Politik | Wer will Südtirols Unabhängigkeit?

Repräsentative Umfrage?

Die Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung wartet einmal mehr mit Daten auf. 700 Befragte seien repräsentativ, meint Sven Knoll. Hermann Atz von Apollis "Zahlen allein sagen gar nichts."
bici_dolomiti
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700 SüdtirolerInnen wurden befragt – vom österreichischen Meinungsforschungsinstitut „Karmasin“. Das Identitätsempfinden  („Fühlen Sie sich als Süd-Tiroler oder Italiener?“)  und das Stimmverhalten im Falle der Selbstbestimmung Südtirols wurden erhoben („Wenn es auch in Süd-Tirol zur Durchführung eines Selbstbestimmungs-Referendums kommen würde und Sie die Wahl hätten, wofür würden Sie sich entscheiden?“). Auserkoren diese beiden Fragen zu beantworten, die so gut ins Konzept der Südtiroler Freiheit und der Union für Südtirol passen, wurden die deutsche und ladinische Volksgruppe im Land.

Verantwortlicher Auftraggeber: die Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung rund um Sven Knoll, Eva Klotz, Luis Vonmetz und Pius Leitner. 700 Befragte, quer durch Alter, Geschlecht, Berufsstand, Region und Ortsgröße, „absolut repräsentativ“ wie Knoll, Sprecher der Selbstbestimmungsgruppe, meint. Für Hermann Atz vom Meinungsforschungsinstitut Apollis geht es nicht um Zahlen („Die Zahl 700 sagt noch gar nichts. Wie hoch ist die Verweigerungsragte, wie viele Telefonate wurden geführt?“) und um Stichproben sondern um die Fragestellung selbst. „Was die Arbeitsgruppe damit bezwecken will und dass ein Stück Wahrheit dahinter steckt, ist klar. Aber sie werkeln an einem nationalstaatlichen Konzept aus dem 19. Jahrhundert herum."

SüdtirolerIn und/oder ItalienerIn

Vergessen wurde auf die italienische Bevölkerung Südtirols, das deshalb, „weil wir die Italiener letztes Jahr gesondert befragt hatten", erklärt Knoll, hält sich bei der Frage nach dem Warum nicht weiter auf und gibt unumwunden zu, dass das Thema „Unabhängigkeit“ derzeit für die Arbeitsgruppe spricht. „Die Diskussion um die Unabhängigkeit ist jetzt viel stärker als vor einem Jahr, da brauchen wir nur an die Unabhängigkeitserklärung der Schotten zu denken.“ Die sechs Prozent der Befragten, die sich als Italiener empfinden, sieht die Arbeitsgruppe eindeutig als Alarmsignal: „Auch nach fünfzig Jahren fühlen sich 86 Prozent der SüdtirolerInnen noch immer nicht als ItalienerInnen.“ Impliziert die Identifizierung „SüdtirolerIn" den Wunsch nach Unabhängigkeit von Italien? Hermann Atz findet die veröffentlichten Zahlen wenig spektakulär: „Das ist doch keine Überraschung, dass sich die Mehrheit der deutsch- und ladinischsprachigen SüdtirolerInnen eben als SüdtirolerInnen fühlen. Die Möglichkeit „sowohl als auch" anzukreuzen, oder „etwas mehr als" hat es in der Umfrage nicht gegeben. „Was ist", fragt Atz weiter, „mit der Möglichkeit SüdtirolerIn anzugeben und italienische StaatsbürgerIn?"

Hypothetische Fragestellung

Die zweite Fragestellung deckt weitere signifikante Daten für die Arbeitsgruppe auf. Nur 26 Prozent der Befragten wünschen sich einen Verbleib bei Italien und – sollte sich die wirtschaftliche Situation im Staat verschlechtern, optieren noch mal 26 Prozent für eine Loslösung von Italien. Einmal mehr der Beweis für Knoll, dass „das Experiment Italien in Südtirol gescheitert ist.“ Atz meint dazu: "Bei einer aus Österreich durchgeführten Umfrage, bei der es um die staatlichen Zugehörigkeit Südtirols geht muss mit einem gewissen Anteil an sozial erwünschten Antworten gerechnet werden." Etliche Befragte, die keine allzufeste Meinung haben, sagen das, was der Gesprächspartner ihrer Ansicht nach hören möchte, ist der Meinungsforscher überzeugt.

Natürlich sei zu bedenken, dass das eine rein hypothetische Fragestellung sei, eine Momentaufnahme sozusagen, meint Knoll und: „Ja, wir fragen ins Blaue hinein. Was die Menschen tatsächlich entscheiden würden, wenn sie mit dem Thema nächste Woche konfrontiert wären, kann niemand sagen.“ Dann wäre wohl auch die Positionierung der Parteien im Wahlkampf eine andere, so der smarte Südtiroler.

Volkeswille?

„Nichts als Stimmenfang im Wahlkampf ist dieses Selbstbestimmungsthema der Südtiroler Freiheit", meint Herbert Dorfmann. Der Südtiroler Europaparlamentarier bezeichnete schon vor einigen Monaten den Aufruf von Eva Klotz, bis April 2014 eine Million Unterschriften für die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts im EU-Recht zu sammeln „als reine Augenauswischerei. Hier wird offensichtlich mit einem Instrument direkter Bürgerbeteiligung Schindluder getrieben und dieser damit geschadet", so Dorfmann. Sven Knoll meint lapidar: „Die Mehrheit in Südtirol möchte eine Unabhängigkeit, es geht darum, was die Menschen möchten, nicht was die Politiker wünschen. Die Zukunft des Landes muss im Vordergrund stehen.“ Nichts geht über einen populistischen, auf repräsentative Zahlen gestützten Wahlkampf.

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Sylvia Rier Mo., 01.07.2013 - 17:52

wurde nicht befragt, aber ich denke, man ahnte wohl, dass ich nicht die gewünschten Antworten geben würde. Woher aber weiß man bei den Fragern, wer die "richtigen" Antworten gibt??

Mo., 01.07.2013 - 17:52 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 01.07.2013 - 18:24

ich finde diesen artikel gleich in mehrfacher hinsicht amüsant. der reihe nach:

1. das meinungsforschungsinstitut heißt nicht "karasim" sondern "karmasin" und ist eines der renommiertesten in österreich. es wurde vom "vater" der österreichischen markt- und meinungsforschung, fritz karmasin gegründet.
2. es ist erstaunlich, wie konsequent sich die arbeitsgruppe für selbstbestimmung und sven knoll innerhalb jener argumentationslinien bewegen, die die südtirolerinnen und südtiroler deutscher und ladinischer muttersprache erst in ihre situation gebracht haben. nationalismus hat sie zur minderheit gemacht. jetzt wollen sie alles ändern, damit alles gleich bleibt (nur umgekehrt). mit dem einzigen unterschied, dass südtirol wenig interesse daran hat, seine nachbarregionen zu bevormunden.
3. noch erstaunlicher ist, wie die arbeitsgruppe die ethnische trennung perpetuiert. was bitte ist das für ein lächerliches argument: "die italienischsprachigen wurden bereits befragt"? wie aussagekräftig ist eine umfrage, wenn ein teil der bevölkerung zu einem anderen zeitpunkt befragt und vielleicht noch mit anderen fragen konfrontiert wurde. wenn man es schon erhebt, dann ist das doch wohl ein thema, dass alle im land angeht. wollen wir das sprachgruppentrennspiel jetzt bis in alle ewigkeit fortführen? was soll der blödsinn?
3. lustig finde ich auch, dass hermann atz in seiner rolle als experte nicht bloß eine expertise abgibt und dabei nebenher die methoden seiner berufskollegen eines sehr renommierten instituts kritisiert, sondern auch noch ein lapidares politisches statement abgibt: "Aber sie werkeln an einem nationalstaatlichen Konzept aus dem 19. Jahrhundert herum." meinungsforscher und experten haben neutral und nüchtern die zahlen und methoden zu interpretieren und zu kritisieren und nicht wertende stellungnahmen abzugeben.
4. „Ja, wir fragen ins Blaue hinein. Was die Menschen tatsächlich entscheiden würden, wenn sie mit dem Thema nächste Woche konfrontiert wären, kann niemand sagen.“ zu einem gewissen grad richtig, aber für einen meinungsforscher eine komische aussage. das wäre doch ein argument, umfragen gänzlich sein zu lassen, da man niemals definitive aussagen treffen kann. bin schon gespannt, wie apollis seine nächste wahlumfrage präsentiert: "wir haben die leute befragt, aber wie sie sich dann bei der wahl entscheiden, kann niemand sagen. eigentlich hätten wir die umfrage auch bleiben lassen können. "
5. die diktion der artikelschreiberin ist wertend. aussagen wie "hält sich bei der Frage nach dem Warum nicht weiter auf und gibt unumwunden zu", "Nichts geht über einen populistischen, auf repräsentative Zahlen gestützten Wahlkampf", "diese beiden Fragen zu beantworten, die so gut ins Konzept der Südtiroler Freiheit und der Union für Südtirol passen" oder "der smarte Südtiroler" sind tendeziös und gehören in die kategorie meinungsjournalismus. nach einem kommentar sieht mir der artikel jedoch nicht aus.

Mo., 01.07.2013 - 18:24 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 01.07.2013 - 21:51

Antwort auf von Harald Knoflach

das ist überhaupt kein schwachsinn. ein bissi genauer nachdenken, was ich geschrieben habe. zahlenmäßige minderheiten gibt es immer und überall. wir haben eine minderheit der männer, der blonden, der linkshänder usw. aber nur weil der nationalismus das merkmal "ethnie" respektive "nation" über andere stellt, haben wir nationale minderheiten. niemand käme auf die idee innerhalb italiens vom minderheitschutz für linkshänder zu sprechen und dass die rechtshänder über die linkshänder drüberfahren.
naürlich ist die minderheitensituation von ladinern und deutschsprachigen eine andere. natürlich waren die ladiner auch vor dem faschismus eine minderheit, die unterdrückung und assimilierung ausgesetzt war. das tut aber nichts zur sache. mir geht es darum, dass die erhebung der "ethnie" bzw. "nation" zum unterscheidungsmerkmal die minderheitsituation schafft. und knoll und co. argumentieren im prinzip genau gleich. nur halt in die umgekehrte richtung.

Mo., 01.07.2013 - 21:51 Permalink
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Martin Geier Mo., 01.07.2013 - 19:32

Wirklich interessant diese Umfrage; und besonders was die STF daraus gemacht hat. Bereits die Fragestellung ist wertend zumal Südtirol typisch für eine (deutschnationale) politische Ecke mit Bindestrich geschrieben wurde; ich denke mal ein seriöses Meinungsforschungsinstitut wie Karmasin sollte sich nicht die Schreibweise diktieren lassen; auch wenn ich jetzt nicht weis was hier vom Institut und was vor der Partei kommt. Bereits in der Vergangenheit ist diese politische Ecke dadurch aufgefallen daß Menschen die sich als Südtiroler definieren einfach quasi zu den Separatisten gerechnet werden. In einer Umfrage eines seriösen Meinungsforschungsinstituts für ff(also ein Medium und keine interessierte politische Partei; was ich weit besser finde) mit einer sehr neutral formulierten Fragestellung haben sich kaum mehr als 1/4 der deutschsprachigen Bevölkerung( bei der Italienischen gar nur 8%) für eine Eigenstaatlichkeit ausgesprochen. Übrigens auch das gleiche Medium das das Ergebnis der Parlamentswahlen recht gut getroffen hat. Interessant(teile die Kritik hier im Forum) daß nur die deutschen&ladinischen Südtiroler befragt wurden; das heißt im Umkehrschluss auch daß die Unabhängigkeitsbefürworter hier kein seriöses und faires Angebot für die Italiener haben; die sollen in diesem Sinne einfach 'überstimmt' werden. In diesem Sinne sind STF und die Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung genauso weit wie vor 30 Jahren; man hat keine Antwort auf Südtirols multiethnischen Charakter und träumt von einer Rückabwicklung(über die ich am besten nix schreibe ;) Alles im allen; Ergebnis und Methode wage ich mal anzuzweifeln und teile die Kritik von Hermann Atz vom Meinungsforschungsinstitut Apollis.

PS: Man mag am Artikel vielleicht kritisieren daß ihm zuviel Meinung anhaftet und ihm manch Neutralität abgeht; das kommt aber gerade aus jener Ecke wo bei Nennung des Begriffs Italien regelmäßig die Sicherungen durchbrennen. ;)

Mo., 01.07.2013 - 19:32 Permalink
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Riccardo Dello… Mo., 01.07.2013 - 19:47

Il trucco è nella domanda. Infatti, prima di tutto bisognerebbe domandare: "Volete voi che in questo momento politico in Sudtirolo si tenga un referendum sull'indipendenza o sul restare in Italia?"
Insomma, la decisione vera è se oggi va posta come prioritaria la questione dell'indipendenza e dunque se va fatto un referendum. Questo nessuno degli "indipendentisti" lo vuole testare.
Fare invece la domanda: "In un referendum votereste per l'indipendenza o per restare in Italia?" è un imbroglio: come domenica prossima si votasse davvero.

Mo., 01.07.2013 - 19:47 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 01.07.2013 - 20:01

Antwort auf von Riccardo Dello…

ein abstimmung über den zukünftigen status südtirols wäre ein direktdemokratischer akt. die grünen sprechen sich immer für bürgerbeteiligung und direkte demokratie aus. wieso sind sie dann aber gegen eine derartige abstimmung? soll es direkte demokratie nur geben, wenn das zu erwartende ergebnis genehm ist? ich verstehe das nicht. in katalonien und schottland zum beispiel sind die grünen an vorderster front dabei, wenn es um die selbstbestimmung - ein urlinkes prinzip - geht. im europaparlament sitzen sie zusammen mit der efa (european free alliance) in einer fraktion, die ebenfalls die ermächtigung der bürger in den vordergrund rückt. ist die haltung der südtiroler grünen da nicht sehr widersprüchlich?

Mo., 01.07.2013 - 20:01 Permalink
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Martin Geier Mo., 01.07.2013 - 20:35

Antwort auf von Riccardo Dello…

Abstimmung? Modus? Auch auf Gemeindeebene? Bei Südtirols ethnischen Mix würde der 'Staat' wohl bereits mit einem schweren Geburtsfehler starten; als Staat einer Gruppe gegen die andere. Da sind die Befürworter im Artikel oben ziemlich vielsagend; vor allem was Methodik und befragte Gruppe angeht. Nein; nicht mein 'Staat'.

Mo., 01.07.2013 - 20:35 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 01.07.2013 - 20:42

Antwort auf von Riccardo Dello…

das ist dein gutes recht zu sagen, dass es nicht dein staat wäre. so wie der derzeitige staat für tausende menschen im land nicht "ihr" staat ist. ich sehe da keine hierarchie. warum sollte dein "nicht mein staat" mehr wert sein als das "nicht mein staat" eines unabhängigkeitsbefürworters.
oder umgekehrt gesagt: sollte die mehrheit im lande für die unabhängigkeit sein, diese aber nicht erlange dürfen. wäre das nicht noch ungerechter als der status quo? noch der großere "nachgeburtsfehler"?

Mo., 01.07.2013 - 20:42 Permalink
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Martin Geier Mo., 01.07.2013 - 20:51

Antwort auf von Riccardo Dello…

Dein gutes Rechts das so zu sehen. Die andere Betrachtung ist daß wir mit einem gran casino gar nix ändern würden; nur Befürworter und Gegner würden sich umkehren und neue Abspaltungstendenzen hervorrufen; diesmal mit dem erschwerenden Geburtsfehler daß es ein Staat gegen einen Teil seiner ethnischen Bevölkerung wäre; mit einem Prozess der dauerndes Unrecht und Übervorteilung fördern würde; quasi als Staatsziel. Da ist mir die Autonomie lieber; denke auch daß(und da halte ich mich an der Umfrage der ff) gerade deshalb ein solcher Staat nicht gewollt wird; weil die große Mehrheit im Land Frieden und Prosperität nicht einem intoleranten Staat mit klarer Leitkultur opfern wollen; selbst wenn Viele von Denen mit Italien auf Kriegsfuß stehen. Südtirol ist eben weiter als die ewig gleichen Gesichter und Gedanken im Artikel; daran ist die FH bei den Parlamentswahlen im Unterland auch gescheitert.

Mo., 01.07.2013 - 20:51 Permalink
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Rupert Gietl -r Mo., 01.07.2013 - 21:38

Antwort auf von Riccardo Dello…

Hallo Herr Geier, wieder mal ich...
...finde es immer wieder faszinierend, wie laut Ihnen der Staat Italien für die deutsche und ladinische Minderheit die beste aller möglichen Welten darstellt, sich aber eine italienische "Minderheit" (wenn man denn 30% einer Bevölkerung so bezeichnen möchte) in einem unabhängigen Südtirol unter umgekehrten Vorzeichen quasi automatisch als rechtlose Gruppe wiederfinden würde.
Wie nun?
Ebenso faszinierend, wie ein nicht existierendes, zukünftiges Südtirol per definitionem intolerant und einer Leitkultur unterworfen wäre, während der Staat, welchem wir heuten angehören, tolerant ist?
Keine Leitkultur hat?
Wie schön:
Unabhänigkeitsgegner und Befürworter kochen alle beide nur mit Wasser...

Mo., 01.07.2013 - 21:38 Permalink
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Martin Geier Mo., 01.07.2013 - 19:48

Interessant auch der Hinweis im Artikel auf Schottland. In Schottland kommt die „Yes! Campaign“ nicht wirklich vom Fleck und tut sich gegen http://www.bettertogether.net/ sehr sehr schwer und liegt in Umfragen regelmäßig weit zurück; mA werden die tiefen emotionalen und historischen Bindungen zu England von den Yes Men wohl unterschätzt; einen Staat um jeden Preis wollen Zuwenige. Ähnliches gilt wohl für Katalonien; mal sehen wieviele von den hardcore Separatisten übrigbleiben wenn es mit Madrid zum Showdown(kann leicht mit der Guardia Civil sein) kommt; Madrid wird sich mit Barcelona an einem Tisch setzen müssen und die Verhältnisse Staat-Region(en) neu ordnen müssen; denke aber kaum daß Madrid einer Balkanisierung Spaniens tatenlos zusehen wird; in Barcelona beginnen das gar Einige zu ahnen...
„Spanien wird alles tun, um ein Referendum zu verhindern“, nuschelt der Generalsekretär. Die Angst vor den Madrilenen ist groß in diesem Palast der Volksvertreter, wir rauschen von einem Büro ins nächste quer durch das politische Spektrum, hinter jeder Tür eine sorgenvolle Miene: Was wird, wenn Madrid Truppen schickte? „Das würde die Europäische Union nicht zulassen“
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/separatismus-e…

Werde mir das mal ansehen; was die EU zulässt oder nicht entscheidet im zweifelsfall wohl eher Madrid als Barcelona.

Mo., 01.07.2013 - 19:48 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 01.07.2013 - 20:13

Antwort auf von Martin Geier

bitte immer prozess und ziel auseinanderhalten. selbstbestimmung ist nicht gleich unabhängigkeit. london lässt - so wie es aussieht - einen wettstreit der ideen zu. wenn die unionisten diesen wettstreit gewinnen, ist das ohne wenn und aber zu akzeptieren. so wie ich mir erwarte, dass ein ja zur unabhängigkeit akzeptiert wird.
ich gehe sogar so weit zu sagen, dass länder, die diesen wettstreit (also die mögliche sezession) zulassen, sogar bessere chancen haben, dass es nicht zur sezession kommt, als länder, die sich nicht auf diesen wettstreit der ideen einlassen. um die sezession weniger schmackhaft zu machen, könnte london eine ausweitung der schottischen kompetenzen anbieten. madrid schaltet hingegen auf hart. ich glaube aber nicht, dass die katalanen deshalb aufhören werden. im gegenteil.
und was wäre das für eine demokratie, die den demokratischen willen eines teiles ihres territoriums mit waffengewalt unterdrücken möchte. ein grund mehr, nicht teil einer solchen "demokratie" sein zu wollen. ich finde die londoner neolibs und neocons zwar furchtbar und halte cameron für einen gefährlichen finanzkapitalismus-lobbyisten, aber der sprichwörtliche englische sportsgeist ist beeindruckend. viel beeindruckender als die lächerlichen und demokratieunwürdigen drohungen madrids.

Mo., 01.07.2013 - 20:13 Permalink
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Martin Geier Mo., 01.07.2013 - 20:26

Antwort auf von Martin Geier

Du vergisst daß sich ganz Spanien in einer tiefen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise befindet; während London sich von der Krise bisher ziemlich unbeeindruckt zeigt und vor Selbstvertrauen nur so strotzt. Teile Deine Kritik an der Politik Madrids zumal sie kaum Angebote für Barcelona macht; aber würde man die ohne Zaunpfahl akzeptieren? Das Spiel zwischen Madrid und Barcelona ist ein Kräftemessen bei der keine Seite vor Verhandlungen Schwäche zeigen will und jede Seite hart die eigenen Trümpfe ausspielt; meine Ansicht. Da spielt natürlich auch die Spanische Verfassung ihre Rolle und die Möglichkeiten die sie bietet. Die wirtschaftlich-gesellschaftliche Krise in Spanien einschließlich Katalonien ist aber anfällig für Kurzschlussreaktionen und daher sehr gefährlich; wie auch im FazArtikel zum Ausdruck kommt. Was passiert wenn es zum Showdown kommt? Das weis Keiner. Bin einverstanden 'prozess und ziel' auseinanderzuhalten; leicht ist das aber nicht zumal aus Sicht der hardcoreSeparatisten der Prozess ja nur einem Ziel dienen kann; das ist in Südtirol bei jener kleinen Partei auch nicht viel anders. Und zuletzt; Demokratie fußt auf Regeln und Prinzipien und ist nicht das Instrument eine Seite gegen die andere auszuspielen.

Mo., 01.07.2013 - 20:26 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 01.07.2013 - 20:34

Antwort auf von Martin Geier

zum teil einverstanden. wobei ich den wirtschaftlichen aspekt nicht überbewerten wurde. er ist nur ein "trigger" oder ein verstärker. die bestrebungen gabs in katalonien und schottland schon lange vor der krise. auch in wirtschaftlich hervorragenden zeiten.
prozess und ziel auseinanderzuhalten ist essentiell. gleichzeitig ist es aber auch durchaus legitim, als befürworter des prozesses ein klares ziel zu haben. das haben die gegner der selbstständigkeit ja auch. nur verweigern sie sich sehr oft - obwohl sie recht gute aussichten auf einen sieg hätten - dem prozess.

Mo., 01.07.2013 - 20:34 Permalink