Culture | Salto Afternoon

timb¬ there is more behind

Eine Auszeit vom Studium wollten Manuel und Silvano sich nehmen, entstanden ist H33.7, ein Möbelstück, das einen „geklauten Moment“ darstellt.
timb-studio
Foto: timb-studio

Manuel Bonell aus Truden und Silvano Patton aus Trient lernten sich in Innsbruck während ihres Architekturstudiums kennen. Sie sind zwei junge Designer, die ihren ganz eigenen Weg gehen. Ihr Bachelorstudium schlossen sie in Mindeststudienzeit ab. Danach folgte ein Jahr Auszeit. „Wir wollten unseren eigenen Weg finden, das Erlernte umsetzen und was Eigenes schaffen“, erzählt Manuel. Sie experimentierten, sammelten Ideen. Dann im Jänner 2016 gründeten sie timb¬. Der Name steht für „es steckt mehr dahinter“. Dieser Leitgedanke durchzieht alle ihre Projekte. Das Möbelstück H33.7 ist ihr eigenes Projekt, in welchem sie unterschiedlichste Disziplinen – Kunst, Architektur, Design, Musik, Fotografie - vereinen. „Wir betrachten Design als formalen Vereinigungsprozess von Funktion und Ausdruck, das mit dem Betrachter kommuniziert“, stellten sich Manuel und Silvano vor.

H33.7

Die Bedeutung des Namens des Möbels wollen die beiden nicht verraten. Jeder solle diesen selbst interpretieren, quittiert Manuel die Frage danach. Etwas später im Gespräch aber verweisen sie auf den Industriecharakter des Namens. Er sei ähnlich einer Seriennummer. Die Idee zu H33.7 kam ihnen in einer der Warteschlangen zu den Pavillons der EXPO in Mailand. Der Architektur dieses Kunstobjektes ging die Fotografie voraus und Tanz, Design und Mode rundeten den gesamten Prozess ab. Silvano Patton beschreibt den Hocker als geklauten Moment: “Es ist quasi ein intimer Moment, den wir darstellen wollten und in der Abstraktion ein Möbel bauen wollten. Allein die Dynamik des Möbels wirkt fast unstabil, wie die Pose. Auch das Foto ist an sich eine Fotografie des Momentes des Fallens der Personen. Im Möbelstück findet sich das Vertrauen wieder, aufgefangen zu werden, die Kommunikation mit den Augen, die Haltung, die Spannung und die Leidenschaft. Es sind alles Kleinigkeiten, und trotzdem spürt man sie im Möbelstück.“ Jede Linie, die Materialien und Farben wurden gezielt gewählt. Die Form des Metalls ist der Pose nachempfunden. Das alte Sitzleder weist auf den Verwendungszweck hin. Die rote Farbe repräsentiert die Leidenschaft der beiden Köper, ihr Vertrauen ineinander aufgefangen zu werden und lädt ein, das versteckte Fach zu entdecken. Der anthrazitfarbene Anstrich mit einer blauen Note gibt dem Hocker noch die richtige Schärfe, verleiht aber auch die nötige Leichtigkeit für die Präsenz im Raum. „Es ist ein männliches Objekt, spitz-filigran und doch stark. Weiche Konturen gibt es nicht“, so Manuel Bonell. Am Anfang stand die Idee des Kunstobjektes, woraus sich das Möbelstück entwickelte. Nach dessen Entwicklung kehrten die beiden wieder auf diesen künstlerischen Moment zurück. H33.7 wurde in zwei Ausstellungen präsentiert. Tänzer des Landestheaters von Innsbruck interpretierten auf ihre Weise das Kunstobjekt. „Wir ließen den Tänzern in ihrer Performance jeglichen Freiraum. Es war sehr spannend und schön zu sehen, dass Ideen und Gedanken, die uns wichtig waren, aufgenommen wurden“, beschreibt Silvano den elektrisierenden Moment. Die Kostüme entwarf die Designerin Theresa Mair, auch sie hielt sich an die Farben und Formen des Möbels.

timb¬

Jetzt im Herbst beginnen die Beiden ihr Studium in Wien. Sie wurden an der Akademie der bildenden Künste in Wien angenommen und werden das Masterstudium für Architektur besuchen. Der interdisziplinäre Ansatz der Bildung ist ihnen wichtig. Die verschiedenen Projekte im Jahr der Auszeit geleiteten sie auf diesen Weg. Einfach war es für sie nicht immer. Neben ihren Jobs arbeiteten sie an verschiedensten Projekten – auch für Auftraggeber. Das Möbelstück H33.7 ist ihre Eigenkreation. Sie waren frei in der Gestaltung. Bei Auftragsproduktionen ist diese Freiheit nicht immer gegeben. „Während des Studiums hat man die Theorie. Bei der Umsetzung der eigenen Ideen müssen Kompromisse eingegangen werden. Beim Möbelstück haben wir immer an unserer Idee festgehalten und mussten feststellen, dass wir eher weniger kompromissbereit sind -eigentlich nur dort wo die Notwendigkeit besteht“, beschreibt Manuel ihr Festhalten an der Idee. Auch in ihren anderen Projekten, wie beispielsweise für den Ideenwettbewerb Melo – einer Strandhütte inmitten in Paris – wählten sie neue Wege. Sie lösten sich vom kubischen Design, nahmen weichere rundere Formen. Bei der Wahl der Materialien setzten sie auf recyclebare Stoffe. Entstanden ist ein Projekt, das sich abseits vom Bekannten bewegt. Belohnt wurden die Beiden für ihre Idee mit dem zweiten Platz. Das Gewinnerprojekt sei vom Konzept her sehr ähnlich, doch ist aber die Außenform einem typischen Strandhaus nachempfunden, es sei einfacher produzierbar, beschreiben sie die Idee des Gewinners. „Je mehr man sich aus dem standardmäßigen Raster hinaus begibt, umso mehr muss man Eigeninitiative zeigen, um Lösungen zu finden. Solange man sagt, man geht Kompromisse ein, umso stereotyper wird die Sache. Wenn du dich davon entfernen willst, musst du bewusster die Sachen suchen und eigene Konzepte entwickeln. Der Prozess ist sehr schwierig, es macht viel Spaß“, stimmen Silvano und Manuel überein.


SALTO in Kooperation mit:
Die Weinstraße, unabhängige Zeitschrift fürs
Überetsch, Unterland und mittlere Etschtal.