700g/kWh), bis dass die rot-grüne Bundesregierung gekommen ist. Zeigen Sie mir bitte anhand Ihrer wissenschaftlichen Fakten auf, dass es nicht so ist - da bin ich gespannt.

Mi., 20.12.2023 - 11:44 Permalink
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Stefan S Do., 21.12.2023 - 15:07

Antwort auf von Am Pere

Weder Sie noch Ich sind Naturwissenschaftler als das wir mit Ihren laienhaften vorgetragenen Zahlen hier irgend etwas evidentes aufzeigen können.
Die wirtschaftspolitische Lage ist aber eindeutig, Europa ist abhängig von fossiler Energie und braucht dringend Alternativen, einerseits zur Sicherung der Energie für die Wirtschaft und anderseits aus klima- und umweltbedingten Erfordernissen. Wenn Sie da jetzt weitreichende Kenntnisse haben dürfen Sie sich gerne als Berater bewerben aber passen Sie auf das Sie nicht unter die Räder der fossilen Lobby geraten. ;-)

Do., 21.12.2023 - 15:07 Permalink
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Josef Fulterer Di., 19.12.2023 - 06:41

Als Kind habe ich noch den Untergang "der -b r a u n e n- V E R I R R U N G" erlebt, die offiziellen Schwarz-Hemden hatten bereits vernünftig handelnde Italiener verräumt.
Den Überlebenden dieser politischen Verirrungen + zum Teil auch ihre Erben gelingt es immer wieder, "mit ihrem -s c h w a r z e n + b r a u n e n + r o t e n- S U M P F, die demokratische Landschaft zu versauen! ... auch die SVP!

Di., 19.12.2023 - 06:41 Permalink
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△rtim post Mi., 20.12.2023 - 11:08

Die „Plattform Heimat in der SVP“ und andere sind zurecht misstrauisch.
Völlig zurecht weisen auch Ex-SVP-Landesrätinnen Martha Stocker und Sabina Kasslatter-Mur die “vorauseilende Verharmlosung” (20.12.2023 STZ), die Normalisierung national-rechtsextremer Kräfte, zurück. Diese zudem völlige unnötige Andienerei und Aufgabe der eigenen Grundwerte sind einfach nicht vermittelbar.
Denn wieso kann/konnte es z.B. nicht auch eine Koalition der Mitte aus SVP-TK mit „Lega“ bzw. „la Civica“ und Unterstützung von außen (Team W…) sein?
Was Garantien zu Schutzbestimmungen, um die Ungleichwertigkeit der dt./lad. Einwohnerschaft zu beseitigen und Aussagen des Duos Kompatscher/Achammer in all den Jahren mit einer Politik der Beliebigkeit wert sind, haben wir gesehen.
Auch hier. Noch 2022 erklärt er Melonis national-rechtsextreme Brüder Italiens als „Katastrophe für Südtirol, aber auch Italien“ (14.08.2022 — Kompatscher im TT-Interview: „Meloni wäre eine Katastrophe für Südtirol, aber auch Italien“).
Nutzen mehren und Schaden (Kompatscher: “Katastrophe”) abwenden sieht wohl anders aus.

Mi., 20.12.2023 - 11:08 Permalink