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Steirer Herbst

Was verbindet Südtirol mit der Stadt Graz und Umgebung? Eine Kulturreise in die Steiermark. Aus aktuellem Anlass.
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Foto: Pavelhaus

Jubiläum

Seit 60 Jahren gibt es die Südtiroler HochschülerInnenschaft (asus.sh) in Graz. Rechtzeitig zum runden Geburtstag begehen die Südtiroler Studentinnen und Studenten ihr Jubiläum in der steirischen Landeshauptstadt, erinnern sich an die Gründung 1959 und an die Einweihung der sogenannten Bude 1964. Sie ist bis in die Jetztzeit Treffpunkt für Studierende geblieben und könnte jede Menge Geschichten erzählen.
Am heutigen 8. November finden ab 17 Uhr im Hörsaal der Alten Technik einige Vorträge zu den Themen Südtirol, Studieren und Hochschülerschaft statt. Anschließend wird eine ungezwungene und lockere Feier abgehalten, wo die Studierenden den Abend ausklingen lassen werden.

 

Optionsgeschichten

Die Stadt Graz, in welcher am baldigen 24. November ein neuer Landtag gewählt wird, war für Südtiroler und Südtirolerinnen bereits vor der Gründung der Südtiroler Hochschulgruppe Zufluchtsort, beispielsweise ab 1939, während der Option. Der bekannteste Grazer Südtirol-Optant ist ohne Zweifel der Schriftsteller Joseph Zoderer, der in Graz seine Kindheit verbrachte und dieses Schicksal Jahrzehnte später literarisch verarbeitete.

Ab den 1940er Jahren entstanden in vielen österreichischen Gemeinden sogenannte Südtiroler-Siedlungen, auch in der Steiermark (Graz, Bruck an der Mur, Fürstenfeld, Gröbming, Leibnitz, Liezen und Weiz). Im Rahmen einer Ausstellung des renommierten Kunstfestivals steirischer herbst wurde die Option der Südtiroler vom Künstler Riccardo Giacconi – er war mit einer Ausstellung 2017 in der ar/ge kunst in Bozen zu sehen – aufgegriffen. Options war bis Oktober im Grazer Kunstverein zu sehen.


Minderheitenkultur

Weniger bekannt ist die schicksalhafte Geschichte zur Minderheit der Slowenen in der Steiermark. Sie nahm vor 100 Jahren ihren Anfang, blieb aber im Unterschied zur ähnlich gelagerten Polemik in Kärnten, lange unaufgearbeitet und medial stets im Schatten der Kärntner Nachbarn.
Entlang des Flusses Mur wurde nach dem 1. Weltkrieg die Steiermark geteilt. Der südliche Teil – die Untersteiermark (slovenska Stajerska) – fiel zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen und war später Teil von Jugoslawien. Slovenska Stajerska liegt zwischen dem unteren Teil der Mur und dem oberen Flusslauf der Save im heutigen Staat Slowenien. Das urbane Zentrum ist Maribor (Marburg an der Drau).
Die Grenze riss vor 100 Jahren nicht nur Landstriche sondern auch Familien auseinander. Sprach im vormaligen Gebiet der Steiermark noch rund ein Drittel der Bevölkerung Slowenisch, so haben sich viele der Sprachminderheit entlang der Grenzziehung nach dem 1. Weltkrieg an die „als überlegen empfundene deutsche Kultur und Sprache“ angepasst, oder anpassen müssen. Nachnamen wurden eingedeutscht und die slowenische Kultur entlang der Mur verschwand zusehends. Heute erinnert das Pavelhaus in Bad Radkersburg an die turbulenten Jahre dieser Gegend.


Damit die Geschichte der Slowenen in der Steiermark nicht in Vergessenheit gerät, wurde vor einigen Jahrzehnten auch der Artikel-VII-Kulturverein für Steiermark gegründet. Obfrau des Vereins ist Susanne Weitlaner, deren Familiengeschichte ebenfalls nach Südtirol führt, da ihre Vorfahren aus dem Pustertal stammen. Auch sie waren während der Option in die Steiermark gezogen.


Nebenwirkungen

Mit dem Kulturhauptstadtjahr 2003 erlangte Graz große internationale Beachtung. In keinem anderen Bundesland ist allerdings das kulturelle Gefälle zwischen Stadt und Land derart markant wie in der Steiermark. So steht eine weitestgehend unhinterfragte Trachten- und Lederhosenkultur, einer offenen und lebendigen Grazer Kulturszene gegenüber. Für den konservativen Stillstand steht und singt der in Graz wohnhafte Andreas Gabalier, der mit seinen Texten über Heimatsöhne, Kameraden, und hohe Gipfel, Vorbild einer Generation ist, die lieber im volksdümmlichen Glashaus sitzt und von dort aus mit heimatduseligen Steinen wirft. Gegen Kulturvielfalt.
Ein weiteres Armutszeugnis steirischer Gegenwart ist der Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio. Der stramme Burschenschafter – seine Vorfahren waren in der Habsburgerzeit von Italien in die Steiermark ausgewandert – pflegte wie kaum ein anderer österreichischer Politiker Kontakte zu den Identitären. Erst nach einer Rücktrittsaufforderung im Frühjahr 2019 distanzierte er sich widerwillig von der Bewegung.