Umwelt | Skipistenstreit in Sexten

Sexten: Nun wird auch den Richtern gedroht

Der Konflikt um die Skischaukel in Sexten schaukelt die Emotionen zunehmend auf. Nun werden selbst die Richter des Verwaltungsgerichts zur Zielscheibe anonymer Flugblattschreiber.

Mit der Kandidatur des Umweltaktivisten Hans Peter Stauder für die Grünen wird der Skipistenstreit in Sexten immer mehr zum Wahlkampfthema. Dass es dabei neben unterschiedliche Ansichten über die wirtschaftliche Entwicklung eines Tals zunehmend um demokratische Grundregeln und die Konfliktkultur im Land geht, beweisen nicht nur die  Drohungen gegen Stauder selbst, sondern auch Flugzettel, diederzeit im Dorf kursieren. Auf einem Zettel wird dazu aufgefordert, den „Grünen“ und dem Ortner Peter die Häuser anzuzünden, auf einem anderen Zettel wird gegen die Richter des Verwaltungsgerichtes geschürt, erzählt Hanspeter Stauder.

„Das ist wirklich unglaublich“, meint auch der Bozner Anwalt Toni von Walther, der die Projektgegner rechtlich vertritt. „In anderen Ländern wäre so ein Angriff gegen ein Verfassungsorgan strafbar“. In Italien, wo ein mehrmaliger Regierungschef den Angriff auf Richter gewissermaßen salonfähig gemacht hat, werde es aber wahrscheinlich schwierig sein, die Urheber solcher Aktionen zur rechtlichen Verantwortung zu ziehen. „Zumal man sowieso nicht herausfindet, wer dahinter steckt“, so von Walther. Er kritisiert die inhaltlich verzerrte Kampagne gegen die Projektgegner: „Hier werden Positionen völlig falsch dargestellt“, sagt er. „Ausgehend davon, dass es nie um eine generelle Ablehnung einer Skiverbindung ging, sondern nur um diese Variante, bei der ein gesamter Hang neu erschlossen werden muss.“

Auch Heimatschützer Peter Ortner, der in Sexten sein Uralubsdomizil hat, sieht das Grundproblem in Sexten in der mangelnden Sachlichkeit der Diskussion. „Es gibt hier absolut keine Streitkultur“, sagt er, „man ist entweder Freund oder Feind.“ Von Drohbriefen gegen ihn selbst weiß Ortner zwar noch nichts. Ganz geheuer ist ihm die emotional hochgeschaukelte Stimmung an seinem Zweitwohnsitz allerdings nicht mehr. „Vor allem vor der Kundgebung der Befürworter war ich besorgt, damals habe ich auch die Carabinieri angerufen, und sie gebeten meine Wohnung im Augen zu behalten“, erzählt er.

Immerhin ist der Heimatschützer bereits ein gebranntes Kind. „Als ich mich um die Jahrtausendwende dafür eingesetzt habe, dass die Sextner Sonnenuhr nicht mit Laserstrahlen beleuchtet wird, wurde ich tatsächlich bedroht.“ Damals konnten die Ordnungskräfte den Urheber ausmachen. Ortner selbst lässt die Angelegenheit allerdings mit noblem Schweigen über Namen ruhen.

Dem frischgebackenen Grünen Landtagskandidaten Hans Peter Stauder bleibt in jedem Fall ausreichend Stoff für seinen Wahlkampf. „Die Verantwortung für mögliche Anschläge liegt ganz klar bei den Leuten, die das Protesttheater am 31. August in Sexten veranstaltet haben“, kommentiert er die aktuellen Flugblätter. „Den Politikern der SVP, die beim provokativen Theater mitgemacht haben und dem Sextner Bürgermeister, der nichts unternimmt, die angespannte Situation zu mildern.“ 

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Norbert Pfeifhofer Di., 10.09.2013 - 19:35

Das, was teilweise in der Presse steht, ist maßlos übertrieben! Sicher ist Herr Stauder nicht der beliebteste Mensch in Sexten und Umgebung! Das er dadurch mal bös angeredet wird und viel Kritik erhält ist nichts neues und schon lange vor der ganzen Geschichte passiert! Aber solche Zettel von Morddrohungen und dieser vom Bild habe ich als Sextner noch nicht zu Gesicht bekommen. Deshalb bitte nicht alles glauben, es ist bei weitem nicht so schlimm wie oben beschrieben!

Di., 10.09.2013 - 19:35 Permalink
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Jenny Lein Di., 10.09.2013 - 20:28

Antwort auf von Norbert Pfeifhofer

Ich finde es ganz und gar nicht übertrieben, eher untertrieben... Solche Themen müssen angesprochen werden, hier werden grundlegende Menschenrechte verletzt und es wird gegen demokratische Grundsätze verstoßen.
Übertieben ist die Propaganda des Wirtschaftsaufschwungs und der Arbeitsplatzbeschaffung.

Kann nur aus eigener Erfahrung sprechen:

Es ist traurig, was in Sexten passiert.
Ein kleines Wort des Zweifels genügt, um mit Feindseligkeit konfrontiert zu werden. So habe ich zB. einmal angemerkt, dass es schon etwas seltsam scheint, dass gerade Samstag/Sonntag vor Ferragosto mit den Arbeiten begonnen wurde. Sofort wurde ich angeschrien, es wäre ja ihr gutes Recht gewesen, ich würde jetzt auch schon ein “Grüner” sein, ich würde mich ja eh nicht auskennen, weil … (persönlicher Angriff). Und das alles auch noch von einem Mitglied meiner eigenen Familie. Es hat mich traurig gemacht, ganz besonders deshalb, weil dieses Familienmitglied komplett falsch informiert war, wie zB. wann “der Rekurs” eingereicht wurde (behauptet wurde am Montag nach Baubeginn (“Immer im allerletzten Moment!”), was falsch ist, es handelte sich schließlich nicht um einen Rekurs, sondern um 3, einer davon bereits lange vor Baubeginn eingereicht!). Es blieb mir jedoch verwehrt, diese Falschinformation auszubessern, da ich erstens angeschrien wurde und man hat mich auch gar nicht erst zu Wort kommen lassen. Dabei möchte ich anmerken, dass niemand weiß, dass ich Admin der Kontra-Facebook-Seite bin – d.h. diese kleine Äußerung hat bereits ausgereicht, von einem Familienmitglied angeschrien, persönlich angegriffen und eingeschüchtert zu werden.
Auch hatte ich die Möglichkeit, mit einem Hotelier kurz darüber zu sprechen. Dieser merkte an, dass es für ihn ganz unglaublich ist, wie sich die Leute in dieses Thema hineinsteigern, ganz so, “als würde ihr eigenes Leben davon abhängen”. Wenn man nicht zu 100% für diese Verbindung ist, dann ist es besser, ganz still zu sein, denn sonst “krigschis afn Deckl”. Wie gesagt, dieser Gesprächspartner ist selber Hotelier und hat mir dann ganz offen gesagt, dass er ja eh nicht von dieser Verbindung profitiere, allein die Investoren und “der Senfter” würden das tun, “denan kerat eignlich amo selbo afn Deckl!”. Eine Bekannte dieses Hoteliers hätte es sich auch einmal erlaubt, leichte Zweifel an der Rentabilität dieses Projektes zu äußern – was zur Folge hatte, dass sie angeschrien, ausgelacht und als Grüne bezeichnet wurde. Verärgert wäre sie gewesen: “Man darf ja gar nichts mehr sagen!”
Andernorts habe ich gehört, dass jemand vom Würstelstand hinausgeworfen wurde, er hätte es gewagt “den Grünen Recht zu geben”. Er solle ja nie mehr wieder einen Fuß hereinsetzen, wurde ihm nachgerufen. Stauder selbst bekäme selbst in Innichen in keiner Bar mehr etwas zu trinken. Selbst Schuld, solle er doch irgendwann mal “nachgeben”. Er bringe mit diesem “Theater” seine ganze Familie in Gefahr, aber dieser Sturkopf könne ja nie nachgeben. Ich konnte kaum glauben, was ich da alles hörte. Dass Stauders Familie in Gefahr ist, weil er seine eigene Meinung nicht sagen darf? Weil die Sextner eben Gewalt anwenden müssen, wenn sie etwas nicht gleich kriegen? Dann wird auch noch schön ihm selbst die Schuld zugeschoben, weil er gäbe ja nicht nach. Ich erlaubte mir anzumerken “Na ja, er steht halt dazu und zieht nicht so schnell den Schwanz ein”. Mit offenem Mund wurde ich daraufhin angestarrt: “Blöd ist er, irgendwann wird ihn jemand “abschlagen”!” Er bräuche nur “dem Falschen” über den Weg laufen, dann hätte sein letztes Stündchen aber geschlagen.
Das alles wurde mir hämisch grinsend und stolz erzählt. “Jetzt wissen wenigstens alle, dass sich die Sextner nicht alles gefallen lassen!”, war noch der letzte Satz, der mir ganz stolz verkündet wurde.
Option, Nazis, Indoktrination, Einschüchterung, Gewalt, Propaganda – das sind die Worte, die mir durch den Kopf gehen, wenn ich an Sexten denke. Ein Kapitel dunkelster Geschichte scheint sich im Kleinformat in Sexten zu wiederholen: Sündenbock sind diesmal nicht die Juden, sondern die Grünen, bzw. Stauder allein. Keine Reichsautobahn wird gebaut, sondern eine Skiverbindung, gelockt wird mit derselben Propaganda wie damals: Arbeitsplätze, Wirtschaftsaufschwung. Andersdenkende werden Schritt für Schritt mundtot gemacht. Zugegeben, im Kleinformat, und bei weitem nicht in dem schrecklichen Ausmaß wie damals, aber dass diese Parallelen von so vielen Sextner nicht gesehen werden, finde ich doch sehr bedenklich.
Meiner Meinung nach würde Sexten ganz schön Augen machen, wenn jetzt doch noch eine Volkbefragung erfolgen würde. Mit dieser Aktion haben sie sich keine Freunde gemacht, sondern eher Feinde. Ich denke, dass viele wegen dem entstandenen Druck und Hass in der Gemeinde mittlerweile gegen das Projekt stimmen würden, auch wenn sie voher dafür waren.
Der Dorffrieden ist vielen wichtiger als 20 Camper mehr an Silvester.

Di., 10.09.2013 - 20:28 Permalink