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Ebners Drohung

Weil Landeshauptmann Arno Kompatscher die Athesia-Geschäftsstrategie in der Brennercom durchkreuzt, will Michl Ebner jetzt klagen. Die Hintergründe einer Eskalation.

Dass die Nerven blank liegen, ist bekannt. Dass es aber soweit geht, hätte wohl kaum jemand gedacht.
Dann sehen wir uns vor Gericht“, meinte Michl Ebner kurz und bündig. Der Chef der „Athesia AG stand daraufhin ohne weiteren Kommentar auf und verließ den Sitzungssaal. Zurück am Tisch blieben Landeshauptmann Arno Kompatscher und vier weitere Herren. Sichtlich erstaunt ob der aggressiven Gangart des Südtiroler Handelskammer-Präsidenten.
Schauplatz des denkwürdigen Szene war am vergangenen Donnerstag das Palais Widmann. Arno Kompatscher hatte die Aktionäre der „Brennercom AG“ zu einer informellen Aussprache eingeladen. Der Landeshauptmann wollte die Gesellschafter über die von der Landesregierung beschlossene Gangart in Sachen Brennercom informieren.

Die Sitzung am Donnerstag war die Eskalation des seit Jahren andauernden Kampfes um die Brennercom.

Gekommen waren Wolfgang Plank, Generaldirektor der Stadtwerke Brixen, Walter Pardatscher, Geschäftsführer der Brennerautobahn AG, Andreas Schatzer, Präsident des Gemeindenverbandes und Michl Ebner, Direktor der Athesia AG. „Selfin“-Präsident Sebastian Helfer ließ sich im allerletzten Moment entschuldigen.
Keiner der Sitzungsteilnehmer will offiziell reden. „Es dürfte die endgültige Kampfansage Ebners gegen den Landeshauptmann sein“, sagt dann doch einer, der am Donnerstag dabei war zu salto.bz unter der Zusicherung, nicht namentlich genannt zu werden.
Sicher ist: Die Sitzung am Donnerstag ist die Eskalation des seit Jahren andauernden Kampfes um die Brennercom.

Die Beteiligungen

Die „Brennercom AG“ wird 1999 als Landesgesellschaft mit privaten Partnern gegründet. Jahrelang schreibt man rote Zahlen und das Land zahlt die Zeche. Gleichzeitig schaut der Mehrheitseigner Land aber auch zu, wie Brennercom-Generaldirektor Karl Manfredi zum zweitgrößten Aktionär in der eigenen Gesellschaft aufsteigt. Manfredis „KM Invest“ hält letztlich über neun Prozent der Brennercom-Aktien.
Zwischen 2007 und 2009 ändern sich die Besitzverhältnisse in der Brennercom AG aber nachhaltig. Karl Manfredi verlegt seine KM Invest nach Innsbruck, und wenig später kauft Michl Ebner die Gesellschaft. 2008 steigen die Sparkasse und der Raiffeisenverband aus der Brennercom aus und das Land und die Gemeinde Bozen entscheiden, einen Teil der Beteiligungen abzugeben.


Brennercom-Geschäftsführer Karl Manfredi: Entree für Athesia

Das Land verkauft um 10,7 Millionen Euro etwas mehr als 22 Prozent der Gesellschaftsanteile an die Athesia-Tochter KM Invest. Diese übernimmt um rund 1,3 Millionen Euro auch die Anteile der Gemeinde Bozen. Weil sich das Ebner-Unternehmen aber auch die Anteile anderer ehemaliger Aktionäre sichert, wird die Athesia-Gruppe schon bald zum größten Brennercom-Aktionär.
Heute halten die KM Invest 30,76 Prozent und die Athesia Druck GmbH 17,58 Prozent an der Brennercom. Damit kommt die Athesia-Gruppe insgesamt auf 48,34 Prozent. Während das Land Südtirol nur mehr 42,35 Prozent an der Gesellschaft hält.
Die weiteren Aktionäre sind die Selfin GmbH mit 4,21 Prozent, die Brennerautobahn AG mit 2,71 Prozent, die Stadtwerke Brixen mit 1,74 Prozent sowie die beiden Kleinaktionäre Acaba und Brennercom-Geschäftsführer Karl Manfredi, die zusammen 0,65 Prozent halten.

Feindliche Übernahme

Seit Jahren setzt die Athesia-Gruppe besonders auf den Ausbau der Brennercom AG. Da in den traditionellen Geschäftsfeldern des Ebner-Konzerns nicht mehr viel zu holen ist, will man jetzt besonders auf Telekommunikation, Breitbandnetz und Glasfaserkabel setzen.
Deshalb ist bereits beim Einstieg klar, dass das Ziel des Ebner-Verlages die absolute Mehrheit in der Telekommunikationsgesellschaft ist, die inzwischen beachtliche Gewinne einfährt. Da das Land die Mehrheit abtreten will, geht alles in die richtige Richtung. Im Mai 2010 beschließt die Landesregierung den Verkauf des gesamten Aktienpaketes um rund 21 Millionen Euro.


Brennercom-Sitz: Umweg über Kleinaktionäre

Michl Ebner und die Athesia wollen aber nicht soviel Geld ausgeben. Sie setzen auf einen Plan, der weit billiger ist als der Kauf der Landesanteile. Rein statutarisch und rechtlich gibt es in der Brennercom keinen Unterschied, ob jemand 80 Prozent der Aktien hält, oder 50,1 Prozent. Wer die absolute Mehrheit hält, bestimmt auch.
Ebner nimmt deshalb bereits 2011 Kontakt mit den Kleinaktionären auf. Der Athesia-Direktor bietet rund das Doppelte des Marktpreises der Brennercom-Aktie.
Es ist damals Landeshauptmann Luis Durnwalder, der die geplante feindliche Übernahme vorerst politisch stoppt.

Geplatzter Traum

Michl Ebner versucht auch weiterhin, an die Aktien der Kleinaktionäre zu kommen. Was für einen privaten Unternehmer durchaus legitim ist.
Mit Arno Kompatscher als Landeshauptmann ändert sich aber die Ausgangslage grundlegend. Kompatscher kennt die Gelüste und den Plan der Athesia. Michl Ebner war bereits vor Jahren beim damaligen Gemeindeverbands-Präsidenten Kompatscher mit dem Anliegen vorstellig geworden, er möge darauf einwirken, dass die Selfin und die Stadtwerke Brixen ihre Brennercom-Anteile verkaufen. Arno Kompatscher ließ bereits damals den Athesia-Boss abblitzen.
Als Landeshauptmann geht er aber noch weiter. Kompatscher will die feindliche Übernahme ein für allemal unmöglich machen. Dazu will er die öffentlichen Brennercom-Aktionäre in einer gemeinsamen Gesellschaft zusammenführen. Ein entsprechender Artikel wird im Spätsommer in einem Omnibus-Gesetz vom Landtag genehmigt.
Weil im Gesetzestext aber nur von öffentlichen Gesellschaften die Rede ist, die Brennerautobahn aber halböffentlich ist, muss man jetzt nachjustieren. Der neue Gesetzesartikel soll in diesen Wochen verabschiedet werden, damit eine Newco gegründet werden kann, die die gemeinsamen Anteile verwaltet.
Damit aber wäre der Athesia-Traum geplatzt, billig an die Brennercom-Mehrheit zu kommen.

Kompatschers Strategie

Arno Kompatschers Strategiewechsel geht aber noch weiter. Der Landeshauptmann ist überzeugt, dass das Breitbandnetz und die Datenleitungen in der öffentlichen Hand bleiben müssen. „Die Datenautobahn muss dem Land gehören, wer dann darüber fährt und Maut zahlt, ist dann zweitrangig“, beschreibt der Landeshauptmann seine Vision.


Landeshauptmann Arno Kompatscher: Infrastrukturen und Breitbandnetz ans Land.

Kompatschers Strategie ist klar: Das Land soll das gesamte Südtiroler Glasfaserkabelnetz der Brennercom abkaufen. Die Infrastrukturen wurden zum größten Teil auch mit Landesgeldern errichtet. Mit einer Schätzung soll der endgültige Kaufpreis ermittelt werden.
Danach soll das Breitbandnetz in die neue Südtiroler Energiegesellschaft eingebracht werden, die die gesamte Infrastruktur dann im Sinne der öffentlichen Eigentümer verwaltet.
Diese Aktion macht aber das große Geschäft zunichte, von dem die Athesia träumte. Denn jeder weiß: Wer die Infrastruktur besitzt, der verdient auch. Die Brennercom kann zwar weiterhin als Telekommunikationsanbieter und als Dienstleister tätig sein, der Vorteil im Besitz der Infrastrukturen zu sein und damit eine Art Monopolstellung zu haben, ist aber damit vorbei.

Die Aussprache

Arno Kompatscher erläuterte am vergangenen Donnerstag bei der Aussprache genau diese Pläne. Weil formell die Gesellschafterversammlung der Brennercom entscheiden muss, sollte es nur eine Vorabinformation sein.
Die Gesprächspartner am Tisch waren dabei durchaus angetan vom Vorschlag Kompatschers. Vor allem Wolfgang Plank warnte vor der Gefahr einer privaten Monopolbildung im Bereich der telematischen Infrastrukturen.


Athesia-Direktor Michl Ebner: Eiszeit und Klage?

Nur Michl Ebner war alles andere als amused. Der Privatunternehmer sieht wirtschaftlich die Felle davonschwimmen. Der Athesia-Direktor ergriff als letzter in der Runde das Wort. Um sich zuerst wortgewaltig darüber zu echauffieren, dass auf seiner Einladung eine falsche Adresse angegeben wurde. Das sei ein Beweis dafür, wie ineffizient die Kompatscher-Verwaltung arbeite, argumentierte der langjährige SVP-Parlamentarier.

Dann sehen wir uns vor Gericht, meinte Michl Ebner kurz und bündig.

Im Raum war die Eiszeit in diesem Moment greifbar. Inhaltlich ging Michl Ebner erst gar nicht auf den Kompatscher-Vorschlag ein. Der Athesia-Direktor erklärte mit einem Satz, dass er alle rechtlichen Möglichkeiten gegen den Kompatscher-Vorschlag ausschöpfen werde.
Dannach hieß es im Palais Widmann nicht mehr Brennercom sondern Ebnergeh.