Politica | Sozialfonds

ESF: Wer trägt die Schuld?

Wer ist für die Probleme mit Beiträgen des Europäischen Sozialfonds verantwortlich? Ressortdirektor Thomas Mathà spricht (fast) Klartext.

Update: Gemunkelt wurde es seit Jahren, Gewissheit besteht seit einer genauen Kontrolle der EU im vergangenen Herbst: Bei der Vergabe von Beiträgen des Europäischen Sozialfonds (ESF) galten in Südtirol eigene Regeln, die nicht immer jenen entsprachen , die Brüssel vorgab. „Eine sehr ungute Geschichte“, wie auch Landeshauptmann Arno Kompatscher im Rahmen der Neureglung der ESF-Kontrollen einräumte, die von der Landesregierung am Dienstag beschlossen wurden. Bevor mittels strickter Trennung von Ansuchen und Kontrollen ein neues Kapitel in Sachen Förderung von Aus- und Weiterbildungsinitiativen aufgeschlagen wird, gilt es noch die Vergangenheit aufzuarbeiten. Immerhin fordert Brüssel Beiträge in Millionenhöhe zurück, die das Land nun von begünstigten Vereinen und Verbänden  einkassieren muss. Eine ernsthafte Gefährdung der betroffenen Organisationen macht zumindest der Landeshauptmann nicht aus: Im Regelfall sei nur ein Bruchteil der versprochenen Fördergelder betoffen: „Wenn ein Verein beispielweise 20 Ansuchen gestellt hatte, gibt es vielleicht bei dreien Probleme“, erklärte Kompatscher gegenüber RAI Südtirol.

Dennoch steht immer noch die Frage im Raum, wer für die von der EU aufgedeckten Missstände verantwortlich ist. Kompatscher selbst schiebt sie einerseits den beteiligten Organisationen zu, die sich nicht an die Vorgaben gehalten haben, räumt aber gleichzeitig eine „nicht klare Kommunikation“ der zuständigen Ämter ein. Auf diese wälzen in den heutigen Dolomiten auch Verbandsvertreter wie Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler oder LVH-Präsident Gert Lanz  die Verantwortung.  

Thomas Mathà: "Der ESF war eine Welt mit minimalen Regeln, eine Suppe, aus der jeder gerne gegessen hat, ein zweifelhaftes System bei dem keiner genau hingeschaut hat – weder ob ein Projekt förderungswürdig war, noch ob Vergaberecht eingehalten wurde."

Weit deutlicher wird dort dagegen der zuletzt für die Abteilung verantwortliche Leiter Thomas Mathà, mittlerweile Direktor im Ressort von Landesrätin Martha Stocker. „Das Problem ist, dass der ESF über Jahre und Jahrzehnte falsch gelaufen ist“, sagt er dort. „Der ESF war eine Welt mit minimalen Regeln, eine Suppe, aus der jeder gerne gegessen hat, ein zweifelhaftes System bei dem keiner genau hingeschaut hat – weder ob ein Projekt förderungswürdig war, noch ob Vergaberecht eingehalten wurde.“  Namen nennt der Ressortdirketor keine. Langjährige Grande Dame der Südtiroler ESF-Gelder war Barbara Repetto, die die zuständige Dienststelle von 1987 bis 2008  leitete. Auf sie folgten Laura Favaro und seit 2011 die aktuelle Direktorin Judith Notdurfter. Fakt ist laut Thomas Mathà, dass man dank dieses „zweifelhaften Systems“ in Brüssel lange Zeit höchstmögliche Beträge abrechnete und in Bozen mit hohen Abschöpf-Quoten glänzte. Ein Glanz, der nun zweifelsohne schwere Kratzer abbekommen hat.