Environment | Zebra

Den Bettwanzen auf der Spur.

Labradorretriever Nelly ist der einzige geprüfte Bettwanzenspürhund Italiens. Dafür hat sie eine aufwändige Ausbildung in der Schweiz absolviert. Eine Reportage.
Spürhund
Foto: Roman Unterrainer
Wenn der Brixner Roman Unterrainer auf Reisen geht und seine Hündin gerade nicht dabeihat, dann inspiziert er sein Hotelzimmer fein säuberlich, bevor er seinen Koffer aufklappt und damit riskiert, einen unerwünschten Passagier mit nach Hause zu nehmen. Wenn Nelly hingegen mitreist, dann macht sie eine Schnüffelrunde im Zimmer.
Die Hündin ist seit einigen Jahren fixer Bestandteil des Teams von Schädlingsbekämpfer Unterrainer und seinem Unternehmen Insectokill. Im Sommer, wenn die Wanzen Saison haben, kommt sie regelmäßig zum Einsatz. In Hotels, auf Almhütten und eigentlich überall, wo regelmäßig wechselnd Menschen übernachten, können Bettwanzen auftreten. Wer viel reist, riskiert auch, die kleinen Quälgeister in die eigenen vier Wände mitzubringen, wo sie dann  nachts aus ihren Verstecken krabbeln und sich meist erst durch unangenehm juckende Bisse bemerkbar machen.
Dann muss professionelle Hilfe her. Durch ihre Ausbildung erschnüffelt Nelly Wanzen und ihre Nester in jeder noch so kleinen Bodenritze, unter Teppichen und hinter Schränken. „Nelly ist unser Kontrollorgan. Dank ihrer Hilfe finden wir schnell und unkompliziert heraus, ob ein Befall besteht oder nicht. Sie ist es auch, die am Ende jedes Einsatzes die Abschlusskontrolle macht“, erklärt Unterrainer, der den Tierchen in der Regel mit Hitze zu Leibe rückt.
 
 
 
Insekten und ihre Eier bestehen zum Großteil aus Eiweiß, welches bei Temperaturen über 40 Grad bekanntlich gerinnt. Betroffene Räume werden anhand spezieller Vorrichtungen für einen bestimmten Zeitraum aufgeheizt und die Tiere verenden dann ohne den Einsatz jeglicher Chemikalien. Die Hygienestandards in Europa sind heute zwar so hoch wie nie, aber dennoch gehören Schädlinge immer noch zum Alltag in Industrie-, Handel und Gastronomie.
Bei den unliebsamen Tierchen wird dabei zwischen Hygieneschädlingen wie Ratten, Mäusen, Schaben und Materialschädlingen unterschieden. Zu letzteren gehören Holzwürmer, Motten, Milben, Speckkäfer.
 
Die Hygienestandards in Europa sind heute zwar so hoch wie nie, aber dennoch gehören Schädlinge immer noch zum Alltag in Industrie-, Handel und Gastronomie
 
In Italien ist der Beruf des Schädlingsbekämpfers, umgangssprachlich immer noch als „Kammerjäger“ bezeichnet, kein geschützter Beruf. Anders ist das etwa in Deutschland oder der Schweiz, wo es eine entsprechende Lehre, Weiterbildungen und einen Berufsverband gibt, dem auch der Brixner Schädlingsbekämpfungsbetrieb angehört. Der Verband informiert ständig über Neuerungen in der Branche. Denn die technische Innovation macht auch vor diesem Sektor nicht halt und die Tendenz geht klar in Richtung Vermeidung von Chemikalien und umweltschädigenden Praktiken.
Dies ermöglichen zum einen tierische Mitarbeiter*innen wie Nelly, aber auch die Technologisierung bietet hier ganz neue Möglichkeiten. So können in großen Lebensmittelbetrieben etwa smarte Klappfallen für diverse Nager installiert werden, die den Zuständigen automatisch informieren, sobald sie ausgelöst werden. Auf das ständige Kontrollieren der Fallen kann dann verzichtet und bei Bedarf schnell und zielgenau agiert werden.
 
 
 
Wenn neue Kundschaft den Betrieb in Brixen kontaktiert, erkundigt sie sich fast immer auch danach, wie die Mitarbeiter gekleidet, oder ob ihre Dienstfahrzeuge klar als solche erkennbar sind.
 
In der modernen Bekämpfung von Schädlingen gehören Giftköder großteils der Vergangenheit an, und die Technologie kann noch mehr: Fliegen im Lebensmittelbereich werden mit elektrischen Lichtfallen reduziert und ausgeschwärmte Bienenvölker oder Wespen mit speziellen Saugvorrichtungen entfernt, bei denen die Tiere sogar unbeschadet bleiben.
Dennoch möchten die meisten auf den Besuch des „Kammerjägers“ gänzlich verzichten. Wenn neue Kundschaft den Betrieb in Brixen kontaktiert, erkundigt sie sich fast immer auch danach, wie die Mitarbeiter gekleidet, oder ob ihre Dienstfahrzeuge klar als solche erkennbar sind.
Dabei tragen moderne Schädlingsbekämpfer*innen weder Anzüge noch Schutzmasken (außer wenn unbedingt nötig) und ihre Fahrzeuge sind diskret. Das Tabu rund um Schädlinge und die Vorurteile bezüglich Hygiene und Qualität eines Unternehmens oder Betriebes sind groß. „Viel mehr sollten wir dem Unternehmen vertrauen, wo regelmäßig der Schädlingsbekämpfer vorbeischaut, als jenem, wo es anscheinend keine Schädlinge gibt. Dem ist in den allermeisten Fällen nicht so“, sagt Roman Unterrainer abschließend.
Denn: Es kann jede*n treffen. Auch vor privaten Haushalten machen Wanzen, Würmer, Motten und Nager nicht Halt. Penible Reinlichkeit taugt nur teilweise zur Vorbeugung. Deshalb gilt: Wenn es akut wird, lieber früher als später professionelle Unterstützung holen und nicht in Eigenregie zur Sprühdose greifen.
Das kann Zeit, Geld und Nerven sparen und dazu noch die Umwelt schonen.