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Bozcaada!

Eine Traum-Insel in der Ägäis mit wunderbaren Sandstränden, herrlichem Wein und Südtiroler Spuren.

Der Weg von Istanbul nach Bozcaada ist nicht unkompliziert. Zweimal, nämlich in Gelibolu (Gallipoli) und in Geyikli überquerten wir das Meer mit der Fähre, die sommerlichen Wartezeiten müssen in Kauf genommen werden. Doch die Reise lohnt sich.

Denn auf dem Weg zur Insel, die in der nördlichen Ägäis liegt, begegnet der/die Reisende  wichtigen  Zeugnissen der Weltgeschichte. Im heutigen türkischen Gelibolu, dem ehemals griechischen Kallipolis wurde während des ersten Weltkriegs eine blutige Entscheidungsschlacht ausgetragen. 

Die Entente-Mächte versuchten vom Februar 1915 bis zum Jänner 1916 die Dardanellen zu erobern, um von dort aus zum Sturm auf Konstantinopel anzusetzen. Die Armeen des Osmanischen Reiches, des Deutschen Kaiserreiches und von Österreich-Ungarn setzten sich erfolgreich zur Wehr. Unter Führung des späteren Staatsgründers der modernen Türkei, Kamal Atatürk, wurden die Entente-Truppen zurückgeschlagen.

Australien und Neuseeland gedenken noch heute in einem Nationalfeiertag der tausenden Kriegsopfer. Vor allem Australier pilgern weiterhin  in Scharen zu den Gedenkmälern von Gallipoli.

Auf dem Weg nach Geyikli durchquerten wir Troja, das 3000 vor Christus gegründet wurde und bis 500 nach Chr. neunmal abgebrannt und wieder aufgebaut worden war. 

Das  Troja Nummer 7 , dessen legendäre Stadtmauern bis heute überlebt haben,  war Schauplatz des vielbesungenen und zitierten Troijanischen Krieges im ( geschätzten) 12. Jahrhundert vor Chr.  Ein modernes, hölzernes Pferd am Eingang zu Troja erinnert an die List der Achäer, die zehn Jahre lang belagerte Stadt schliesslich einzunehmen.

Unser Reiseziel, die Insel Bozcaada, war sozusagen der logistische Stütz- und Ausgangspunkt für die Eroberung Trojas. 

Bis 1923, als die Insel im Vertrag von Lausanne der Türkei zugesprochen wurde, hiess sie TENEDOS. Diese Bezeichnung findet sich , sozusagen als Parallel-Namen, noch immer  auf den meisten Geschäften und Hotels der Insel.

Schon in der Antike war Tenedos als Weininsel bekannt. Und diesen Ruf hat sie bis heute behalten. Erster türkischer Weinanbieter der Insel ist das Unternehmen Corvus, benannt nach den kleinen, sympathischen Raben, dem Symboltier der Insel.

Ich kenne mich nicht so gut aus im Tierreich, aber ich habe noch nie Raben gesehen, die Möven imitieren. Die Bozcaada-Raben stehen nämlich, wie die Möven, mit eingezogenen Krallen minutenlang in der Luft, um ihre Beute zu erspähen und zu fassen. 

Die zweite bedeutende Kellerei der Insel heisst Amadeus und gehört der österreichischen Familie Gareis, die seit 1962 in der Türkei lebt. Auf ihrem Urlaubssitz in Bozcaada kelterte die Familie zunächst eigenen Hauswein, der so gut gelang, dass daraus eine kommerzielle Produktion wurde.

Und wer, geneigte Leser, glauben Sie, ist der Önologe von Amadeus? Natürlich ein Südtiroler in der Person von Walter Schullian, der regelmässig die Insel besucht, um mit seinem Können den Bozcaada -Weinen den letzten Schliff zu geben.

Ich habe die Amadeus-Weissweine Sauvignon Blanc 2013, Grillo und Vasilaki gekostet - wunderbar. Am Abend: als Highlight, ein Essen bei der Familie Gareis, die aus Senior Hermann, dessen lebendiger, humorvoller Gattin Ingrid und dem Juniorchef Oliver besteht.

Ohne Übertreibung und "Schleimerei": Ich habe noch nie so vorzügliche türkische Speisen verzehrt wie an diesem Abend, begleitet von Weinen, von denen ich in Istanbul nur träumen kann.   

An diesem lauen Sommerabend in Bozcaada erfuhr ich auch, dass in Wien nicht mehr Aperol Spritz und Hugo als Aperitiv getrunken werden, sondern  vorwiegend "Blush", ein leichter Rose. Und einen hervorragenden "Blushhhhh" hat auch Amadeus gekeltert, der hoffentlich bald auch im Ausland erhältlich ist.

Denn Weinproduktion und Vertrieb sind in der Türkei seit der Machtübernahme von Tayip Erdogan behindert worden. Der Islam verbietet ja den Genuss von Alkohol, beziehungsweise Wein. Also wurden Import- und Exportsteuern erhöht, dazu die Alkoholsteuer und schließlich starke Einschränkungen bei der Wein-Werbung.

So darf auf der Internet-Seite von Amadeus beispielsweise keine Weinflasche abgebildet werden.

Zurück zur Insel als Urlaubsort: im Zentrum am Hafen gibt es genügend Hotels und ausgezeichnete Fischrestaurants. Probiert und für gut befunden habe ich Asmaalti und Yakamoz. Die Bewohner von Bozcaada sind sehr liebenswert, weniger verschlossen als die meisten Menschen in Istanbul. Ein Strassenmarkt bietet einheimische Einleg-Früchte und Gemüse, sowie ausgezeichneten Honig an.  

Wer sich für Bozcaada zum Ausspannen und Genießen entscheidet, kann kaum etwas falsch machen. Die etwas komplizierte Anreise lohnt sich.