Culture | Salto Afternoon

Säulenheiliger Fontana

Wertvolles Wiedersehen: Lucio Fontanas Skulptur aus der Eingangshalle des Bozner Hotel Alpi ist im Ristorante Torre der Fondazione Prada in Mailand aufgetaucht.
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Foto: Quelle: Salto.bz

Die vergessenste Säule Südtirols kann wieder bestaunt werden. Allerdings nicht in Bozen, sondern in Mailand. Die Geschichte dazu beginnt 1957, als der Geometer Leone Collini das Hotel Alpi in Bozen erbauen lässt. Bei der Innengestaltung wurde der Geometer vor allem von Ingenieur Armando Ronca unterstützt, dessen Projekte im vergangenen Jahr bei Kunst Meran gezeigt wurden. Ronca war ein angesagter und seit Ende der 1930er Jahre in Bozen arbeitender Baumeister mit guten Kontakten in die Kunst- und Designszene Italiens. Er war es, der den großen Lucio Fontana zur Realisierung einer Säule für die Empfangshalle des Hotel Alpi nach Bozen lud. Fontana machte.
60 Jahre später sind in Südtirol weder Kunstwerk noch Skizzen zur Arbeit auffindbar. Warum?

„Leider ging damals alles sehr schnell“, erinnert sich die Direktorin des zeitgenössischen Kunstwürfels in Bozen Letizia Ragaglia und gibt zu verstehen: „Im Museion wussten wir gar nichts von der Veräußerung des Werkes.“
Fontanas Säule erzählt mit Spiralen-, mit Mond- und Sonnenmotiven, über Ritter und Tänzer. Vom hiesigen Kunstbetrieb wurde sie kaum wahrgenommen, später vergessen und schlummerte im Hotel gut vier Jahrzehnte im Dornröschenschlaf. Sogar die Fondazione Lucio Fontana, die von dieser Bozner Arbeit nichts wusste, wurde erst Ende der 1990er Jahre auf die Säule aufmerksam. Gleich darauf feierte der bekannte Kunstkritker Enrico Crispolti Fontanas Keramikskulptur als bedeutende Wiederentdeckung. 

2011, kurz bevor das "Alpi" den Hotelbetrieb einstellte, wurde das Kunstwerk abgebaut, landete als Auktions-Los bei Christie's in London und wechselte dort für 630.000 Euro den Besitzer.
Natürlich wäre es wunderbar gewesen, das Werk auf dem Territorium zu behalten, aber wir hätten sicher nicht die Mittel dafür gehabt“ meint Letizia Ragaglia heute. 
Bitter für den lokalen Kunstbetrieb, bitter möglicherweise auch für den engagierten Kunstsammler Heinz Peter Hager. Er saß nicht nur mehrere Jahre im Stiftungsausschuss des Museion, sondern lotste vor allem den Innsbrucker Immobilienmogul René Benko nach Bozen, der das Hotel kaufte, nicht aber Fontanas Säule: „Das Werk wurde vom Eigentümer vor dem Verkauf abmontiert“ erinnert sich Hager.
Offen bleibt, weshalb sich niemand auf lokaler Ebene um die international wertvolle Säule bemühte. 

Nun ist die Alpi-Säule wieder aufgetaucht. Sie schmückt - fein säuberlich restauriert - das Restaurant Torre, im neuen, von Rem Kohlhaas entworfenen Gebäude, der Fondazione Prada in Mailand.

Völlig restauriert (siehe Detail PDF) spielt Fontanas Säule nun im Reigen zahlreicher bekannter Künstler und Künstlerinnen (u.a. William N. Copley, Jeff Koons, Goshka Macuga, John Wesley, John Baldessari, Thomas Demand, Nathalie Djurberg & Hans Berg, Elmgreen & Dragset, Joep Van Lieshout, Mariko Mori, Tobias Rebherger, Andreas Slominski, Francesco Vezzoli) In der Bar sind zwei weitere Fontanas zu sehen: Cappa per caminetto (1949) und Testa di medusa (1948-54). Das 215 m² große Bar-Ambiente bezeichnet Entwurfsmeister Rem Koolhaas als eine "Collage an Themen", als "Kombination aus Kunst und Design".
Nach Bozen wird die Fontana-Säule wohl nicht mehr so schnell kommen. Allerdings besteht seit der aufwendigen Restaurierung ein 3D-Scan, den man auf die Medienfassade des Museion projizieren könnte. Ab und zu, als Erinnerung.