Società | Neue Landesregierung

Waltraud Deeg: „Wir brauchen einen Konsens in der Familienpolitik“

In der Verwaltung soll sie die lang anstehende Entbürokratisierung angehen, in der Familienpolitik einen alten Glaubenskrieg begraben. Warum die designierte Landesrätin Waltraud Deeg nicht auf Wunder, sondern auf die Kraft des Dialogs zählt.

Frau Deeg, Familie, Informatik, Personal und Verwaltung: Das sind die Bereiche, die Ihnen Arno Kompatscher in der künftigen Landesregierung anvertrauen möchte. Sind das Ressorts, die Sie sich selbst ausgesucht hätten bzw. durften Sie auch ein wenig mitwünschen?
Waltraud Deeg: Wir haben alle die Gelegenheit gehabt, unsere Meinung zu den Vorschlägen von Arno Kompatscher einzubringen und gemeinsam zu entscheiden, ob sie so funktionieren könnten. Aber prinzipiell hat er seine Ideen, in welche Ressorts sich jeder am besten einbringen kann, schon klar im Kopf gehabt.

Und diese Einschätzung teilen Sie bei Ihren Ressorts ebenfalls?
Ich halte die Kombination von Verwaltungsorganisation, Personal und Informatik für eine sehr sinnvolle Geschichte, um wirklich eine gezielte Umstellung in Richtung mehr Prozessorientierung und Bürgernähe angehen zu können. Besonders am Herzen liegt mir aber sicherlich der Bereich Familie. Sei es, weil er auch für mich privat eine große Rolle spielt, sei  es, weil es hier zwischen Organisationen, Vereinen und Verbänden, aber auch dem Familienberat und der Familienagentur, viele aktive Partner gibt, mit denen wir sicher einiges auf den Weg bringen können. Wenn auch von Beginn an klar zu sagen ist, dass wir in Sachen Finanzmittel einen beschränkten Spielraum haben.

Der Vorbehalt gegenüber dem neuen Familiengesetz lautet aber gerade, dass es ohne entsprechende finanzielle Ausstattung eine leere Hülle ist.
Ich gehe auch davon aus, dass es ein Ziel sein wird, Familien finanziell etwas besser zu unterstützen. Vor allem mittelfristig könnten dafür nun auch das Durchkämmen des Landeshaushaltes neue Mittel gefunden werden, die anderswo eingespart werden. Schließlich ist Familie eines der zentralen Themen der Zukunft oder, wie es im Koalitionsprogramm festgehalten ist, das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft aufbaut. Es geht nur einfach darum, den finanziellen Spielraum realistisch zu sehen.

Sehen Sie auch Spielraum für Verbesserungen, der nicht von finanziellen Mitteln abhängt?
Sicher. Primär gilt es jetzt überhaupt einmal darum, die einzelnen Bereiche, in denen Familie bislang angesiedelt war, zusammenzuführen. Denn ein Familienressort in der Form gab es bislang nicht. Ein großer Teil war beim Sozialwesen angesiedelt, einige Dinge wie zum Beispiel die Elternbriefe bei der Deutschen Kultur, die Auszahlung des Familiengeldes wiederum bei der Agentur für soziale und wirtschaftliche Entwicklung. Das heißt, jetzt gilt es einmal den ganzen Bereich mit dem Team, das nun zusammenzustellen ist, so zu organisieren, dass wir gut arbeiten können. Und dann gibt es sicherlich einigen Verbesserungsbedarf: Ob bei der Wahlfreiheit, einer besseren Absicherung von Erziehungs- und Pflegezeiten oder auch einer Zusammenführung der unterschiedlichen Förder- und Unterstützungsmaßnahmen, die derzeit etwas komplex sind.

Ihr Vorgänger Richard Theiner hat ja kurz vor den Wahlen bereits erste Weichen gestellt, als er das Familiengeld verdoppelte oder ein teils heftig kritisiertes Familienkompetenzzentrum schuf. Schwieriges Erbe?
Da habe ich nicht allzu große Sorge damit. Mir ist es jetzt einmal am Wichtigsten, mich gemeinsam mit alle jenen an einen Tisch zu setzen, denen Familienpolitik ein Anliegen ist und die sich auch schon in der Vergangenheit dafür eingesetzt haben, um auszuloten, wohin wir uns bewegen wollen.

Doch auch die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es dabei nicht leicht sein wird, einheitliche Positionen zu finden und alle zufrieden zu stellen. Warum polarisiert Familie Ihrer Meinung nach derart?
Das Thema geht einfach sehr nah an das persönliche Lebensumfeld, weshalb Entscheidungen auf der Ebene besonders emotional beurteilt werden. Vor allem gibt es einfach sehr viele verschiedene Formen und Vorstellungen von Familie, und dementsprechend auch unterschiedliche Wünsche nach Schwerpunkten. Nichtsdestotrotz werden wir einen Konsens finden müssen, hinter dem alle irgendwie stehen können.

Doch gerade beim Thema Wahlfreiheit hat sich bisher gezeigt, wie hypothetisch ein solcher Konsens bleibt, wenn bei einem beschränktem finanziellem Rahmen alle ein wenig zufriedengestellt werden. Dann gibt es einerseits zu wenig Betreuungsplätze, aber gleichzeitig zu wenig Mittel, um Elternteilen ein zeitweiliges Zuhausebleiben samt Absicherung zu ermöglichen
Ja, da haben Sie schon recht. Aber ich zähle dennoch darauf, dass wir es auch dank eines neuen politischen Stils schaffen, allen kontroversen Diskussionen zum Trotz eine gemeinsame Linie zu finden. Denn wenn der Dialog mit den einzelnen Ansprechpartnern nun intensiviert wird und wir gemeinsam Schwerpunkte setzen, erwarte ich mir schon, dass am Ende auch alle dahinter stehen. Klar ist aber auch: Wunder werden wir leider keine wirken können. Doch zumindest wollen wir aus dem Vorhandenen das Beste herausholen.