Politik | Gemeindeausschüsse

Quote unter Dach und Fach

Nun ist es geschafft. Der Regionalrat beschließt die Neuregelung zur Zusammensetzung der Gemeindeausschüsse.

UPDATE

Sie hat den Zieleinlauf geschafft, die neue Quotenregelung für die Zusammensetzung der Gemeindeausschüsse. Nach einer nicht kontroversen Debatte stimmten schließlich 34 Abgeordnete im Regionalrat für und 6 gegen den von den drei Trentiner Abgeordneten eingebrachten Gesetzentwurf zum gleichberechtigten Zugang für beide Geschlechter zum Gemeindeausschuss. Somit kommt in Zukunft die Regelung zur Geltung, dass bei der Berechnung der Geschlechtervertretung im Ausschuss die Dezimalstellen unter 50 auf die nächstniedrigere ganze Zahl abgerundet werden. Gestrichen wurde hingegen der zweite Teil des Art. 1, der die Anwendung des Gesetzes auch auf die Gemeindeausschüsse, die nach den Wahlen vom 10. Mai gebildet wurden, vorsah. “Dieser zweite Teil ist nicht nötig”, begründete Rodolfo Borga, der den Änderungsantrag zur Streichung einreichte seinen Schritt, “das Gesetz, einmal in Kraft, wird auf alle weiteren Entscheidungen angewendet.” Doch stellte er klar, dass dieses Gesetz eine Umbildung der bestehenden Ausschüsse zwar nicht erzwinge, aber durchaus ermögliche. “Ich gehe nicht davon aus, dass von dieser Regelung eine Änderung der Gemeindeorgane ausgeht”, meinte Dieter Steger. Sein Parteikollege Sepp Noggler hatte im Vorfeld aufgezeigt, dass etwa 50 bis 60 Gemeinden nun ihre Ausschüsse umbesetzen könnten. Daher wollte die SVP gesetzlich verhindern, dass auch die nach den Wahlen im Mai eingesetzten Gemeindeausschüsse umgebildet werden können. Mit ihrem Antrag scheiterte sie im Regionalrat, will nun aber zumindest parteiinterin ihre Bürgermeister verpflichten, in den kommenden zweieinhalb Jahren keine Frauen aus den Ausschüssen zu verbannen.

Die vom Regionalrat gutgeheißene Korrektur der Rundungsregel soll künftig auch bei der Zusammensetzung des Rats der Gemeinden sowie den Bezirksausschüssen zur Anwendung kommen. “Das war die Grundvoraussetzung für diesen Kompromiss”, ließ die SVP-Landesfrauenreferentin Renate Gebhard am Mittwoch Abend verlauten. Landeshauptmann Arno Kompatscher und Gemeindenlandesrat Arnold Schuler hätten diesbezüglich bereits ihre Zustimmung signalisiert. Das Thema soll am kommenden Montag in der SVP-Parteileitung auf den Tisch kommen, ebenso wie das Frauen-Rauswurf-Verbot für die SVP-Bürgermeister. “Es geht uns insgesamt um eine Regelung, welche die Verhältnismäßigkeit in der Vertretung beider Geschlechter garantiert sowie Klarheit für die Gemeinden schafft”, erklärte SVP-Obmann Philipp Achammer.


Die Debatte am Vormittag

Die Zeit drängt ein wenig. “Bis zum 18. November muss dieses Problem gelöst sein”, sagte Sepp Noggler bereits Ende September. Denn an jenem Tag findet die Hauptverhandlung in Sachen Frauenquote vor dem Verwaltungsgericht statt. Dort wird endgültig entscheiden, ob der Rekurs der zwei Gemeinden Glurns und Kurtinig angenommen wird. Bekanntlich wurden die beiden Gemeinden von der Landesregierung aufgefordert, ihre Ausschüsse den geltenden gesetzlichen Bestimmungen anzupassen und die vorgeschriebene Frauenquote zu erfüllen. Dagegen rekurrierten die beiden kleinen Gemeinden. Bis zur Entscheidung am 18. November hatte der Verwaltungsgerichtshof den Beschluss der Landesregierung auf Eis gelegt. Nun liegt der Ball beim Regionalrat.

Dieser könnte dem Urteilsspruch zuvorkommen und durch eine Abänderung des entsprechenden Gesetzespassus den beiden Gemeinden zu Hilfe eilen. Aus diesem Grund wurde die Debatte zum Gesetzentwurf Nr. 54 zur Änderung der Regelung für die Gleichberechtigung beim Zugang vom Gemeindeausschuss am Mittwoch Vormittag im Regionalrat vorgezogen – auf Antrag von Dieter Steger. Einbringer des Entwurfs sind wie berichtet die drei Trentiner Abgeordneten Rodolfo Borga, Claudio Cia und Claudio Civettini. Sie fordern darin, dass das berühmt-berüchtigte Wörtchen “mindestens” aus dem geltenden Regionalgesetz gestrichen und erst bei Dezimalstellen über 50 aufgerundet wird. Bislang ist vorgesehen, dass das “unterrepräsentierte Geschlecht” im Ausschuss “im Verhältnis zu seiner Stärke im Gemeinderat garantiert werden” muss. Was mit sich brachte, dass in jedem Fall aufgerundet wurde, auch bei Dezimalstellen unter 50. Selbst beim Beirat für Chancengleichheit konnte man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass künftig bei Dezimalstellen unter 50 abgerundet werden sollte. Weniger Freude zeigte Ulrike Oberhammer hingegen mit dem zweiten Absatz des von Borga, Cia und Civettini eingebrachten Gesetzentwurfs.

Dieser besagt, dass das neue Gesetz rückwirkend, sprich “auch auf die Gemeindeausschüsse Anwendung [findet], die nach den Wahlen vom 10. Mai gebildet wurden”. Zweifel auch bei der SVP-Regionalratsabgeordneten Magdalena Amhof. Sie befürchtet, dass viele Frauen in zahlreichen Südtiroler Gemeinden gezwungen werden könnten, ihr Amt im Ausschuss niederzulegen, wenn dieses Gesetz auch rückwirkend anzuwenden sei. “In mindestens 50 Gemeindeausschüssen würde dadurch eine Umbildung notwendig”, weist auch Sepp Noggler hin. Die SVP präsentierte gemeinsam mit weiteren Teilen der Mehrheit daher im Vorfeld der Behandlung im Regionalrat einen Abänderungsantrag zum Gesetzentwurf, mit denen die derzeitige Zusammensetzung der Gemeindeausschüsse gerettet werden soll. Sepp Noggler hatte die Idee, den Entwurf dahingehend zu ergänzen, dass bei der Zusammenstellung des Gemeindeausschusses auch die Möglichkeit besteht, beim unterrepräsentierten Geschlecht über die Verhältnismäßigkeit hinauszugehen. Eine andere Formulierung für jenes “mindestens”. “Das würde all jene Gemeinden retten, die schon einen Ausschuss gegründet haben und dabei verhältnismäßig mehr Frauen berufen haben als im Gemeinderat sitzen”, so Noggler. Eindeutig sprach sich die Opposition im Laufe der Debatte am Mittwoch Vormittag dagegen aus. “Wenn man der Meinung ist, dass die derzeitige Regelung falsch ist, muss man die neue Regelung auf alle anwenden”, protestierte einer der Initiatoren des Gesetzentwurfs, Rodolfo Borga. Auch Andreas Pöder und die Freiheitlichen legten sich quer. “Wenn die Gemeinden die Anwendung einer unsinnigen Regel wieder rückgängig machen wollen, dann haben sie ein Recht dazu”, so Pöder.

Ebenso wie die Freiheitlichen sei er jedoch grundsätzlich gegen eine Quote. Diese sei eine “Missachtung des Wählerwillens”, zeigte sich Pius Leitner überzeugt. Walter Blaas, der den Einbringern des Entwurfes zwar dankte, aber bedauerte, dass er nun zu einer “Sanierung der Probleme von Kurtinig und Glurns” umfunktioniert werden solle, meinte: “Das Problem ist die Quote selbst.” “Mit Quoten richten sich die Parteien das Wahlergebnis so ein, wie sie es gerne hätten”, kritisierte auch Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit. Unverständnis hingegen bei Maria Hochgruber Kuenzer. Die SVP-Vertreterin im Regionalrat sagte: “Ich verstehe nicht, warum so viel Energie aufgewendet wird, um eine Quote zu verhindern. Es ist bekannt, dass die Frauen noch etwas Unterstützung brauchen.” Sowohl in der Politik als auch in der Kirche gebe es für Frauen noch Nachholbedarf und “Türenöffner”. Auch Riccardo Dello Sbarba von den Grünen wunderte sich, wie man gegen eine Quote sein könne: “Die Quote ist allgemein ein vorläufiges und notwendiges Korrektiv.” Allerdings bedauere er, dass die Debatte am Mittwoch zu einem “Turnier zwischen Frauen und Männern” geworden sei.