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Politics | Parteien in Krise

Der Absturz des Partito Democratico

Kann sich der PD von seiner folgenschweren Niederlage erholen? Und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? In der Partei wird darüber lebhaft und kontrovers diskutiert.
Für das, was im Partito Democratico nach der jüngsten Wahlniederlage passiert, hat das Tagblatt La Stampa den treffendsten Titel gewählt: "Un partito in cerca della sua anima."
Die Zeitung spart dabei nicht mit Ironie: "Dalla notte del 25 settembre lo sport nazionale non è più il calcio, ma il tiro al PD. E´attaccato da tutti - da destra, dal centro e dalla sinistra." Für den Corriere-Kommentator Aldo Cazzullo steht eine bittere Wahrheit fest: "La verità è che la sinistra italiana ha subito la sconfitta più netta della sua lunga storia di sconfitte. Molto peggio che nel 1948, quando il fronte popolare prese il 33 per cento." Der langjährige PD-Parlamentarier Emanuele Fiano macht für das Desaster mangelnde Identitätsbildung verantwortlich: "Non è stata trovata un' identità socialdemocratica."
Symbolhaft für das Debakel des Partito Democratico steht die massive Niederlage in ihren einstigen Hochburgen der regioni rosse. So wurde in der Toskana der Präsident Enrico Rossi - eine Symbolfigur der Partei, von seinem Herausforderer der Fratelli d`Italia klar besiegt - ein Desaster. Der langjährige Fraktionschef im Parlament, Andrea Marcucci verlor dort klar gegen seinen Lega-Herausforderer Manfredi Potenti. Der Präsident der roten Vorzeigeregion Emilien, Stefano Bonaccini  - wichtigster Anwärter auf die Letta-Nachfolge - legt gnadenlos den Finger in die Wunde: "Il PD è un problema di credibilità, non di immagine, di sostanza e non di forma, di progetti e non di slogan, di classe dirigente, non di album delle figurine."
 
 
 
Die Wahlniederlage der Partei hat eine Menge Fragen hinterlassen, deren Beantwortung vielen Mitgliedern nicht leicht fällt. Für den scheidenden Parteichef Enrico Letta ist eines klar: "Basta governismo." Kritik kommt aus den Reihen der historischen Führungspersönlichkeiten. Für die ehemalige Ministerin Rosy Bindi etwa muss sich die Partei auflösen: Sì ad un nuovo cantiere. Il partito andrebbe sciolto e rifondato." Der langjährige Parteichef Massimo D´Alema betrachtet den Bruch mit der Fünf-Sterne-Bewegung als folgenschwersten Fehler des PD: "I dirigenti del partito hanno pensato che la fine di Draghi provocasse un´ondata popolare nel paese, travolgesse Conte e portasse il PD, la forza piú leale a Draghi, ad essere il primo partito. Non so che rapporto abbiano i dirigenti con la società italiana." Auch der ehemalige Parteichef Luigi Bersani sagt: "Basta primarie, serve un nuovo partito di sinistra. " Il dilemma non è sciogliere o non sciogliere il PD, ma allargare, l' esigenza di un profilo, di un collegamento con il tema del lavoro, di una forma di partito adeguata." Gnadenlos auch die Diagnose von Ex-Parteichef Achille Occhetto:" Il PD è senz'anima, deve aprirsi - serve un fronte largo contro i reazionari."
 
Il PD è senz'anima, deve aprirsi - serve un fronte largo contro i reazionari."
Ex-Pd-Chef Achille Occhetto
 
Die Namen der potentiellen Nachfolger Lettas sind seit Wochen bekannt: Emiliens President Stefano Bonaccini, Baris Bürgermeister Antonio De Caro, PD-Vizechef Giuseppe Provenzano und die auch in Südtirol gut bekannte Umweltaktivistin Elly Schlein. Für die Wahl aber steht noch kein Datum fest. Letta: "Bisogna votare a dicembre o gennaio." La Stampa stellt die Schlüsselfrage: " Conte o non Conte? Oppure Conte e Calenda? Tornare ad allearsi subito con i 5 stelle per fare opposizione insieme o imparare cosa signifca fare opposizione, arte dimenticata d troppo tempo dai Democratici." Auch die ehemalige Staatssekretärin Paola De Micheli (49)  hat ihre Kandidatur angekündigt: " Io ho ragioni potenti per candidarmi. Sono una donna grintosa, concreta e felice. Ho una visione di sinistra del paese. La Meloni sarà la prima donna premier e io la prima segretaria del PD, guiderò l' opposizione e torneremo a vincere."
Der scheidende Parteichef Enrico Letta gibt indessen die Marschrichtung vor: "Quando questo governo cadrà, noi chiederemo le elezioni anticipate. Saremo nettamente alternativi a questa destra." Auf die berechtigte Frage, warum die neue Regierung, die im Parlament über eine deutliche Mehrheit verfügt und gerade ihre Minister ernennt, stürzen sollte, gibt es freilich keine glaubwürdige Antwort. Aber bis zur nächsten Wahl dürften jedenfalls noch einige Jahre vergehen - eine Gnadenfrist.

 

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Stereo Typ Mon, 10/17/2022 - 12:31

D'Alema: "I dirigenti del partito hanno pensato che la fine di Draghi provocasse un´ondata popolare nel paese, travolgesse Conte e portasse il PD, la forza piú leale a Draghi, ad essere il primo partito. Non so che rapporto abbiano i dirigenti con la società italiana." - Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Parteiführung hatte sich in beispielloser Weise Draghi angedient, obwohl ein großer Teil der Gesellschaft keineswegs mit dessen Politik einverstanden war.

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Martin Sitzmann Mon, 10/17/2022 - 12:51

Der PD krankt wohl auch in besonderer Weise am typisch italienischen Phänomen:
- zu viele Alphatiere oder Möchtegern-Alphatiere und keine echten Teamplayer,
- keine Politikvision, sondern Drängeln um Pfründe und Macht,
- jede/r, der/die zu erfolgreich zu werden scheint, wird abgesägt, statt im Dienst der Sache unterstützt.
Erfreulich aber:
- irgendwie geht es in Italien immer weiter, auch bei unklaren und zerbrechlichen Verhältnissen ("La donna è mobile..."),
- Italien scheint Europa zu wichtig zu sein, um es scheitern zu lassen, daher werden die Milliarden weiter fließen...

Mon, 10/17/2022 - 12:51 Permalink
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Stefan S Mon, 10/17/2022 - 16:37

In reply to by Martin Sitzmann

"Italien scheint Europa zu wichtig zu sein, um es scheitern zu lassen,"
Italien scheitert an Italien, Europa verzögert das Ganze nur. Wichtig ja aber nicht um jeden Preis. Auf den Spagat von Meloni bin ich gespannt... wenn Sie überhaupt dazu kommt.
Ach ja, um es in Ihren Worten zu sagen, Europa ist nicht erpressbar, nicht von Putin, PIS oder diesem ungarischen Dummiebär. Wer ist Meloni?

Mon, 10/17/2022 - 16:37 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Mon, 10/17/2022 - 20:02

Hat der PD wirklich einen radikalen Wandel erlebt oder wurden da nur DC und PSI aufgewärmt? Das Wahlrecht haben die Bürger, und insofern bringt auch das ganze Gejammere nix. Welche glorreichen Taten hat der PD in den letzten Jahren vollbracht?

Mon, 10/17/2022 - 20:02 Permalink