Culture | Salto Afternoon

Die Taufpatin

Heute und morgen finden in Bozen, Brixen und Wolkenstein Veranstaltungen zum Werk der 1997 verstorbenen Autorin Anita Pichler statt. Auch ein neuer Film feiert Premiere.
Filmstill
Foto: Lorenz Zenleser

Wie entsteht die Welt? Wie entstehen Gesellschaften? Elementare Fragen liegen dem Sagenstoff von Die Frauen aus Fanis zugrunde, den die Südtiroler Autorin Anita Pichler vor vielen Jahren gemeinsam mit der Sagenforscherin Ulrike Kindl erkundet hat. Aus den Bruchstücken der jahrhundertealten Überlieferungen hat sie dreizehn Portraits von fürstlichen, teils rätselhaften Frauengestalten gewoben.


Der Musiker und Komponist Florian Kmet und die Autorin und Schauspielerin Ursula Scheidle machen sich auf den Weg in die Berge, aus denen sie selbst vor vielen Jahren nach Wien aufgebrochen sind. Sie gehen auf Spurensuche nach Bildern und Erzählungen, die den Frauen aus Fanis zugrunde liegen. Und sie erzählen vom Ausbrechen aus den alten Strukturen und von der Rückkehr zu den Geschichten. In ihrer Live-Performance (19.11., 20:30 in Tublà da Nives, Wolkenstein und 20.11., 20:30 in der Dekadenz, Brixen) wird der Mythos stimmungsvoll zum Leben erweckt. Fanis wird zu einem persönlichen Ort, der mit den zentralen Fanis-Motiven Sehnsucht und Erfüllung, Verlust und Tod, Macht und Ohnmacht bespielt wird.


Die Nachlassverwalterinnen Sabine Gruber und Renate Mumelter stellen am Samstag (20.11., 17:30 im Museion) den Film von Lorenz Zenleser „Es wird nie mehr Vogelbeersommer sein“/“L’inizio è semplice: raccontiamoci a vicenda“ vor. Außerdem wird der österreichische Schauspieler Florentin Groll Texte von Anita Pichler lesen und Alma Vallazza wird Originalzeichnungen zeigen, die Markus Vallazza in enger Zusammenarbeit mit Anita Pichler für die „Frauen aus Fanis“ schuf.


salto.bz hat beim Filmemacher nachgefragt:

​​​​​​​salto.bz: Sie haben einen Kurzfilm über die Schriftstellerin Anita Pichler gedreht. Wie kam es dazu? 
Lorenz Zenleser: Anita Pichler war meine Taufpatin, so hat alles begonnen. Im letzten Frühjahr sind dann die Nachlassverwalterinnen Renate Mumelter und Sabine Gruber auf mich zugekommen, da sie einen informativen, kurzen Film über Anita Pichler haben wollten. Bis jetzt wurde das Werk von Anita Pichler filmisch nur in "Anita Pichler 1948- 1997...ich will einfach erzählen..." (2002) von Edith Eisenstecken und Evi Oberkofler aufgearbeitet. Der Film sollte einerseits über das Leben von Anita Pichler erzählen und einen Einblick in das literarische Werk geben.   

 

Wie hat Anita Pichler Sie persönlich geprägt? 
Ich muss zugeben, dass ich erst vor kurzem angefangen habe Anita Pichlers Bücher und Texte zu lesen. Die Texte berühren mich immer wieder, meine liebsten Absätze lese ich gerne mehrmals, auch mit einigem zeitlichen Abstand. Mein Antrieb für diesen Film war es auch Anita Pichlers Texte, interessierten Personen näher zu bringen und ihnen einen Eindruck zu geben in ihr Werk.

Schenna, Sulden, Venedig, Bozen... Anita Pichler fühlte sich an vielen Orten daheim und fremd zugleich. Wie nahe kommen Sie der Schriftstellerin im Film?
Ich bin Anita Pichler gefolgt. Ich selbst wohne in Wien und habe dort Aufnahmen für den Film gedreht. Auch in Bozen, der Stadt in der ich aufgewachsen bin, habe ich Eindrücke eingefangen. Ich bin nach Sulden gefahren und nach Venedig gereist, um die Spuren Anita Pichlers zu verfolgen und die Orte zu erkunden an denen sie ihr Leben verbracht hat.

Nach der ganzen Recherche und dem Zusammenstellen des Kurzfilms: welche Frage hätten Sie gerne an Anita Pichler stellen wollen? 
Ich glaube, ich hätte keine Frage an sie, ein Espresso in ihrer Lieblingsbar in Venedig und ein Gespräch mit ihr wären mir lieber.