Society | Heiraten

Traut man sich noch?

Dem Landesstatistikamt ASTAT zufolge, heiraten 70% der Paare standesamtlich. Kirchliche Trauungen werden vor allem in den Städten seltener.
Hochzeit
Foto: Pixabay
Laut der neuen Erhebung des Landesinstitut für Statistik (ASTAT) haben sich im Jahr 2021 2.083 Paare das Ja-Wort gegeben. Das sind 23,5% mehr als 2020, wo aufgrund der Corona-Pandemie weniger Hochzeiten gefeiert werden konnten. Verglichen mit anderen italienischen Regionen liegt Südtirol damit über dem gesamtstaatlichen Mittelwert, im Bezug auf die Europaregion platziert es sich zwischen dem Bundesland Tirol und dem Trentino im Mittelfeld.
48% und somit fast die Hälfte der erwachsenen Südtiroler Bevölkerung ist verheiratet. Das Heiratsalter bleibt hoch. Männer heiraten hierzulande durchschnittlich mit 38,0 Jahren, Frauen etwas früher mit 35,0.
Auffallend ist die hohe Anzahl an standesamtlichen Trauungen. Diese ist zwar im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, ist aber mit 76,1% immer noch hoch.
 
 

Das sagt die Kirche  

 
Kirchliche Hochzeiten verzeichnen wegen der Corona-Pandemie ein Plus zum Vorjahr, nehmen aber langfristig immer weiter ab. Dafür gibt es laut Toni Fiung, Seelsorger der Diözese Bozen-Brixen, mehrere Gründe. Zum einen werde die Gruppe der Heiratswilligen immer kleiner, zum anderen sähen viele die Kirche nicht mehr als Heimat an und hätten keine authentische Verbindung mehr zu ihr.
In den Städten Bozen und Meran haben nur 12,7% bzw. 14,1% der Eheschließenden kirchlich geheiratet. Den größten Anteil kirchlicher Hochzeiten weisen die ladinischen Gemeinden auf, wo noch 40,5% der Paare vor den Traualtar getreten sind.
Laut Fiung sei die Diskrepanz zwischen der städtischen und der ländlichen Bevölkerung auch an der Anzahl der Kirchgänger zu sehen. In den ländlichen Gebieten seien die Menschen noch traditionsverbundener, die Beziehung zur Dorfgemeinschaft und zur Pfarrei sei deutlich größer als in den Städten.
 
 
 
 
„Eine große Gruppe heiratet kirchlich, weil sie es schön findet. Hier haben wir mit qualitativ hochwertiger Ehevorbereitung die Chance zu vermitteln, was Glaube und Spiritualität in einer Beziehung bewirken können. Wir wollen Paare so gut wie möglich begleiten, sodass sie sich in der Kirche wohlfühlen.“
 
Ehen, die nicht funktionieren, Menschen die neu anfangen möchten, dafür hat die Kirche noch keine Lösungen.“
 
Für Fiung ist das Konzept der katholischen Ehe noch zeitgemäß. „Katholische Ehe geht davon aus, dass eine Beziehung ein Leben lang hält. Diese Sehnsucht sehe ich immer noch bei den Menschen. Und es kann gelingen. Vor einer Herausforderung stehen wir, wenn es nicht gelingt. In diesen Situationen steht die Kirche vor einer Sackgasse. Ehen, die nicht funktionieren, Menschen die neu anfangen möchten, dafür hat die Kirche noch keine Lösungen.“
2020 wurden außerdem 20 gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften standesamtlich eingetragen. Auch in dieser Hinsicht hat sich die katholische Kirche noch nicht geöffnet.