Economy | Pragser Wildsee

Massentourismus ohne Touristen?

Nach dem überraschenden Ansturm Einheimischer auf den Pragser Wildsee an den letzten Wochenenden arbeitet die Gemeinde Prags an einem Konzept für den Sommertourismus.
Pragser Wildsee
Foto: @salto.bz

Fernreisen rücken diesen Sommer wohl leider wortwörtlich in weite Ferne. Dennoch kein Grund zum Verzagen, dachte ich, es gibt doch in Südtirol so tolle Orte. Warum sollte ich zum Entspannen stundenlang in einem Flugzeug oder Bus sitzen, wenn ich das Paradies vor der Haustüre ganz einfach erreichen kann? Und so entschloss ich mich mit meiner Familie an einem Wochenende im Mai, eines jener begehrten Fleckchen Erde aufzusuchen, das normalerweise so von Touristen übervölkert ist, dass ich mich bisher davor hütete, es zu besuchen: den Pragser Wildsee. Welch bessere Gelegenheit würde sich jemals bieten, den türkisen Traumsee im Hochpustertal ungestört genießen zu können? Blöderweise hatten Frau und Herr Südtiroler im restlichen Land genau dieselbe Idee. Als wir um 10 Uhr morgens auf dem Pragser-Wildsee-Parkplatz eintrudelten, wimmelte es bereits von Autos. 

Der Vizebürgermeister von Prags Erwin Steiner, bestätigt, dass auch am verlängerten Pfingstwochenende viele Besucher an den See strömten und gibt zu: Mit der Anzahl an einheimischen Tagestouristen in den letzten Monaten hätte die Gemeinde Prags nicht gerechnet. „Wir hatten bei den Einheimischen in den letzten Jahren auch wegen der Berichterstattung vom überfüllten See ein Imageproblem“, so der Vizebürgermeister und zuständige Referent für Tourismus. „Umso mehr freue ich mich zu sehen, dass mehr Einheimische die Situation nutzen, um den See zu erleben.“ Ganz besonders zahle es sich unter der Woche aus, meint Steiner, wenn der See fast leer ist: „Nur dann können die Leute den Pragser Wildsee sehen, wie er eigentlich ist.“

 

Den Pragser Wildsee zu erleben, wie er ist, wurde in den letzten Jahren eine seltene Erfahrung. Man erinnere sich an die Bilder der Massen an Touristen, die den ganzen Sommer über den Pragser Wildsee belagern. Laut Steiner zeige die aktuelle Entwicklung, dass der kommende Sommer ähnlich verlaufen wird: „Auch wenn das internationale Publikum teilweise fehlen wird, zeichnet sich bereits ab, dass es dafür mehr Tagestouristen geben wird.“ Auch rechne man mit vielen italienischen Touristen, welche in den letzten Jahren bereits stark vertreten waren.

Auch wenn das internationale Publikum teilweise fehlen wird, zeichnet sich bereits ab, dass des dafür mehr Tagestouristen geben wird

So könne es aber auf Dauer nicht weitergehen, meint Steiner, und sieht in der Coronakrise eine Chance, erste Schritte in Richtung ökologischeren und verträglicheren Tourismus gehen zu können: „Meiner Meinung nach gilt es, eine maximale Zahl an Besuchern zu definieren, die der See verträgt.“ Solche Reglementierungen gebe es auf der ganzen Welt, doch für den Pragser Wildsee wurden sie noch nicht eingeführt. Zu viele Menschen vor Ort hängen vom Tourismus ab, und fürchten, eine Obergrenze schade den Geschäftseinnahmen. Aus diesem Grund herrsche laut Steiner vor Ort vielfach die Devise: „So schnell wie möglich zurück zu wie es vorher war.“ Doch Steiner betont: „Wir müssen den Touristen ja auch den See bieten, den sie sich erwarten. Das geht nicht ohne Reglementierung der Massen.“ Es sei außerdem besser, vorab den Leuten zu sagen, wenn das Kontingent an Besuchern erfüllt sei, anstatt sie dann vor Ort wegschicken zu müssen, weil der Platz voll ist.
 
Gleichzeitig hat der Vizebürgermeister und Bergführer aus Prags aber auch das Gefühl, dass der Sicherheitsaspekt der Coronakrise den lokalen Tourismus in eine neue Richtung lenke: „Die öffentlichen Verkehrsmittel, mit denen sehr viele Leute zu uns fahren, müssen heuer stärker reglementiert werden, das bringt natürlich Einschränkungen“. Auch dürften die Parkplätze nicht mehr so stark überfüllt werden wie in den vorigen Jahren. Weitere Strategien zur Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen werden in den kommenden Tagen noch bearbeitet, meint Steiner. Es hätte viele Treffen insbesondere mit der IDM gegeben, um Systeme und Produkte auszuarbeiten, die die Einhaltung der Abstandsmaßnahem ermöglichen. Mit einer verstärkten Präsenz von Sicherheitskräften müssen die Besucher wohl auch rechnen. Ein Wagen der Carabinieri patrouillierte am besagten Sonntag mitten im schönsten Wiesenfleckchen am See. 

Kompatschers Plan der gratis Coronatests ist eine gute Marketingstrategie. Aber wenn man mitbekommt, wie schwer es war, Einheimische zu testen, dann wird es wohl kaum möglich sein, die Masse an Touristen alle zu testen

Doch weder von den Atemschutzmasken, noch von der Polizeipräsenz werden sich die Touristen abschrecken lassen, dafür ist Urlaub wohl zu kostbar, der Pragser Wildsee zu tieftürkies. Außerdem hat die Ankündigung von Landeshauptmannes Arno Kompatscher, gratis Coronatests für Touristen sicherlich einen Effekt gehabt. Auch für Steiner ist der Plan eine gute Marketingstrategie. Für umsetzbar hält er ihn allerdings nicht: „Wenn man mitbekommt, wie schwer es war, Einheimische und Krankenhauspersonal zu testen, dann wird es wohl kaum möglich sein, die Masse an Touristen alle zu testen.“ Dies sei nicht nur aus finanziellen Gründen unrealistisch, sondern auch aus technischer Perspektive gestalte sich die Auswertung so vieler Tests schwierig. Aber auch wenn der Coronatest nicht lockt – zum Glück gibt es da noch dieses tieftürkiese Schimmern des Pragser Wildsees.

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Georg Holzer Thu, 06/04/2020 - 05:21

Tolles Foto vom übergrossen Parkplatz, wieso jetzt jammern und nach Lösungen suchen, wenn vor ein paar Jahren im Naturschutzgebiet Fanes-Sennes-Prags direkt am Pragser See einfach illegal ein Parkplatz gemacht worden ist und das anscheinend die Lösung war, viele Autos, viele Touristen und abkassieren für jede Minute parken.... entweder Geld oder Ruhe, die Wähler dürfen das nächste Mal eintscheiden oder auch nicht ;-)

Thu, 06/04/2020 - 05:21 Permalink
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Michl T. Thu, 06/04/2020 - 13:00

die amerikanischen Nationalparks kann man da vlt. a bissl kopieren, da muss man sich auch vorher anmelden, sonst kommt man nicht rein zu Spitzenzeiten.

Thu, 06/04/2020 - 13:00 Permalink