Culture | Frankfurter Buchmesse 2013

Frankfurt, Meran, Klausen …

Also ich sag’s gleich: Ich war’s nicht! Es wäre ja auch vermessen, diese Forderung zu stellen. „Könnte man die Buchmesse nicht nach Meran verlegen?“, fragt da der Blogger Don Alphonso auf Seite 3 der „Zeitung zur Buchmesse“, der täglichen Sonderausgabe der Frankfurter Allgemeinen. Don Alphonso, ist nicht mein Pseudonym, aber wer versteckt sich dahinter?
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Don Alphonso bloggt für die FAZ, zu finden unter www.faz.net/fettdruck. Seine Identität gibt der Autor nicht preis, kryptisch schreibt er über seine Herkunft, seinen Werdegang und seine Verortung im süddeutschen Raum. Wer sich wirklich dahinter verbirgt, und vor allem: aus welchem Grund er eine Verlegung nach Meran fordert, war trotz intensiver Recherche nicht zu ergründen. Es lässt sich nur spekulieren: Das Wetter könnte ein Grund sein, doch die 360 Sonnentage in Südtirol sind letztlich auch nur in einem kleinen Himmelsfenster direkt über dem Sitz der SMG anzutreffen. Kulinarisch, behaupte ich mal, liegen die beiden Städte zumindest in dieser Jahreszeit gleich auf: Schlachtplatte mit Haus- und Blutwürsten, Selchkaree und viel Sauerkraut – in Südtirol trinkt man dazu „Sußer“, in Frankfurt sauren, eigentlich ungenießbaren und auf jeden Fall kopfschmerzverursachenden „Äppelwoi“. Was also könnte für Meran sprechen? Eigentlich nur die literarische Vergangenheit: Franz Kafka, Arthur Schnitzler, Julien Green, Jorge Semprún (nachzulesen bei Ferruccio Delle Cave: Südtirol. Ein literarischer Reiseführer – so viel Eigenwerbung sei erlaubt). Die literarische Gegenwart in Meran ist dürftig.

Frankfurt hingegen kann da einige Namen vorweisen, zum Beispiel Andreas Maier. Er selbst würde wohl anmerken, dass er aus Bad Nauheim stammt, was gleich um die Ecke liegt. Aber er lebt in Frankfurt. Gerade rechtzeitig zur Messe ist bei Suhrkamp Band 3 seines auf 10 Bände angelegten Romanprojekts erschienen: „Die Straße“. Gestartet ist er mit „Das Zimmer“, dann kam „Das Haus“… man sich in etwa ausrechnen, wie es weitergehen wird. In der persönlichen Entwicklung des Ich-Erzählers sind wir von der der Wiege nun schon bei der Pubertät angelangt – auch hier ist der weitere Verlauf absehbar. Aber trotz dieses Rahmen ist alles andere nicht vorherzusehen und die bisweilen skurrilen Einsichten, die Maiers Romane gewähren, würde man sich für Südtirol wünschen: Klar in der Provinz verortete Geschichten, die damit kein Problem haben, denn sie sind ja nicht provinziell und müssen sich auch nicht gegen einen etwaigen solchen Vorwurf verteidigen. Er beschreibt eine kleine Welt, schafft aber große Literatur.

Andreas Maier hat auch den Roman „Klausen“ geschrieben und längere Zeit in Brixen gelebt. Wenn er auf der Buchmesse ist, verbringt er seine Zeit am liebsten an unserem Stand. Seit Jahren verbindet ihn eine Freundschaft mit Gottfried Solderer, der es mit namentlicher Erwähnung auch in eines von Maiers Büchern geschafft hat. In seinen ebenfalls bei Suhrkamp veröffentlichen Poetikvorlesungen, erschienen unter dem schlichten Titel „Ich“, schreibt Maier, dass er mit dem ganzen Literaturbetrieb und am allerwenigsten mit der Frankfurter Buchmesse etwas anfangen kann. Daher verbringe er seine Zeit auch am liebsten bei Gottfried am Stand bei Lagrein, Teroldego oder einem anderen Rotwein, der gerade aufgetischt wird. Eigentlich hat er ja recht: die Messe wird so erträglicher, das dumpfe Hintergrundgeräusch der Millionen Stimmen, Gespräche und Rufe, die durch die Hallen klingen, erscheinen dann leise, wattiert und entfernt. Man selbst entrückt in eine andere Welt und redet zur Abwechslung mal nicht von Büchern und Texten …

Warum also einer von Maiers Texten den Titel „Russen trinken viel, Südtiroler immer“ trägt, und warum Don Alphonso nach Meran statt nach Frankfurt will, muss noch herausgefunden werden. Aber schließlich ist morgen auch noch ein Tag.