Culture | Film

Südtiroler Stern am Schauspielhimmel

Handlanger eines Bösewichtes vor der Kamera, junger zielstrebiger Erwachsener mit viel Talent dahinter. Philip Mur über Berlin, die Zukunft und seine bisher größte Rolle.

In der Südtiroler Schauspielszene war er kein unbeschriebenes Blatt mehr, als der damals 19-jährige Brixner Philip Mur nach Berlin zog. Ein Jahr und viele Ereignisse später, lässt der junge Schauspieler aus Aicha sein Jahr in der deutschen Hauptstadt Revue passieren.

Salto: Herr Mur, Sie leben jetzt seit einem Jahr in Berlin. Was machen Sie in der deutschen Hauptstadt?

Philip Mur: Ich wohne jetzt wie gesagt seit ungefähr einem Jahr in Berlin und habe in der Zwischenzeit mit der Stadt klarkommen müssen. Berlin ist eine riesengroße Stadt, es ist immer viel los und mein Ziel war es, mir so schnell wie möglich ein Leben aufzubauen und in eine staatliche Schauspielschule zu kommen. Ich habe mich auch an mehreren Schulen beworben, es hat aber bis jetzt leider noch nirgends geklappt. Zwischen den Bewerbungen habe ich aber andere Projekte laufen gehabt, die mehr in den privaten Bereich gingen, ich habe beispielsweise einen Kurzfilm gedreht und hatte dann mit „König Laurin“ auch viel zu tun, da dieser Prozess ein ganzes Jahr lang gedauert hat. Mittlerweile bin ich aber in Berlin angekommen und habe mir ein gutes Leben aufgebaut und gute Freunde gefunden. Es ist nicht leicht in Berlin als Schauspieler, da die Konkurrenz extrem groß ist, aber ich bin guter Dinge. Man muss nur Geduld haben und alles dafür tun, dass der Traum in Erfüllung geht.

Was haben Sie vor Berlin gemacht?

Ich habe im letzten Sommer am humanistischen Gymnasium (Walther von der Vogelweide in Bozen, Anm.d.Red.) meine Maturaprüfung abgelegt, habe direkt nach der Matura meinen Umzug nach Berlin geplant. Meine Zeit vor Berlin war auch sehr schauspielerisch geprägt, ich habe für ungefähr eineinhalb Jahre Improvisationstheater in der Carambolage Bozen gespielt und war dann auch beim Brixner Stadtlerlachen 2015. Sonst bin ich wie jeder andere Südtiroler auch zur Schule gegangen und habe ein normales Leben geführt, aber immer mit dem Plan im Hinterkopf, nach Berlin zu ziehen.

Sie haben beim Kinofilm „König Laurin“ eine Nebenrolle erhalten. War König Laurin Ihr größtes Projekt?

Auf jeden Fall! König Laurin passiert sozusagen ja jetzt im Moment noch, es ist ja eine Art fortlaufender Prozess, wobei das Endprodukt, also der Film selbst, das Schönste von allem ist. Der Film war für mich die größte Chance, oder besser gesagt, das größte Glück in die Schauspielwelt einzutauchen. Mein Dank gebührt vor allem dem Regisseur Matthias Lang und dem Produzenten Felix von Poser, die mir die Chance gegeben haben, bei diesem Projekt dabei zu sein, als einer von wenigen Südtirolern wohlgemerkt. Folglich war es für mich die größte Rolle, die ich im Filmbereich je hatte.

Welche Rolle hatten Sie im Film?

Meine Rolle war die Rolle vom Stultus. Er ist einer der beiden Handlanger von Wittich, dem Bösewicht der Geschichte. Wittich ist sozusagen mein Chef, also der Anführer von Crassus und Stultus. Maximilian Diehle spielt meinen Kumpanen Crassus. Wir haben sozusagen die Aufgabe, einfach alles zu tun was uns vom Bösewicht Wittich aufgetragen wird, wir rennen ihm hinterher, wir tragen ihm alles nach, es ist halt die typische Klischeerolle vom Handlanger eines Bösewichts. Wir wirken im Geschichtsverlauf nicht so viel mit, wir sind mehr diejenigen, welche die ganze Sache abrunden. Unsere Rollen tragen etwas zur Geschichte bei, ohne sie zu verändern, fallen aber trotzdem auf. Es ist mehr ein Spiel im Hintergrund, um im Vordergrund dabei zu sein.

Copyright

Philip Mur als "Stultus", einem Handlanger des Bösewichtes Wittich

Wie gefiel Ihnen die Rolle?

Es ist eine sehr einfache und bequeme Rolle, weil das Klischee vom Handlanger des Bösewichts einen gewissen Rahmen hat bzw. vorgegeben ist. Wir, also Maximilian und ich, hatten die Freiheit unsere Rollen so auszuschmücken, wie wir es gern gehabt hätten. Regisseur Matthias Lang hat uns die Möglichkeit gegeben, die Rolle so zu interpretieren, wie wir sie interpretiert hätten und das hat super funktioniert.

Hält sich der Film an die Sage?

Das Drehbuch weicht von Südtiroler Sage so wie wir sie kennen ein bisschen ab. Es gibt die Figur vom Theo, dem Königssohn. Er ist die Hauptfigur in dieser Geschichte. Es geht darum, dass der Königssohn den Erwartungen seines Vaters nicht gerecht wird, weil er zu klein und zu schwach ist und nichts auf die Reihe kriegt. Er trifft dann auf Laurin, dem König der Zwerge und erkennt im Laufe der Geschichte, dass wahre Größe nicht unbedingt mit körperlicher Größe zusammenhängt (lacht). Das Drehbuch wurde der Sage sozusagen angepasst. Es ist auf jeden Fall ein Film für die ganze Familie.

Sie haben vorher noch erwähnt „einer von wenigen Südtirolern“ am Set zu sein. Welche anderen Südtiroler gab es noch?

Es waren seeehr viele Südtiroler Komparsen dabei. Ein Südtiroler blieb mir besonders in Erinnerung, nämlich Georg Kaser. Er spielte im Film Harald den Herold, er ist auch ein bekannter Südtiroler Schauspieler. Überhaupt für uns Südtiroler ist dieser Film ein wunderschönes Beispiel dafür, wie schön unser Land eigentlich ist, weil viele extrem schöne Aufnahmen von Südtirol gemacht wurden. Der Film ist ja größtenteils in Südtirol gedreht worden, viele Szenen wurden am Sellajoch gedreht.

Wie waren für Sie die Dreharbeiten?

Da es für mich der erste große Dreh war, war es sehr ungewohnt, der ganze Aufwand, die Setleute, vor allem auch die Hierarchie am Set selbst, mit der bin ich nicht so klargekommen. Man wurde nämlich, obwohl es nicht eine riesige Produktion war, schon sehr verhätschelt als Schauspieler und das war ich nicht so gewohnt (lacht). Aber die Arbeit am Set hat extrem Spaß gemacht und es war immer gute Laune. Das Team war sehr jung, z.b. mit Lorenz Klapfer ein weiterer Südtiroler, der das Making Of gemacht hat, alle arbeiteten jedoch immer perfekt zusammen. Es gab ab und zu auch Schwierigkeiten. Das Wetter in den Bergen kann natürlich oft umschlagen und daran waren meine deutschen Kameraden nicht unbedingt so gewöhnt.

Wie lange dauerte der Dreh?

Der Dreh selbst dauerte etwas mehr als einen Monat, da sich ab und zu etwas verschoben hat. Die Idee selbst ist aber schon vor drei vier Jahren entstanden. Die Dreharbeiten sind eigentlich der kleinste Teil, man könnte sagen ein Zehntel vom ganzen Projekt. Ich selbst hatte 14 Drehtage.

Mit wem haben Sie am liebsten gedreht?

Am liebsten war ich mit meinem Handlangerpartner Maximilian Diehle und Bösewicht und „Chef“ Patrick Mölleken. Von Patrick habe ich auch noch sehr viel gelernt.

Copyright

Philip Mur hier mit "partner in crime" Crassus, gespielt von Maximilian Diehle

Wie war das Casting?

Das war ganz eine lustige Geschichte. Eigentlich hat mich meine beste Freundin Eva auf die Idee gebracht. Sie kannte den zweiten Regieassistenten Felix Comploi. Er hat mir geschrieben, dass ich zum Casting gehen soll, es war sehr spontan und ich wussten überhaupt nicht, auf was ich mich da einlasse. Eigentlich habe ich mich dann für die Rolle vom Wittich beworben, zu der Rolle hats aber nicht gereicht. Regisseur Matthias Lang gab mir aber noch einmal die Chance für die Rolle von Stultus, die ich dann tatsächlich auch bekommen habe und im Nachhinein dann aber erst verstanden haben, was das alles jetzt bedeutet. Es war sozusagen ein unsichtbares Sprungbrett, welches ich nicht sofort gesehen habe.

Und wie geht es jetzt weiter?

Ich werde auf jeden Fall versuchen, mein Schauspielstudium zu beginnen und in irgendeine gute Akademie hineinzukommen. Mit dem Projekt Laurin werde ich jetzt aber auch mein Glück bei den Agenturen versuchen, weil der Film meiner Meinung nach ziemlich gut geworden ist und ich aus der Rolle mehr herausgeholt habe, als ich ursprünglich dachte. Das wichtigste für mich ist nicht aufzugeben, immer weiter, weiter, weiter.

Würden Sie in Erwägung ziehen, je wieder nach Südtirol in die einheimische Film- und Schauspielszene zurückzukehren, oder planen Sie, im Ausland zu bleiben?

Das ist eine interessante Frage. Südtirol hat mittlerweile einen sehr speziellen Ruf bekommen in Sachen Filme. Es ist einfach ein wunderschöner Ort, auch zum Drehen. Ich habe auf jeden Fall vor wieder nach Südtirol zurückzukommen, jetzt nicht in absehbarer Zeit, aber irgendwann. Für mich war Südtirol schon immer der perfekte Ort zum Altwerden, weil es einfach ein Paradies mitten in Europa ist. Da aber zurzeit viele Filmprojekte in Südtirol laufen, hätte ich viel Lust, bei dem einem oder anderen Projekt dabei zu sein.

Haben Sie sich je gedacht, dass Sie es nicht schaffen und den Traum aufgeben müssen? 

Solche mentalen oder realen Grenzen kann ich mir nicht leisten. Man muss immer so weit gehen wie möglich. Jeder Schauspieler träumt von einem Oskar oder irgendwo Fuß zu fassen und ich werde diesen Traum nicht aufgeben. Für manche scheint es etwas utopisch, sich den Lebensunterhalt mit einem künstlerischen Beruf zu verdienen. Es ist aber möglich, man muss sich halt sehr viel Mühe geben und benötigt auch das Quäntchen Glück. Wichtig ist auch, auf niemanden zu hören, der sagt, dass es nicht möglich ist. Mir sind viele solche Menschen begegnet, man darf es ihnen auch nicht böse nehmen, da sie es selber nicht besser wissen. Es gibt in Südtirol einige mentale Grenzen, doch Träume gehen über solche Grenzen hinaus. Mein Glück war, dass mich meine Eltern sozusagen im Glauben erzogen haben, dass ich alles werden kann, was ich will. Für mich war es rückblickend dann komisch, wenn mir jemand gesagt hat, dass ich dies und jenes nicht werden kann. Bei mir war es immer schon so, dass der Traum mich ausgesucht hat und nicht ich den Traum. Deshalb werde ich alles versuchen, um so weit wie möglich zu kommen. Denn wenn ich irgendwann am Ende angelangt bin dann weiß ich entweder, dass ich mein Ziel erreicht habe, oder habe die Genugtuung, dass ich weiß, alles für meinen Traum gegeben zu haben.

Der gebürtige Brixner Philip Mur ist 20 Jahre alt und lebt seit einem Jahr in Berlin. Er plant ein Studium an einer Schauspielakademie in der deutschen Hauptsstadt. Mur spielte im Kinofilm „König Laurin“ die Rolle des Stultus, einem Handlanger. Der Film startete am 1. September in den deutschen und österreichischen Kinos und gewann den Goldenen Spatz in den Kategorien „Bester Kinofilm“, „Bester Hauptdarsteller“ und „Beste Regie“ und den Weißen Elefanten 2016 beim Filmfest München.