Gesellschaft | Aus dem Blog von Harald Knoflach

Verkehrte Welt

Der pazifistische Linkspolitiker oder der durchschnittliche Linksintellektuelle in Europa hegt meist eine gewisse Distanz bis Apathie zum Militarismus oder sieht das Militär zumindest nur als irgendwann vielleicht überwindbare Notwendigkeit an. Und je höher der Bildungsgrad, desto skeptischer steht man für gewöhnlich uniformiertem Gleichschritt gegenüber. Martialisches Machogehabe und Chauvinismus sind einem suspekt. Normalerweise. Denn das Alpini-Treffen in Bozen im vergangenen Jahr schuf eine verkehrte Welt.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Salto.bz

„Auf die Alpini war der aufgeklärte [sic] italienische Südtiroler höchstens heimlich stolz, seit der Bozner Adunata durfte man auf deutsch- wie italienischsprachiger Seite ganz offen seine Sympathien erklären,“ beobachtet Christine Helfer auf salto.bz. Wie wahr! Vor wenigen Tagen ging die Adunata 2013 in Piacenza zu Ende. Dort schmückte sich der Landeshauptmannstellvertreter der „Mitte-links“-Partei PD, Christian Tommasini, für eine Photo-Op mit Alpinihut und der grüne (!?) Kammerabgeordnete Florian Kronbichler ließ sich von den Gebirgsjägern auszeichnen, da er – noch als Journalist – „mit intellektueller Redlichkeit den tieferen Sinn des Alpini-Festes herausgearbeitet habe.“ Das heißt übersetzt: „Er hat kritiklos und wohlwollend im Sinne der Alpini berichtet.“ Wer weiß; vielleicht geben schon bald Grünpolitiker „Gummi-Gummi“ beim GTI-Treffen in Reifnitz am Wörthersee und fungieren PD-Exponenten als Juroren beim Wettmarschieren der Schützen. Alles scheint möglich angesichts obiger Kuriositäten.

Hans Heiss hat in seinem bemerkenswerten Vortrag „Zweierlei Federn“ anlässlich der Adunata in Bozen Schützen und Alpini verglichen und dabei den wirklich „tieferen Sinn des Alpini-Festes“ herausgearbeitet. Eine Gleichsetzung von Alpini und Schützen ist zwar nicht zielführend, ein Vergleich zwischen den beiden „Einheiten“ kann bisweilen aber durchaus erhellend sein. Die Gleichsetzung ist deswegen nicht legitim, da die Alpini nach wie vor Teil der offiziellen Streitkräfte eines demokratischen Staates sind und somit sogar eine höhere moralische Verpflichtung ALLEN gegenüber haben als die Schützen, die ein Privatverein sind. Letztere dürfen sich ideologisch positionieren und die Grenzen der Meinungsfreiheit ausloten. Streitkräfte dürfen das nicht. Dessen ungeachtet sind Heiss‘ Ausführungen enorm treffsicher und zugleich entlarvend was Selbstbild und Geschichtsverständnis der Alpini betrifft.

Die Alpini verkörpern genau jenes Gesellschaftsbild (martialisch, patriarchal, hierarchisch), das in einem tirolerischen Kontext von oben erwähnten „Alpini-Sympathisanten“ zumeist als rückwärtsgewandt und ewiggestrig bezeichnet wird. Hans Heiss stellt fest, dass „Schützen und Alpini […] mit ihren Aufmärschen bewusst und wirkungsvoll Territorien [besetzen], mehr noch - sie überschreiten absichtsvoll symbolische Grenzen, um mittels massiver Präsenz Fülle und Macht zu demonstrieren. […] Alpini-Adunate und Auftritte der Schützen marschieren […] den Weg zurück: In ihrer Formation wächst nicht die persönliche Verantwortung, hier wird nicht an die Fähigkeit zu individuellem Bürgersinn und Bürgermut appelliert, sondern die Gewissheit vermittelt, dass in der Unterordnung […] ein Gutteil allen Heils liegt.“ Für eine zweifelhafte Appeasement-Haltung werden also ansonsten wie eine Monstranz vorangetragene Grundsätze über Bord geworfen. Südtiroler Intelligenzija und die linke Reichshälfte marschieren im Gleichschritt und stimmen in die Alpini-Huldigung mit ein. Als Rechtfertigung dient meist der Sager: „Die Alpini tun auch viel Gutes und haben sich in Bozen ordentlich aufgeführt.“ Die Selbstverständlichkeit wird einfach zur herausragenden Tugend erhoben. „Ist es wirklich eine staunenswerte Großtat, wenn eine aus Steuermitteln finanzierte Truppeneinheit, eine mit öffentlichen Mitteln reich dotierte Vereinigung wie ANA eine anerkennenswerte, aber auch pflichtgemäße Leistung vollführt?“ fragt sich daher auch Hans Heiss.

Ein weiteres, noch viel gravierenderes Manko der Alpini ist jedoch ihr anachronistisches Geschichtsverständnis. Wie der Teufel das Weihwasser scheuen für gewöhnlich Intellektuelle und Linkspolitiker zu Recht Organisationen, die auch nur im Verdacht von Geschichtsrevisionismus oder Nazi-Faschismus-Apologie stehen. Das Ulrichsbergtreffen wäre für Kronbichler, Tommasini und Co. wohl ein Tabu. Bei den Alpini wird eine Ausnahme gemacht.

Freilich sind die Alpini von heute nicht für die furchtbaren Verbrechen verantwortlich, die ihre Vorgänger begangen haben. Als offizieller Teil der Streitkräfte wären die Alpini jedoch zu einer modernen Erinnerungskultur und Geschichtsaufarbeitung – im Sinne der historischen, nicht der individuellen Verantwortung – verpflichtet. Diese ist aber nicht einmal in Ansätzen vorhanden. Stattdessen suhlt man sich im Opfermythos und negiert jedwede historische Schuld. „Der Blick auf eigene, oft genug sinnlose und durch falsche Unterordnung bewirkte Opfer müsste eigentlich dazu veranlassen, Traditionen in kritischer Schärfe zu durchleuchten. Das Gegenteil ist der Fall: Geschichte und Tradition entfalten eine legitimierende, ja sogar lähmende Macht, die alle Zweifel aus dem Weg räumt. Und in der Fixierung auf den eigenen Opferstatus verschwinden die eigene Verantwortung und Täterschaft“, bestätigt Hans Heiss den befremdlichen Umgang der Alpini mit ihrer Vergangenheit. Eine derartige Verweigerung müsste für gewöhnlich genügen, um Distanz zu halten oder wenigstens politischen und gesellschaftlichen Druck aufzubauen, aufdass die Alpini sich ihrer Verantwortung stellen. Stattdessen regiert nach wie vor das anachronistische und in einem europäischen Kontext befremdliche Geschichtsverständnis. Journalisten wie Kronbichler werden zu „Mittätern“. Sie üben sich im Ausbreiten des Mantels des Schweigens und im Verharmlosen. „Die Beteiligung von Alpinitruppen an kolonialen Expansionskriegen in Übersee […] wird bagatellisiert und flüchtig übergangen. Die aktive Teilnahme von Alpinisoldaten an den Mordbrennereien deutscher Gebirgsjäger in Griechenland, ihre systematische Vernichtung von Dörfern in Widerstandsgebieten […]  ist dem Vergessen anheim gefallen. Die brutale Kälte eines Alpini-Generals wie Gastone Gambara, der am Balkan als Lagerkommandant zu traurigem Ruhm gelangt ist, bleibt unerwähnt. Und dass die Alpini in der Russlandkampagne […] energisch an Repression und Judenmord beteiligt waren, schwindet hinter ihrem Opferstatus“, fasst Heiss die unaufgearbeiteten Kriegsverbrechen zusammen. Kritiker und Mahner werden dann auch leicht zu Spielverderbern und Spaßbremsen, die eine gute Party nicht zu schätzen wissen.

Es ist abstoßend und beklemmend, wie im Zusammenhang mit den Alpini doppelte Standards angelegt werden. Das Ausblenden des zweifelhaften Umgangs mit der Vergangenheit, die Verklärung martialisch zur Schau getragener Männlichkeit in Oktoberfestatmosphäre und die Erhöhung der Selbstverständlichkeit zum herausragenden Merkmal sind Taktiken, die nicht in ein vereintes, demokratisches und gleichberechtigtes Europa passen. Die „Alpiniphilie“ ist kein Beispiel für „convivenza“ sondern eine bedenkliche Abkehr von modernen, weltoffenen Prinzipien zum Zwecke der Anbiederung.

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Maximilian Ben… Di., 14.05.2013 - 17:57

und ich glaube es fänden sich viele sog. "linke" italiener in Südtriol, die ähnlich argumentieren würden. Ich gebe zu, dass mein historisches Wissen unvollständig ist. Es wäre sehr interessant einige links von Ihnen zu erhalten, die die Gräultaten dokumentieren. Wahrscheinlich schwierig solche Daten im Netz zu finden - sollte kein Vorwurf sein...
Ich gebe zu, dass Sie mich bezüglich Alpiniadunata in Bozen entlarft haben.

Di., 14.05.2013 - 17:57 Permalink
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Harald Knoflach Di., 14.05.2013 - 18:49

Antwort auf von Maximilian Ben…

bevor ich antworte muss ich etwas vorausschicken, da man in südtirol, wenn man dinge schreibt, wie ich sie geschrieben habe, immer unter generalverdacht gerät, ein rechter antiitalienischer zündler zu sein.
mir geht es in meinem posting nicht um die pauschale verunglimpfung jener alpini, die im vergangenen jahr nach bozen gekommen sind. es geht mir darum, dass die offiziellen streitkräfte einer demokratie die verpflichtung haben, sich ihrer vergangenheit zu stellen und unideologisch alle zu vertreten. besonders wenn es - wie bei den alpini der fall - eine kontinuität gibt und nach dem ende des faschismus nicht einmal der name geändert wurde. es wäre doch auch befremdlich, wenn die bundeswehr (als nachfolgerin der wehrmacht) die verbrechen der nazis ausblenden und ignorieren würde. solange die alpini als organisation diesen schritt der aufarbeitung nicht machen, ist für mich eine annäherung nicht tragbar. mir fällt auf, dass jedoch das einfordern eines solchen schrittes sofort als angriff auf die convivenza ausgelegt wird. zudem täten die alpini ja viel gutes (was keiner bestreitet), aber das tut in diesem zusammenhang nichts zur sache.

lektüre:
persönlich kann ich das buch des schweizer historikers aram mattioli "Viva Mussolini: Die Aufwertung des Faschismus im Italien Berlusconis" empfehlen. es beschäftigt sich mit den faschistischen verbrechen wie auch der bagatellisierung und relativierung - besonders in den vergangenen 20 jahren.
weiters verweise ich auf jene historiker, auf die sich auch hans heiss in seinem vortrag bezog: thomas schlemmer "Invasori non vittime. La campagna italiana di Russia 1941-1943", filippo focardi "Il cattivo tedesco e il bravo italiano. La rimozione delle colpe della seconda guerra mondiale" oder angelo del boca "Italiani, brava gente?" und "La guerra di Etiopia. L'ultima impresa del colonialismo"

Di., 14.05.2013 - 18:49 Permalink
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Benno Kusstatscher Di., 14.05.2013 - 23:18

Antwort auf von Maximilian Ben…

Harald,

ich vermute, Du hast Dich auf diesen Artikel von Hans Heiss bezogen, oder?
http://goo.gl/srzyg
Mir hat Dein Artikel gut gefallen, mir ist aber fast die Luft weggeblieben und bin echt froh, dass Du mit diesem Kommentar noch einen notwendigen Disclaimer nachgeschoben hast.
Bei aller Gerechtfertigkeit Deiner Kritik würde ich aber doch etwas pragmatische Milde abverlangen wollen. Auch die Habsburger (also unsere damaligen) Giftgasangriffe 1917 am Isonzo sind noch alles andere als ordentlich aufgearbeitet und trotzdem hat man im Österreichisch/Italienischen/Slowenischen-Grenzgebiet wieder zu einer Normalität gefunden. Versöhnung heisst eben manchmal auch, sich die Hand zu reichen, ohne vorher alles bereinigt zu haben. Das Alpinitreffen in Bozen als auch die heurige Ehrung Kronbichlers haben ohne Zweifel zur gegenseitigen Versöhnung beigetragen. Das hat auch mit Verdienst zu tun. Dem Kronbichler zweierler Maß vorzuwerfen ist eines, aber Mittäterschaft!? Das halte ich trotz gesetzter Anführungszeichen für starken Tobak und unnötig noch dazu. Ich möchte das nicht mittragen. Schade, hättest Du ansonsten für den entlarvenden und gut geschriebenen Aufsatz ein sattes Kompliment von mir bekommen.

Di., 14.05.2013 - 23:18 Permalink
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Harald Knoflach Mi., 15.05.2013 - 07:52

Antwort auf von Maximilian Ben…

1. richtig. hans heiss hat diesen vortrag damals so gehalten und das ist das transkript, aus dem ich zitiert habe.
2. ich finde es schade, dass es immer den "disclaimer" bzw. das "aber die anderen haben auch" braucht. damit sind wir nämlich wieder beim aufrechnen. und das ist die denkbar schlechteste basis für geschichtsaufarbeitung. im obigen fall geht es um die alpini und niemand anderen. an anderer stelle und zu anderem anlass werden auch die verbrechen der nazis, der k.k.-armee usw. beurteilt. wobei es dabei aufgrund der fehlenden kontinuität bei der k.k.-armee bestimmt defizite gibt, während die verbrechen der nazis in den vergangenen jahrzehnten schon recht ordentlich thematisiert wurden (stichwort wehrmachtsaustellung usw.)
3. der begriff "mittäter" bezieht sich nicht auf die verbrechen der alpini sondern, dass er in den "chor" der verschweiger und verharmloser miteinstimmt, was lt. aram mattioli ein massives gesellschaftliches problem in italien ist. ich dachte, das ist aus dem zusammenhang heraus klar. kronbichler hätte den preis nie bekommen, hätte er in "intellektueller redlichkeit" ein gesamtbild gezeichnet. die verbrechen der alpini zu erwähnen heißt ja nicht, dass ich die heutigen soldaten diskreditiere, sondern dass ich eine historische verantwortung einmahne. die australische regierung von heute kann auch nichts dafür, dass den aborigines jahrzehntelang die kinder geraubt wurden. aber als regierung hat sie eine historische verantwortung für das damals geschehene und kann es nicht einfach ignorieren. das einfache eingestehen der eigenen schuld ist der handschlag. man muss nicht "alles bereinigen" wie du richtig sagst.

Mi., 15.05.2013 - 07:52 Permalink
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Martin Geier Di., 14.05.2013 - 19:37

Ich kann dieses Buch empfehlen:
Angelo Del Boca
Italiani, brava gente?
http://www.neripozza.it/collane_dett.php?id_coll=7&id_lib=120

Und auch folgendes Buch:
Blutiges Edelweiß. Die 1. Gebirgs-Division im 2. Weltkrieg
http://www.hfmeyer.com/german/veroeffentlichungen/edelweiss/index.html
Im Letzteren wird auch beschrieben wie die Kontinuitäten in Deutschland weiter gelaufen sind und wie sich einiges Ambientes auch in D bis heute schwer tun die Verbrechen der Vergangenheit aufzuarbeiten. Es ist typisch für Südtirol daß die eine Seite am liebsten im Schmutz der jeweils anderen wühlt; und die eigene Seite gerne auslässt. Verglichen mit weiter nördlich(aber auch weiter südlich) hat bei uns eine Vergangenheitsbewältigung nie stattgefunden. Natürlich kann man die Alpini so sehen wie sie der Autor und Hans Heiss sie sehen; die andere Seite aber ist daß die Alpenländer im Kern eher konservativ sind und auch eine entsprechende Kultur pflegen; Italien sowieso. Das hat dann mit der Vergangenheit wenig zu tun; da braucht man sich nur die Bilder des vorherigen Jahres anzuschauen. Im politischen Sinne war es eh auch eine Art Gegenveranstaltung zum Gedenkjahr 2009. Zu unserem bunten Südtirol gehören Schützen und Alpini gleichermaßen; genau wie wir uns in vielerlei Hinsicht von Nordtirol unterscheiden. Wie ich bereits an anderer Stelle schrieb; bei uns gibt es kein 'gemeinsames homogenes Volk'; keinen gemeinsamen Blick auf die Geschichte und daher auch kein gemeinsames(auch historisches) Bewußtsein.

Di., 14.05.2013 - 19:37 Permalink
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Profil für Benutzer Rupert Gietl -r
Rupert Gietl -r Di., 14.05.2013 - 22:19

Antwort auf von Martin Geier

Sehr geehrter Herr Geier,
danke, dass Sie sofort die historische Ausgeglichenheit wiederhergestellt haben, sonst könnte es am Ende noch passieren, dass wir in einem Artikel, bei dem es um die Alpini geht, für kurze Zeit unsere eigene Schuld an den Verbrechen des 20. Jh. vergessen...
Dies ist auch eine Form der Relativierung.
Ich hatte kürzlich das Vergnügen, mich mit der Kuratorin eines (öffentlichen) Alpinimuseums im Veneto länger zu unterhalten und hörte sie klagen, dass die unrühmlichen Kapitel der 30er und 40er Jahre total totgeschwiegen werden.
Verzeihen Sie, aber dies mit der sicher nicht lückenlosen, aber um Lichtjahre weiteren Aufarbeitung in Deutschland zu vergleichen, erscheint mir gelinde gesagt fahrlässig...
Erst heute traf ich an meinem derzeitigen Arbeitsplatz einen mir schon länger bekannten jungen Mann, der sich offen zur Repubblica di Salò bekennt und mit seinen Kameraden sowohl in Bozen, als auch in Piacenza mitmarschiert ist.
Gilt am Ende also doch: "il cattivo tedesco ed il bravo italiano"?
PS: Dieser Artikel ist wieder mal echt schnell in der Versenkung verschwunden...

Di., 14.05.2013 - 22:19 Permalink
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Martin Geier Di., 14.05.2013 - 22:54

Antwort auf von Martin Geier

Ich besitze beide Bücher und habe mich mit der Thematik intensiv beschäftigt. Das deutsche Buch ist deshalb interessant weil darin in Griechenland beide Täter vorkommen. Natürlich ist die Aufarbeitung in D besser als in I; aber sie ist noch lange nicht so perfekt und erreicht noch lange nicht alle Ambientes wie man es hier gerne sehen würde; über Österreich breiten wir in dieser Hinsicht lieber einen Mantel des Schweigens. Unrühmlich daß auch solche Alpini und veci da mitmarschieren; man sollte aber schon auch erwähnen daß infolge der leva kommen Alpini aber aus allen gesellschaftlichen Schichten und allen politischen Richtungen; in meiner Zeit als alpino war von rechts bis links alles vertreten. "il cattivo tedesco ed il bravo italiano" gilt natürlich nicht; aber auch nicht das umgekehrte Statement. Aus meiner Sicht kann der Artikel gerne auch editors choice werden; verdient hätte er es sich alleine schon wegen Hans Heiss(ein Grüner!) kluger Betrachtungen.
Und ja; wollte das Ganze ein bißchen zurechtrücken. ;)

Di., 14.05.2013 - 22:54 Permalink
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Harald Knoflach Mi., 15.05.2013 - 08:48

Antwort auf von Martin Geier

ich bin eben ein zündler. und denen möchte man keine plattform bieten. mein trost ist, dass ich mich in guter gesellschaft befinde, auf die ich stolz bin. ausführungen des grünen historikers heiss sind salto zu heiss :-).

Mi., 15.05.2013 - 08:48 Permalink
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Martin Geier Di., 14.05.2013 - 22:33

Zuletzt; interessant daß der Autor den Schützen als 'Privatverein' einen größeren ideologischen Spielraum und ein 'Ausloten der Grenzen der Meinungsfreiheit' zugesteht als den veci Alpini der Ana. Letztendlich betreiben aber die alten Alpini eine nicht größere Erinnerungskultur als andere Veteranenverbände(bsw. im angelsächsischen Raum) und sind nur sehr bedingt als Teil der aktuellen, aktiven Streitkräfte zu betrachten; auch wenn sie Verbindungen zu den heutigen aktiven Alpinisoldaten bewahren. In Südtirol betreiben die veci fast keine Tagespolitik und noch weniger sind sie in gewisser Hinsicht ideologisch positioniert; ganz im Gegensatz zu ihrem 'deutschen Pedant' der sich im Gegensatz zu den Nordtiroler Schützen quasi als vorpolitische Organisation zweier Parteien der deutschen Opposition geriert; oder irre ich mich etwa? Die öffentliche Hand unterstützt übrigens beide Organisationen. Unter einigen Gesichtspunkten mag „Alpiniphilie“ kein Beispiel für „convivenza“ sein; für „Schützenphilie“ müßte das dann aber auch gelten; oder etwa nicht. Ich habe den Beitrag positiv bewertet weil auch die historischen Tatsachen richtig dargestellt sind und ich den Grünen Hans Heiss als kompetenten Historiker schätze; gelinde gesagt fehlt aber dem Beitrag oben die Equidistanz zwischen Schützen und Alpini. Die doppelten Standards die der Autor kritisiert fallen zum Teil auf ihn selbst zurück. Fakt ist daß adunata Bozen 2012 entgegen aller Befürchtungen(politischer Parteien, Ordnungskräften ecc.) ein Volksfest war was von allen 'Zungen' gefeiert wurde; dieser Erfolg scheint Einigen ein Jahr später immer noch sauer aufzustoßen.

Di., 14.05.2013 - 22:33 Permalink
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Harald Knoflach Mi., 15.05.2013 - 08:27

Antwort auf von Martin Geier

1. ich (und hans heiss) haben nicht nur über die ana sondern vor allem über die alpini insgesamt geschrieben. zudem ist die vernetzung der ana mit den aktuellen streitkräften (die auch bei der adunata mit waffen mitmarschiert sind) sehr eng und nicht mit den schützen vergleichbar, die in keiner phase "offizielle streitkraft" eines demokratischen staates sind und daher sehr wohl anders zu bewerten sind.
2. im ausgangsartikel auf den ich reagiere, sind die schützen mit keinem wort erwähnt und tun überhaupt nichts zur sache. ich bringe sie über hans heiss ins spiel um die doppelten standards aufzuzeigen. allein dass ich von doppelten standards spreche, impliziert ja die von dir gewünschte kritik an der "schützenphilie". aber wie gesagt: es geht um die alpini. die schützen haben mit dem von mir kritisierten umständen überhaupt nichts zu tun. oder dürfte ich als tiroler z.b. keine abhandlung über die kolonialverbrechen der briten schreiben, ohne zu erwähnen, dass auch tiroler an naziverbrechen im zweiten weltkrieg beteiligt waren? wäre das dann mangelnde equidistanz? was du machst, ist der kardinalsfehler in sachen geschichtsaufarbeitung. deine aufarbeitung basiert auf der logik des aufrechnens. und das ist der falsche weg. das hat man in deutschland verstanden.
3. dass die adunata ein volksfest war, bestreitet niemand (dass "sich ordentlich aufführen" zu einer herausragenden leistung hinaufzustilisieren, halte ich aber auch für übertrieben). der "volksfestcharakter" hat ebenfalls überhaupt nichts mit dem zu tun, was ich geschrieben habe und entbindet niemanden von der (nicht angenommenen) historischen verantwortung. ein grillfest der nra (national rifle association) in alabama ist bestimmt auch eine riesenhetz.

Mi., 15.05.2013 - 08:27 Permalink
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Martin Geier Mi., 15.05.2013 - 22:11

Antwort auf von Martin Geier

Interessant daß man mir das gerade von Eurer Seite vorwirft. Der jüngste der von Dir verlinkten Artikel ist 3 Jahre alt; unnötig auch zu erwähnen wessen Vergangenheit in erster Linie von Eurer Seite aufgearbeitet wird.

Zu Deinen Punkten:
1. Natürlich haben die veci der Ana eine größere Nähe zu den Streitkräften als die Schützen; aber sie sind gänzlich unbewaffnet. Die nationale adunata 2012 in Bozen kann man gerne mit dem 2009 in Innsbruck vergleichen. Auch in Innsbruck sind die Schützen aller Teile des alten Tirol anlässlich des Landesfestumzugs zusammen mit Einheiten des Österreichischen Bundesheeres durch Innsbruck marschiert; oder irre ich mich etwa? Da war von Eurer Seite meines Wissens nix zu hören. Daher sind auch aus meiner Sicht Schützen und Alpini sehr wohl zu vergleichen. Meiner Ansicht stört Euch weniger die Weltsicht der Alpini sondern vielmehr die adunata als Gegenpol zu 2009.
2. Ob und welche Kardinalsfehler ich gemacht haben soll oder nicht mag der geneigte Mitleser entscheiden. Ich halte nichts von Aufrechnung und noch weniger halte ich von einem Geschichtsbild bei der eine Seite die bösen und die andere Seite die guten sein sollen wobei Vergleiche je nach politischem Nutzen in die günstigste Richtung gedreht werden. Zuletzt würde ich Begriffe wie „Mittätern“ in diesem Fall tunlichst vermeiden zumal sie im Artikel leicht missverstanden werden können und Missbrauch Tür und Tor öffnen. Geschichtsaufklärung hole ich mir lieber aus neutraleren Quellen als von politischen Blogs mit eindeutiger Zielrichtung. Zuletzt Lieber Harald möchte ich anmerken daß ich mich genauso auf Hans Heiss berufe wie Du; es ist ja gerade Hans Heiss' großer Verdienst in seinem Artikel beide(!) Seiten; Alpini wie Schützen; beleuchtet und miteinander verglichen zu haben; genau das was ich auch tue. Und tut mir leid; zwischen Euch und Hans Heiss liegen Welten.
In diesem Sinne eine Gute Nacht.

Mi., 15.05.2013 - 22:11 Permalink
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Harald Knoflach Do., 16.05.2013 - 08:10

Antwort auf von Martin Geier

die schützen tun hier nichts zur sache. ICH habe die schützen in diesem zusammenhang erst ins spiel gebracht, da hans heiss anlässlich der adunata einen interessanten vergleich angestellt hat, der sich aufgrund 2009 und schützenmarsch anbot. das heißt aber doch nicht, dass ich zwingend immer die schützen ins spiel bringen muss, wenn ich über die alpini schreibe. das hat nix mit äquidistanz zu tun. ich wollte lediglich die doppelten standards aufzeigen, die im zusammenhang mit der adunata angelegt wurden. und wenn ich von doppelten standards schreibe heißt das doch wohl, dass der standard, der an die schützen angelegt wurde, nicht auch auf die alpini angelegt wird. ich habe jedoch mit keinem wort den standard kritisiert, der an die schützen angelegt wird, da ich ihn für richtig halte. ich denke nur, dass dieser auch für die alpini gelten muss. und ich denke, dass die alpini aufgrund ihrer "offizialität" sogar mit strengeren maßstäben zu messen sind, als der verein der schützen. was letztere nicht von ihrer verantwortung entbindet. aber die dimension ist eine andere. für die alpini-verbrechen müsste sich ein staatspräsident, ein ministerpräsident oder ein minister - also der offizielle vertreter aller - entschuldigen (was noch nie geschehen ist). für die rolle der schützen im dritten reich (wenngleich es die organisation in dieser form damals nicht gab) käme diese rolle einem schützenkommandanten (also einer privatperson) zu. noch einmal meine frage: sind die von mir zitierten bbd-artikel unkorrekt und nicht äquidistant, weil darin nur die schützen und nazis und nicht die alpini und faschisten erwähnt werden? der schützenvergleich ist eine option, aber keine zwingende notwendigkeit. schon gar nicht, wenn ich über die vergabe eines journalistenpreises der alpini an kronbichler schreibe. oder müssen wir jetzt auch hier den proporz einhalten?

mir ist marschieren generell suspekt. aber es geht nicht darum, ob aktuelle streitkräfte mit den alpini bzw. den schützen mitmarschieren, sondern - wenn sie das tun - ob sie insgesamt eine zeitgemäße erinnerungskultur pflegen, die einem vereinten europa gerecht wird und nicht verharmlosend bzw. gar verherrlichend ist.

wenn also paramilitärs (schützen) und bundesheer durch innsbruck marschieren, ist mir das wurscht. sollen sie. solange sich "mein" offizielles bundesheer anständig von den nazi-verbrechen distanziert hat und nicht stillschweigend damit kokketiert.
wenn ex-soldaten und alpini durch bozen marschieren, rege ich mich auf, da die distanz nicht gegeben ist und von offiziellen alpini-vertretern sogar kränze vor faschistischen denkmälern niedergelegt werden (bruneck). ich kann mich nicht erinnern, dass hochrangiges bundesheer einen kranz vor einem denkmal der waffen-ss (das es meines wissens nicht gibt) niedergelegt hätten.
übrigens: beim landesfestumzug sind auch die ehemaligen feinde (bayerische schützenverbände) mitmarschiert was dem ganzen noch einmal eine andere symbolik gibt.

"noch weniger halte ich von einem Geschichtsbild bei der eine Seite die bösen und die andere Seite die guten sein sollen"
ich kenne dich nicht und weiß nicht was du tust. ich für meinen teil hab mich aktiv den anti-nazismus verschrieben. diese aufgabe nehme ich unter anderem als vorstandsmitglied der südtiroler gesellschaft für politikwissenschaft wahr. auf meinen vorschlag wurde z.b. guido bocher 2011 als politische persönlichkeit des jahres geehrt. heuer haben wir uns für franz thaler entschieden. anläßlich des jubiläumsjahres haben wir unser jahrbuch unter das motto 1809-2009 gestellt und die erinnerungskultur mit kritisch-wissenschaftlichen aufsätzen (unter anderem von hans heiss) bewertet. ich habe bei brixner gemeinderäten interveniert, als ein platz nach alois pupp benannt wurde. ich habe - noch als journalist in nordtirol - diverse weg- und ortsbenennungen nach dolfuss aufgezeigt, aufdass sie entfernt werden. dein vorwurf, mein geschichtsbild sei einseitig, ist sowas von absurd, dass es mich fast von meinem hocker gehaut hätte. was hast du denn in dieser hinsicht vorzuweisen?

Do., 16.05.2013 - 08:10 Permalink
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Martin Geier Do., 16.05.2013 - 18:00

Antwort auf von Martin Geier

Zuerst; "Ich halte nichts von Aufrechnung und noch weniger halte ich von einem Geschichtsbild bei der eine Seite die bösen und die andere Seite die guten sein sollen wobei Vergleiche je nach politischem Nutzen in die günstigste Richtung gedreht werden." ist allgemein meine Meinung und nicht auf Dich bezogen; das denke ich geht auch aus meiner Antwort hervor; weis nicht wieso Du Dich so angegriffen fühlst; Dein Engagement finde ich sehr lobenswert. Wie bereits weiter oben geschrieben interessieren mich Artikel aus einem politischen Blog mit eindeutiger Zielrichtung nicht besonders zumal mir persönlich die Gewichtung der Aufarbeitung dort nicht besonders zusagt; mit diesem Kapitel habe ich abgeschlossen. Bevorzuge genuin historische und politisch neutralere Quellen; wie bereits oben gesagt.
Wie oben erschließt sich mir auch nicht warum für die unbewaffneten und kaum bis gar nicht uniformierten veci der Alpini erschwerende Standards als für die Schützen gelten sollen. Ich bevorzuge die Analyse von Hans Heiss:
http://zigorimedia.files.wordpress.com/2012/05/adunata-zweierlei-federn…

Do., 16.05.2013 - 18:00 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Fr., 17.05.2013 - 09:16

Antwort auf von Martin Geier

%Bevorzuge genuin historische und politisch neutralere Quellen; wie bereits oben gesagt.
Ich bevorzuge die Analyse von Hans Heiss:%

Seit wann ist denn ein Landtagsabgeordneter der Grünen "politisch neutral"?? Strano il mondo, o no?

Fr., 17.05.2013 - 09:16 Permalink
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Profil für Benutzer anonymous anonym
anonymous anonym Fr., 17.05.2013 - 13:47

Gratuliere zu diesem Artikel!
Bei vielen selbsternannten Intellektuellen muss man sich tatsächlich die Frage stellen, ob sie nicht nur verkappte Nationalisten sind, die sich selbst einen weltoffenen/grünen/pazifistischen Anstrich gegeben haben. Eine verkehrte Welt in der Tat.

Fr., 17.05.2013 - 13:47 Permalink
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Profil für Benutzer Harald Knoflach
Harald Knoflach Mo., 20.05.2013 - 18:56

mir wurde in diesem artikel die verwendung des wortes "mittäter" unter anführungszeichen als zu hart vorgeworfen. heute spricht kronbichler in einem facebook-eintrag ebenfalls von mittäterschaft - in zusammenhang mit der svp und ihrer position zur selbstbestimmung. ganz ohne anführungszeichen.

Mo., 20.05.2013 - 18:56 Permalink
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Benno Kusstatscher Mo., 20.05.2013 - 21:09

Antwort auf von Harald Knoflach

Was soll ich sagen? Die Panzer werden in Stellung gebracht, der Wahlkampf beginnt. Jetzt wollen halt die Grünen aus der Gegenreaktion und aus Zellers Zweideutigkeit politisches Kapital schlagen. Angriffsfläche wird genügend geboten...

Mo., 20.05.2013 - 21:09 Permalink
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Profil für Benutzer Martin Geier
Martin Geier Mo., 20.05.2013 - 22:09

Antwort auf von Harald Knoflach

Wie gesagt; ich würde auf solche Worte immer verzichten; gute Argumentation(und das kannst Du) kommt auch sehr gut ohne so etwas aus. Habe Kronbichlers Eintrag gelesen und bei ihm gefällt mir diese Sprache genausowenig wie bei Dir; bei ihm habe ich sogar eine weitere 'Übertretung' gefunden: '...Verrat am Geist der Autonomie...'; Verrat ist das Unwort in Südtirol schlechthin; einem Land in dem es von Verrätern nur so wimmelt; ganz je nach Sichtweise. Einem Teil seiner Ausführungen könnte ich sogar zustimmen; aber bei Dr. Zeller irrt er sich völlig. Gerade Zeller gehört innerhalb der Mehrheitspartei zu denen die eine Öffnung Richtung Italiener und Drittes Statut befürworten und zusammen mit Theiner erst den Pakt mit dem PD eingefädelt haben; dessen Krönung Palermo ist; und das gegen härtesten innerparteilichen und nicht zuletzt medialen Widerstand. Die SVP ist ja nach Meran gegangen um gerade ihre Sicht der Dinge zu präsentieren; als deutsche Partei wäre es ja auch schlecht gewesen dort zu fehlen und den Patrioten alleine das Feld zu überlassen; und wie üblich stellt sich die Partei vor Wahlkämpfen breiter auf und versucht den Erzkonservativen und Patrioten genauso zu erreichen wie vielleicht auch liberale, urbane Schichten oder auch manch Italiener. Kronbichler ist '51 geboren; hat aber wohl aus den Südtiroler Wahlkämpfen der letzten 3/4 Jahrzehnte überhaupt keine Lehren gezogen. Er verwechselt Wahlkampf, Präsenz und manch Vorwahlinterview mit langfristiger Politik und der Grundausrichtung einer Partei; und das DNA der SVP ist seit Magnago die Autonomie; und seit Theiner, Zeller und Palermo der Weg Richtung Drittes Statut.

Mo., 20.05.2013 - 22:09 Permalink