Società | Sexualerziehung

Wie kommt das Baby in den Bauch?

Gegen "aggressiven Sexualunterricht" stehen die Freiheitlichen ein. "Das Sprechen über Sexualität darf kein Tabu sein", erwidert Sexualpädagoge Michael Peintner.

Über die Frühsexualisierung von Kindern, vor allem im Sexualkundeunterricht an den Schulen, haben sich die Freiheitlichen kürzlich Gedanken gemacht und fordern: “Die Kinder sollen nicht mit Details sexueller Spielarten, Neigungen und Praktiken belästigt werden.” Für Michael Peintner ist klar: “Sexualpädagogik ist präventiv, hier darf nicht tabuisiert werden.” Der Erziehungswissenschaftler und Sexualpädagoge kritisiert die ablehnende Haltung der Freiheitlichen, die den Sexualunterricht auf die Vermittlung von Grundkenntnissen über die menschliche Fortpflanzung beschränken wollen. “Hier wird ein sehr enger Begriff von Sexualität an den Tag gelegt. Wir verstehen Sexualität als etwas Ganzheitliches. Der Körper ist ein Teil davon, aber es kommt eben noch vieles dazu. Gefühle, Respekt, Toleranz.” 
 

Sexualunterricht: Aggressiv? Verstörend? 

“Wir”, das sind die Mitglieder der Plattform Sexualpädaogik Südtirol, dem Berufsverband der Sexualpädagogen, dessen Vorsitzender Michael Peintner ist. “Viele von uns arbeiten in Schulen, und insgesamt kann man sagen, dass in Südtirol sehr viel passiert”, so der Brunecker. Hierzulande ist die Sexualerziehung in den Rahmenrichtlinien der Grund-, Mittel- und Oberschulen verankert und wird je nach Schulstufe und dem Alter angepasst vermittelt. Nichtsdestotrotz zeigt sich Pius Leitner über den “immer aggressiveren Sexualunterricht” in Südtirol besorgt. “Hier werden die natürlichen Schamgrenzen der Kinder gebrochen.” 

Mit seinen Sorgen steht Leitner nicht alleine da. “Durch die zu frühe Anregung des Sexualtriebs wird den Kindern die Kraft genommen, sich in gesunder Form weiter zu entwickeln. Sie sind psychisch und geistig nicht mehr frei, die entsprechenden Schritte zu gehen, die in ihrem Alter anstehen”, warnte Martha Zöggeler von der Südtiroler “Bewegung für das Leben” bereits Anfang des Jahres
 

Sexualität im Alltag und in den Medien 

Doch ist es nicht vielmehr so, dass Sexualität, Vielfalt und sexuelle Diversität mittlerweile in allen Lebensbereichen – in Politik, Kunst, und vor allem in den Medien – präsent ist und nicht erst von der Sexualpädagogik zu den Kindern und Jugendlichen gebracht wird? Wenn Kinder beginnen, Fragen zu stellen – und darin sind sie wahre Meister – können sich dann die Erwachsenen einfach ihrer Verantwortung entziehen? “Grundsätzlich wichtig ist, dass die Kinder lernen, dass miteinander über Sexualität geredet werden kann, und wie darüber geredet werden kann”, unterstreicht Peintner.

“Ein gestörtes Verhältnis zu Sexualität entwickeln Kinder und Jugendliche erst dann, wenn ihnen nicht geantwortet wird.”

Waren es einst die jede Woche mit Hochspannung erwarteten und im Geheimen gelesenen Dr.Sommer-Seiten des Teenie-Magazins BRAVO, so sorgen heutzutage die modernen Medien dafür, dass die Schamgrenzen der Kinder immer früher und auf immer brutalere Art und Weise zu Fall gebracht werden. Eine Grundschullehrerin berichtet: “In unserer Schule hat es bereits Fälle gegeben, wo auf dem Pausenhof eindeutig pornografisches Material – Videos und Bilder – herumgezeigt wurde.” Kein Einzelfall, sondern eine bedenkliche Entwicklung, die vom Lehrpersonal Feingefühl aber auch Durchgreifvermögen verlange. Dieser Meinung ist auch Michael Peintner: “Die Schule erfüllt eine wichtige Bildungs- und Präventionsaufgabe. Der beste Schutz ist, wenn Kinder und Jugendliche lernen, sich zu reflektieren'Wie schaut die Sexualität aus, die ich leben oder nicht leben möchte?' Und es ist gut, dass sich Kinder und Jugendliche auch mit problematischen Aspekten der Sexualität auseinandersetzen.” Mit sexuell übertragbaren Krankheiten etwa, oder sexueller Gewalt.
 

Wenn Kinder Fragen stellen

Oder Schwangerschaften. Mittlerweile gibt es Fernsehsendungen, in denen (sehr) junge Mütter durch ihre Schwangerschaft, bei der Geburt und im Alltag mit ihrem Nachwuchs begleitet werden. Zum Teil zur besten Sendezeit am Vormittag oder frühen Nachmittag ausgestrahlt, erreichen so auch die Kleinsten. “Wichtig ist, dass Antworten altersgerecht formuliert werden”, erklärt Peintner. Etwa auf die Frage “Wie kommt das Baby in den Bauch?” Je jünger das Kind, desto kürzer solle auch die Antwort ausfallen. “Denn was die Kinder den Erwachsenen voraus haben ist, dass sie das, was sie nicht interessiert, nicht aufnehmen.” Auch die Sexualerziehung in der Schule müsse sich an Alter und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen ausrichten.

“Kinder müssen lernen, dass miteinander über Sexualität geredet werden kann, und wie darüber geredet werden kann”

Und was sagen die Eltern dazu, wenn in der Schule offen über Sexualität gesprochen wird? “Viele Eltern wünschen sich explizit, dass diese Themen behandelt werden”, weiß Peintner, “doch wollen sie sich hier nicht aus ihrer Verantwortung als Erziehungstätige ziehen, sondern soll die Sexualerziehung in der Schule ergänzend zu jener zu Hause stattfinden.” Ob zu Hause oder in der Schule, am wichtigsten ist für Michael Peintner, dass die Kinder und ihre Fragen ernst genommen und beantwortet werden. “Denn ein gestörtes Verhältnis zu Sexualität entwickeln sie erst dann, wenn ihnen nicht geantwortet wird.”

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gorgias Ven, 11/21/2014 - 09:14

Eine These ist dass die Antworten altersgerecht sein soll und man nicht auf Fragen antwortet die weder gestellt noch die Zeit reif ist. Das kann gut funktionieren wenn das zwischen Eltern und Kind geschieht. Wie kann man aber allen Kindern in einem Klassenraum gerecht werden, die Trotz selben Jahrgangs eine unterschiedliche Reife haben können?

Ven, 11/21/2014 - 09:14 Collegamento permanente