Politics | Neue Landesregierung

Philipp Achammer: Integration heißt auch Leistungen bringen

Mit 28 Jahren soll Philipp Achammer neben der deutschen Bildungs- und Kulturpolitik auch für den Bereich Integration die Verantwortung übernehmen. Und gerade dort hat der Benjamin der künftigen Landesregierung schon weit ausgeprägtere Ideen als in seinen restlichen Ressorts.

Es gibt Menschen, die Philipp Achammer in diesen Tagen fragen, ob er nicht Angst, vor den vielen Diskussionen hat, die ihm bei seiner künftigen Aufgabe als Landesrat  bevorstehen. Dass ihm die in Bereichen wie Schule und Kultur sicher sind, kann nicht nur Vorgängerin Sabina Kasslatter  Mur bestätigen, sondern zeigte sich auch in den eben abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen, bei denen die mehrsprachige Schule zu einem der größten Knackpunkte zählte.  Abschrecken lässt sich das  jüngste designierte Mitglied der künftigen Landesregierung davon aber keineswegs. „Im Gegenteil“, sagt Achammer, „es sind genau solch lebendige Diskussionen, die mich besonders reizen“.

Das gilt umso mehr für einen  weiteren Bereich, für den der 28-Jährige neben den bisherigen Kasslater-Agenden in den kommenden fünf Jahren Verantwortung übernehmen soll: die Integration. Eine Kompetenz, die bisher dem PD vorbehalten war – und die sich der Newcomer ausdrücklich gewünscht hat. Denn im Gegensatz zu Kultur- und Bildungspolitik, in der sich Achammer offen als  wenig erfahren outet, hat er sich mit diesem  „delikaten und höchst emotionale Thema“ bereits in seinen Jahren als SVP-Landessekretär intensiv auseinandergesetzt. Immerhin gab es bislang innerhalb der Partei keinen direkten Ansprechpartner für Integration, angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Brisanz aber einen immer größeren Bedarf an klaren Positionen.

Vorbild Sebastian Kurz

Die will Philipp Achammer nun auch politisch umsetzen. Die Richtung, in die es dabei gehen soll, hat in den vergangenen Jahren bereits sein fast gleichaltriger österreichischer  Politfreund Sebastian Kurz vorgezeichnet.  Eine Versachlichung der Integrationsdebatte sowie die Umsetzung des Mottos „Integration durch Leistung“: Das sind laut Achammer die wichtigsten  Errungenschaften, die dem frischgebackenen österreichischen Außenminister als Staatsekretär für Integration gelungen sind – und die er nun auch für Südtirol anstrebt. 

Spuren davon finden sich auch im Koalitionsabkommen zwischen SVP und PD. Dort wird unter dem Titel „Neue Mitbürgerinnen und Mitbürger“ ein auffallender Akzent auf die Kenntnis beider Landessprachen oder die Vermittlung von Wissen über das Land auch für erwachsene MigrantInnen gelegt. Kommt nun also auch in Südtirol der Staatsbürgerschaftstest? „Dafür haben wir nicht die Kompetenz“, sagt der designierte Landesrat, „doch was wir zumindest versuchen wollen, ist bestimmte soziale Zusatzleistungen an die Kenntnis von zumindest einer Landessprache zu koppeln“. Immerhin würden mittlerweile auch auf staatlicher Ebene  für die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung Sprachkenntnisse verlangt; gelänge dies auch auf Landesebene, hätte man für  Leistungen wie das Familien- oder Wohngeld eine Alternative zur fünfjährigen Ansässigkeitsklausel, über der ohnehin das Damoklesschwert des Verfassungsgerichts hängt, wie Achammer selbst einräumt.

Derartige Schritte sollen allerdings nicht über die Köpfe der neuen MitbürgerInnen hinweg geschehen. „Gesellschaftliche Integrationsvereinbarung“ heißt die Zauberformel, dank der Prinzipien wie „Fordern und Fördern“ in einem beiderseitigen Prozess mit Inhalt gefüllt werden sollen. Eine wesentliche Rolle soll dabei dem Landeseinwanderungsbeirat zukommen. „In diesem sollen Einheimische und  neue Mitbürger gemeinsam definieren, was Integration überhaupt bedeutet und welche Rechte und Pflichten damit verbunden sind“, so Achammer.  Parallel dazu wünscht er sich allerdings auch eine  differenziertere Integrationsdebatte – „mit weniger Pauschalisierungen, aber auch der Möglichkeit, bestehende Schwierigkeiten offen anzusprechen“.

100 Tage als Lernender

Ehrgeizige Ziele also, die Achammer im Fall seiner definitiven Ernennung aber nicht umgehend umsetzen will.  „Gerade als junger Mensch werde ich sicher nicht hergehen und sagen, das sind die Maßnahmen“, meint er. Vielmehr will er die berühmten ersten 100 Tage dazu nutzen, in all seinen Ressorts hinauszugehen und als Lernender das Gespräch mit Beteiligten und ExpertInnen suchen. Erst danach will er defintive Schlüsse ziehen und gemeinsam mit der restlichen  Landesregierung entscheiden. Spätestens dann wird wohl auch ein Philipp Achammer von heißen Diskussionen eingeholt werden. Wie reizvoll sie für ihn tatsächlich werden, wird spannend.

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gorgias Sat, 01/04/2014 - 00:13

wünsche mir auch eine Versachlichung der Integrationspolitik. Damit sollten sich wohl beide Lager angesprochen fühlen, die sich hauptsächlich mit dem Thema beschäftigen.

Sat, 01/04/2014 - 00:13 Permalink