Politik | SVP-Vorwahlen

„Die Luft ist draußen“

Nach dem Rückzug Richard Theiners verlieren immer mehr SVP-Exponenten die Lust an ihrer Basiwahl.

Georg Pardeller nennt es eine „neue Phase der Spannung“.  Konkret meint der SVP-Abgeordnete damit das Schlamassel, in dem sich die Partei nach dem gestrigen Rückzug des SVP-Obmanns von den Basiswahlen befindet. Der Pardellersche Ausweg? Eine Verschiebung der Basiswahl, die Zeit gibt, neue Kandidaten zu finden. Dies würde ermöglichen, die Vorwahl „zu einem vielseitigen und offenen demokratischen Ereignis zu machen und den Eindruck einer Farce zu vermeiden“, so Pardeller.

Tatsächlich scheint zweieinhalb Wochen vor der Basiswahl derzeit auch ihren Befürwortern die Lust am basisdemokratischen Experiment verloren gegangenen zu sein. „Es ist sehr schade, weil jetzt die Luft total draußen ist“, sagt der Obmann des SVP-Bezirks Unterland Oswald Schiefer. Er war unter klaren Bedingungen für die Mitbestimmung der Basis bei der Ermittlung der Spitzenkandidaten: mindestens drei Kandidaten, einer davon eine Frau. Nun, da nur mehr Arno Kompatscher und Elmar Pichler Rolle zur Auswahl stünden, könnte man die Basiswahl auch sein lassen und in die direkte Wahl gehen, meint der ehemalige Kurtatscher Bürgermeister. „Dann ist allerdings die Frage offen, wer über die Reihung der Kandidaten bestimmt.“

 

"Basiswahl konnte nicht funktionieren"

Noch viel schonungsloser geht die einzige Frau mit der Basiswahl ins Gericht, die sich ernsthaft überlegte, daran teilzunehmen. „So wie die Partei diese Basiswahl vorbereitet hat, konnte sie nicht funktionieren – und das Ergebnis sieht man ja“, meint Helga Thaler Ausserhofer. Denn die Mitbestimmung der Basis lasse sich nicht ohne weiteres mit einer komplexen Parteistruktur wie jener der SVP mit all ihren Gruppierungen und Mechanismen kombinieren, sagt die ehemalige Senatorin. „Sie werden sehen, wer dann nach der Basiswahl noch alles einen Platz beanspruchen wird“, meint sie.

„Im Herzen weh“  tut Thaler aber vor allem das Klima im Vorfeld  der Basiswahl. „Ein Parteiobmann, der zurücktritt, nachdem die Frist für andere Kandidaten abgelaufen ist, ein möglicher künftiger Landeshauptmann, der schon im Zuge der Vorwahlen eine Schlammschlacht beginnt: „All das zeigt, dass mein Nein richtig war“, sagt Thaler Ausserhofer. „Denn hier geht es nur mehr um persönliche Befindlichkeiten und Ambitionen, es fehlt einfach die Grundlage einer sachlichen und objektiven Diskussion“.

Dabei wäre die sachliche Grundlage für den Quell der jüngsten Eskalation, also Richard Theiners Vorstoß in Sachen Energie und Arno Kompatschers Reaktion in einem Facebook-Post, dagegen sehr wohl vorhanden: die Beschlüsse, die der SVP-Parteiausschuss bereits im Jänner 2012 getroffen und dann im Oktober 2012 bestätigt hat. Diesbezüglich sind die beiden Kontrahenten einander nichts schuldig geblieben, meint Oswald Schiefer. „Theiner hätte seine Aussagen auch schon zu einem früheren Zeitpunkt machen können und Kompatscher hat genau gewusst, dass der Vorschlag längst in der Partei beschlossen war.“ 

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Martin Geier Mi., 03.04.2013 - 20:10

Ja; die Luft ist draußen; mit Kompatscher als quasi bereits feststehenden Sieger und EPR als fast reinen Zählkandidaten ist die Spannung komplett verlorengegangen. Wichtiger als jetzt die Basiswahl ist aus Sicht der SVP wohl das angeknackte Verhältnis zwischen Obmann und vermutlich nächsten LH zu kitten. Begriffe wie Schlammschlacht scheinen mir aber weit überzogen; andere haben wohl vorher erkannt daß sie gegen Kompatscher kaum eine Chance haben; der Wind hat sich rau in Richtung 'neu' gedreht; allen anderen wird ihre jahrelange Politkarriere um die Ohren gehauen; selbst einem Reformer wie Theiner. Die big old party muß ihr Verhältnis zwischen Strukturen(Stände, Bezirke/Täler, alt-jung, Männlein-Weiblein) und Basiswahl erst noch finden. Weil die zwei kollidieren immer wieder. Die um den LH kann man sich nun wohl sparen; wer soll auch gegen eine Lichtgestalt wie Kompatscher antreten wollen?
Wichtiger wäre nun eine um die Listenplätze; aber das wird kompliziert. Nun halt als Basiswahl zum Teil.

Mi., 03.04.2013 - 20:10 Permalink
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Dieter Mayr Mi., 03.04.2013 - 22:42

haben wir uns nicht gefreut auf die basiswahl? eigentlich nicht. hatte sie noch einen sinn, wenn es darum ging, die kandidaten für die parlamentswahlen zu ermitteln, ist sie für die landtagswahl einfach nur blöde. aber etwas hat man ja doch erreicht: man ist in den schlagzeilen. vielleicht nur etwas zu früh...

Mi., 03.04.2013 - 22:42 Permalink
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Sebastian Felderer Do., 04.04.2013 - 05:36

Antwort auf von Dieter Mayr

... diese Vorwahlen für den Spitzenkandidaten, besonders wenn man dann noch dauernd von einer Landeshauptmann-Nachfolge spricht. Was soll da ein Nicht-SVPler denken, was sollen sich die Italiener in Südtirol denken, wenn sie nur mehr
Duell und Suche nach dem Stern und, und hören? Soll das dem friedlichen Zusammenleben gut tun, wenn eine Mehrheit
schon wieder so tut, als wären wir in einer Diktatur. Die SVP hat in den letzten 20 Jahre leider ihre politische Kultur total verlernt, intern und nach außen. Nur die paar Stimmen von den Italienern waren immer Grund genug, sich damit zu rühmen.
Nicht blöde, wie könnte es auch anders sein, ist die Aussage von der Frau Onorevole: .... da wird nach der Basiswahl noch einiges ....
Werkann ihr da nicht recht geben.

Wie sagt Kurt Tucholsky so treffend:

Der Vorteil der Klugheit besteht darin,
dass man sich dumm stellen kann.
Das Gegenteil ist schon schwieriger.

Do., 04.04.2013 - 05:36 Permalink
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Sylvia Rier Do., 04.04.2013 - 09:18

Antwort auf von Sebastian Felderer

Da oben in deinem Kommentar steht sie, die Essenz meines verwirrten, weil unkundigen Denkens der letzten Wochen. Schade nur, dass du zu den Freiheitlich zu gehören scheinst? Na gut, das kannst du ja ändern ;-) Aber sag doch, mir fiel ein: Könnte denn nicht jetzt der Landeshauptmann, der aktuelle, der scheidende, noch mal so richtig Größe zeigen, sich ein grandioses Abschiedsgeschenk machen und sagen: He Leute, irgendwie haben wir da was vermasselt, und so ganz richtig ist es eh nicht, was wir da tun, also lassen wir das doch besser die wählen, um die's ja schließlich geht. So stelle sich der Wahl zum Landeschef wer mag und glaubt, das Zeug dazu zu haben, heiße sie oder er nun Holzknecht, Thaler-Außerhofer, Dello Sbarba, Schuler, Kompatscher, Heiss, Costa usw. usf. Der Wahlkampf sei kurz, nicht zu teuer, und man begegne sich mit Respekt. Mögen die besseren Ideen gewinnen. Zitat Ende :-)

Do., 04.04.2013 - 09:18 Permalink
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Sebastian Felderer Do., 04.04.2013 - 10:59

Antwort auf von Sylvia Rier

Dein Gedankengang ist goldrichtig. Hat nur eine Schwachstelle. Du hast ihn dem Falschen in den Mund gelegt. Der würde sagen, aber er sagt es nicht und tut es im Hintergrund: Des lott lai mir mochn. Wer zohlt, schofft on.
Aber jetzt hat Plangger gesprochen, in der TZ nachzulesen. Mehr braucht man dazu nicht mehr zu sagen. Nach seinen Aussagen werde ich jetzt wohl auch leichter zu interpretieren sein. Das sind die Leute der Erneuerung.
Hast du mein Märchen gelesen in der Presserundschau?
Übrigens, es wäre keine Schande, aber ich bin weder dies noch jenes. Ich mag dieses Schubladen-Denken nicht gerne. Nur weil ich gesagt habe, dass ich lieber über den Freistaat nachdenke, als über sinnlose Basiswahlen, bin ich noch lange kein Freiheitlicher. Erst seit ich parteilos bin und das mittlerweile seit 20 Jahren, kann ich frei und unbeschwert denken und urteilen. Doch wenn man etwas über das Denken hinausgeht, dann braucht man Mehrheiten, sonst geht nun mal nichts in einer Demokratie. Von da her war deine Freie Liste sicher kein Fehler.

Do., 04.04.2013 - 10:59 Permalink
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Sylvia Rier Do., 04.04.2013 - 15:40

Antwort auf von Sebastian Felderer

Hab ich just heute gelesen, auf zeit.de, zwar im Zusammenhang mit Migration, aber der Titel passt auch hier sehr gut. Eben, und (politische) Parteien sind Schubladen, manche enger als andere, aber immerhin Schubladen. Dabei sind die, gerade in der heutigen Zeit, die so komplex und so vielfältig ist und in der sich alles so schnell wandelt, einfach nicht mehr zeitgemäß. Glaube ich. Mein (sehr kurzes!) Abenteuer in der Freien Liste war denn auch kein Fehler im Sinne "falsche Partei", sondern vielmehr dahingehend, dass ich a) selbst die als Schublade empfand und b) ich mit zahlreichen Talenten beschenkt wurde, nicht aber mit dem der Diplomatie ;-)

Do., 04.04.2013 - 15:40 Permalink