Chronicle | Parlament

Unioni civili auf dem Prüfstand

Freude und Kritik am genehmigten Gesetz zu eheähnlichen Partnerschaften. Premier Renzi verteidigt sich: "Habe auf die Verfassung geschworen, nicht auf die Bibel."

Er wusste, dass er sich mit diesem Gesetzentwurf aufs Glatteis begab. Und doch hat Ministerpräsident Matteo Renzi den Vorschlag, eheähnliche Lebenspartnerschaften für homosexuelle Paare zu legalisieren, vorangetrieben. Sowohl im Senat (am 25. Februar) als auch in der Abgeordnetenkammer (vergangenen Mittwoch) ein Ja für die Eintragung der “unioni civili” gegeben. Wohl auch, weil Renzi die Abstimmung an die Vertrauensfrage geknüpft hatte.

Diese rechtliche Anerkennung muss gleichzeitig von einer gesellschaftlichen Anerkennung begleitet werden, damit der Diskriminierung homosexueller Menschen entgegengewirkt wird.
(Martina De Zordo, Südtiroler Jugendring)


Als einen “Schritt Italiens in Richtung Europa” bezeichnet die SVP-Parlamentarierin Renate Gebhard die erfolgreiche Absegnung des Gesetzes. Italien war bekanntlich das letzte westeuropäische Land gewesen, in dem Lebenspartnerschaften homosexueller Paare nicht geregelt waren. “Gute Gründe, um aus progressiver Sicht Vorbehalte” gegen die so genannte “legge Cirinnà” anzumelden sieht hingegen Florian Kronbichler. Dem für SEL-Grüne in die Abgeordnetenkammer gewählten Parlamentarier und seiner Parlamentsgruppe geht das Gesetz nämlich nicht weit genug. “Konservative und kirchenhörige Kräfte” hätten es geschafft, den ursprünglichen Entwurf aufzuweichen. “So erreichten sie, dass beispielsweise allein das Wort Ehe schon exklusiv für die traditionelle vorbehalten bleiben muss. Es ist die Treuepflicht, so wie für die Ehe noch vorgesehen, nicht enthalten. Einschränkungen gibt’s auch für das Adoptionsrecht”, erinnert Kronbichler.

Diese beiden Elemente vermisst auch Andreas Unterkircher von der Schwul-Lesbischen Initiative Centaurus im Cirinnà-Gesetz. Nichtsdestotrotz sei ein erster, wichtiger Schritt in Richtung komplette Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Partnerschaften getan worden, so Unterkircher.

Kritik an dem Gesetz und an Ministerpräsident Renzi kommt indes von der Kirche. Da ist die Rede vom “Begräbnis der Ehe und der Familie”, von “falschen Prioritäten”, die das Gesetz setze. Unzufrieden mit der nun geschaffenen Möglichkeit für homosexuelle Paare, sich in ein Partnerschaftsregister eintragen zu lassen, sind auch große Teile des italienischen Mitte-Rechts-Lagers. Politiker der Lega Nord, Forza Italia, Area Popolare haben angekündigt, Unterschriften für ein Referendum sammeln und die Frage zurück an die Bevölkerung geben zu wollen. Dazu wurde bereits ein Komitee gegründet, das sich mit dem Slogan “parola al popolo sovrano” und dem Hashtag #ciricorderemo an die Italiener wendet.

Eine klare Abfuhr an seine Kritiker erteilte Matteo Renzi schließlich in der Rai1-Polit-Talkshow Porta a Porta. Zu Moderator Bruno Vespa sagte Renzi am Donnerstag Abend: “Ich bin Katholik, aber Politik mache ich als Laie. Ich habe auf die Verfassung geschworen und nicht auf die Bibel.” Die negativen Reaktionen in Politik und Kirche habe er sich erwartet, so der Premier weiter. Und wenn er für seine Entscheidung, das Gesetz durchzubringen – auch unter Anwendung der Vertrauensfrage – dann sei er bereit, die Zeche zu zahlen. Standhaft reagiert auch die PD-Politikerin Monica Cirinnà, die dem nicht unumstrittenen Gesetz den Namen gegeben hat, auf die Attacken: “Ich wünsche mir, dass das Referendum kommt, weil wir es gewinnen werden. So wie bereits andere große gesellschaftliche Gesetze per Referendum bestätigt wurden.”