Culture | Frankfurter Buchmesse 2013

Brasil, Brasil … abseits der Klischees, aber auch abseits der Literatur

Es gibt Länder, die kleiner sind, und mehr an Literatur zu bieten haben. Aber vielleicht wird Brasilien aufgrund von Samba, Fußball und schönen Menschen an schönen Stränden einfach nicht als Literaturland wahrgenommen. Die Gastlandhalle auf der Buchmesse ist ästhetisch ansprechend, aber man erfährt nichts Neues über die Literatur Brasiliens.
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Das Land des Architekten Oscar Niemeyer präsentiert sich überaus ansprechend, die Hallenausstattung ist aus weißem Karton, nachhaltig und recycelbar. Klar: Brasilien ist einer der großen Rohstofflieferanten für die Papierproduktion. Aber wie Brasiliens Messeauftritt zeigt, kann man aus Papier eben nicht nur Bücher machen, sondern vor allem auch Möbel. Das gedruckte Wort verschwindet hinter all der Ästhetik, Bücher gibt’s nur wenige zu sehen. In deutscher Übersetzung liegen etwa gleich viel Regalmeter vor wie 2011, als Island Gastland der Buchmesse war. Doch während Island 320.000 Einwohner zählt, leben in Brasilien 198 Millionen. Dafür kann sich Brasilien als „Land voller Stimmen“ (offizieller Slogan) präsentieren, Island war eher das Land der Trolle. Brasiliens Auftritt ist papierweiß, Island war winterlich, dunkel, düster.

In Ermangelung an Büchern bietet Brasilien das geeignete Drumherum fürs Lesen: Man kann radeln, um Strom für Audiobooks zu generieren, man kann sich in Hängematten legen und bekommt über Kopfhörer echt coole brasilianische Rockmusik geboten – wer aber wirklich lesen möchte, sollte sein eigenes Buch mitnehmen.

Einen weltweit bekannten Autor hat Brasilien hervorgebracht: Paolo Coelho – ein Grund stolz zu sein ist dies nicht, wobei das Urteil des Literaturkritikers Denis Scheck, Coelho sei der „unangefochtene König des Esoterikschunds“, oder noch härter: er sei „ein aus dem proto-literarischen Urschleim gekrochener Einzeller der Erbauungsliteratur“ doch ein bisschen hart ist. Aber ich gebe es zu: Ich mag ihn auch nicht!

Da lobt man sich den Messeauftritt der Österreicher: Der Hauptverband präsentiert sich deutlich kleiner als sein Schweizer Pendant, doch dafür gibt es alljährlich einen abendlichen Empfang mit Wiener Schnitzel, Salzburger Nockerl, Mehlspeisen ohne Ende! Ein bacchantisches Fest der österreichischen Buchbranche, das die alljährlich in den Gesprächen vorgebrachte Krisenstimmung samt Untergang der Literatur in Strömen von Zweigelt und Blaufränkischem ertränkt. Prost! Ich werde Flaschen sammeln für die morgige Flaschenpost.