Gesellschaft | Frauenquote

Mathematik im Regionalrat

Noch vor dem Verwaltungsgericht will der Regionalrat einen Schlussstrich unter den Streit um die Frauenquote ziehen. Und der Frauenprotest bleibt weitgehend aus.

Aufrunden oder Abrunden: Diese umstrittene Frage zur Frauenquote im regionalen Wahlgesetz hat seit den Gemeindewahlen im Mai jede Menge Staub aufgewirbelt und letztendlich zu einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geführt. Doch noch bevor dort in der Hauptverhandlung am 18. November endgültig in der Causa gerichtet wird, soll die leidige Diskussion im Regionalrat beendet werden. Am 24. September will Regionalassessor Sepp Noggler in der Gesetzgebungskommission einen bereits vorliegenden Gesetzesentwurf der drei Civica-Trentina-Abgeordneten Rodolfo Borga, Claudio Cia und Claudio Civettini ergänzen. Die Abgeordneten der dem rechten politischen Lager zuordenbaren Liste hatten im August dieses Jahres jenen Vorschlag aufgewärmt, mit dem Noggler bereits Ende 2014 zwei Mal in der eigenen Mehrheit abgeblitzt war: einer Korrektur der Bestimmung, mit der eine Grundregel der Mathematik ausgesetzt wird. Denn werden Dezimalstellen unter fünfzig gewöhnlich auf die nächstniedrige Zahl abgerundet, sieht das Wahlgesetz nur eine Aufrundung des Quotienten vor, mit dem auf Basis der gewählten Gemeinderätinnen der Frauenanteil im Gemeindeausschuss berechnet wird.

Auch wenn der Passus bei seiner ersten Anwendung nach den Wahlen im Mai gerade einmal in zwei von 109 Gemeinden für Probleme sorgte, war das Theater darum in den vergangenen Monaten beachtlich. Zu Berühmtheit brachten es dabei vor allem die 650-Seelen-Gemeinde Kurtinig und ihr kampfeslustiger Bürgermeister Manfred Mayr, der sich persönlich ins Zeug legte, um gegen die seiner Meinung nach ungerechte Tatsache anzukämpfen, dass er bei einem Quotienten von 2,08 drei Referentinnen berufen müsste – und somit die Minderheit im Gemeinderat die Mehrheit im Ausschuss stellen würde. Anders gelagert ist das Problem in Glurns, wo man wegen des Zwangs zur Berufung von außen vor das Verwaltungsgericht zog.

Einsichtige Frauen

Zumindest politisch haben allerdings mittlerweile auch überzeugte Quotenverfechterinnen eingesehen, dass die aktuelle Diskussion Frauen mehr schadet als bringt – ob SVP-Frauenchefin Renate Gebhard oder die Grüne Co-Sprecherin Brigitte Foppa. „Ich bin in der Theorie immer hinter der Aufrundung gestanden“, sagt Foppa. „Doch die Praxis hat uns nun gezeigt, dass sie vor allem in kleinen Ausschüssen nicht funktioniert.“

Selbst beim Beirat für Chancengleichheit kann man damit leben, dass im Gesetz künftig unter Dezimalstellen von 50 abgerundet wird. Nicht einverstanden sind die Mitglieder des Landesbeirats dagegen mit einer rückwirkenden Anwendung der Bestimmung, bringt Präsidentin Ulrike Oberhammer die Diskussion in einer Beiratssitzung am Dienstag Abend auf den Punkt. „Denn einerseits haben sich alle anderen Gemeinden an die Bestimmung gehalten, andererseits würde man damit in ein laufendes Verfahren eingreifen“, sagt Oberhammer. 

Doch  genau das ist der Plan von Sepp Noggler, der offen davon spricht, dass die zwei rekurrierenden Gemeinden auch mit einer rückwirkenden Bestimmung gerettet werden sollen. Dies ist auch schon im vorliegenden Gesetzesvorschlag der Trentiner Abgeordneten vorgesehen:

 

 

Damit in der ohnehin unglücklich gelaufenen Causa nicht noch weitere Probleme entstehen, will Noggler nun noch ergänzen, dass bei der Zusammenstellung des Gemeindeausschusses auch die Möglichkeit besteht, beim unterrepräsentierten Geschlecht über die Verhältnismäßigkeit hinauszugehen. Eine andere Formulierung für jenes „mindestens“, das in den vergangenen Monaten für so viel Aufregung gesorgt hat. „Das würde all jene Gemeinden retten, die schon einen Ausschuss gegründet haben und dabei verhältnismäßig mehr Frauen berufen haben als im Gemeinderat sitzen“, erklärt Noggler.

Wenn diese nicht mehr rechtmäßig im Ausschuss sitzen könnten, wäre die Geschichte schließlich endgültig ad absurdum geführt. Schließlich wurde mit der Bestimmung, die Frauen durch eine bessere politische Vertretung stärken sollte, bereits genug Schaden angerichtet. Mit ein wenig Mathematik im Regionalrat wäre dies wohl vermeidbar gewesen.