Umwelt | Klimastreik

Die Südtiroler Zivilgesellschaft lebt

Und sie geht für den Klimaschutz auf die Straße. Erst recht, nach Veröffentlichung des „Klimaplan 2050“, laut Umweltgruppen eine „Farce“. Was sie stattdessen fordern.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Statement
Foto: @julia tappeiner

 

„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut!“

Es ist ein Spruch, den heute jeder kennt, spätestens, seit „Fridays For Future“ international an Bekanntheit erlangt haben. In den Medien sind die freitäglichen Klimastreiks mittlerweile weniger präsent, doch gehen Jugendliche wie Erwachsene weltweit immer noch auf die Straßen, um Druck auf die Politik zu machen, einen ambitionierteren Klimaschutz einzuleiten.

Druck auf die Politik machen – mit diesem Ziel versammelten sich am Freitag (10. Dezember) auch in Bozen rund 100 Menschen auf den Talferwiesen. Ausschlaggebend für den Protest war der „Klimaplan für Südtirol 2050“, den die Landesregierung am 14. September als Entwurf vorgestellt hatte. Die darin enthaltenen Maßnahmen gegen den Klimawandel wurden von Aktivistinnen und Wissenschaftlerinnen als unzureichend und als nicht konform mit den Pariser Klimazielen kritisiert.

Als Antwort darauf haben sich Umweltgruppen- und Aktivisten zum „Climate Action South Tyrol - Bündnis für Klimaaktion Südtirol“ zusammengeschlossen. Über dreißig Gruppierungen sind mit dabei – von Fridays for Future über den Dachverband für Natur- und Umweltschutz bis hin zu den Omas gegen Rechts oder bekannten Aktivistinnen wie Magdalena Gschnitzer. Sie sind die Initiatoren der Protestaktion auf den Talferwiesen und Beweis der aktiven Zivilgesellschaft im Lande.

„Wir gehen seit 3 Jahren jede Woche auf die Straße, und immer noch hat die Landesregierung keine ausreichenden Maßnahmen getroffen, um unter dem 1,5 Grad Ziel zu bleiben“,

beklagen Fridays for Future Aktivisten auf der Protestaktion am Freitag.

Zusammen wurden deshalb vom Bündnis 12 Forderungen ausgearbeitet, wie der Klimaplan sich konkret ändern muss, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Die Punkte richten sich nach der Analyse des Klimaplans 2050, die von einer Gruppe Südtiroler Wissenschaflern durchgeführt wurde, sowie  nach den Richtlinien des Pariser Klimaabkommens und der EU. Bereits in wenigen Tagen wurden sie von mehr als 1000 Menschen unterzeichnet, noch mehr Unterschriften werden erhofft, nicht nur von Privatpersonen, aber auch von Unternehmen, Organisationen und Genossenschaften, um damit an die Politik zu treten.

 

David Hofmann von der Umweltgruppe „Regala Zukunft“ ist Teil des Bündnisses für Klimaaktion und hat die 12 Forderungen mit erarbeitet. Vom Klimaplan der Landesregierung ist der Neurowissenschaftler aus Sterzing enttäuscht: „Ein Klimaplan, der weder den CO2-Ausstoß der Landwirtschaft beachtet noch der Autobahn A22, ist nicht ernst zu nehmen. Da ist noch viel Luft nach oben.“

Es blieb am Freitag aber nicht bei purem Protest. Im Anschluss der Demo kam es zu sechs „Runden Tischen“, zu den Themen Mobilität, Partizipation, Energie, Biodiversität, Tourismus und Landwirtschaft. Hofmann erklärt: „Dabei erarbeiten die Teilnehmenden gemeinsam mit Expertinnen und Experten konkrete Lösungsansätze, um die 12 Forderungen zu erreichen“, sagt Hofmann. Die Ergebnisse der Round Tables werden dann als Bewertung des Entwurfs zum Klimaplan 2050 der Landesregierung geschickt. Für alle Bürgerinnen und Bürger gilt: bis zum 31. Dezember können die Maßnahmen des Entwurfs hier angeschaut, bewertet und kommentiert werden.

Zwischen der Exekutive und den Umweltgruppen hatte es vorab bereits ein erstes Treffen gegeben, erzählt Hofmann, unter anderem mit Landeshauptmann Kompatscher und Umwelt-Landesrat Giuliano Vettorato.

Landeshauptmann Kompatscher habe die Kritik willkommen geheißen uns selbst konstatiert, dass der Klimaplan unzureichend sei, doch sieht Hofmann dieses Verhalten nicht bei allen Regierungsvertretern.

Vettorato habe den aktuellen Entwurf des Klimaplans 2050 zum Beispiel verteidigt, von anderen Vertretern kam wenig Input.
Das findet Hofmann schade, denn gerade Südtirol hätte das Potential, beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle einzunehmen, erklärt er: „Wir haben eine viel bessere Startposition als andere Länder, zum Beispiel haben wir durch unsere Wasserkraft viel grüne Energie.“

Der aktuelle Klimaplan sei zwar nur ein Entwurf, heißt es von offiziellen Seiten, doch bis Ende Februar muss der endgültige Plan stehen. Die Regierung hätte außerdem 2 Jahre allein an diesem Entwurf gearbeitet, fügt Hofmann hinzu: „Wenn man nach 2 Jahren so einen Entwurf vorlegt, dann ist das schon eine Farce.“

Die Zivilgesellschaft wird also weiterhin freiwillig und in ihrer Freizeit auf die Straße gehen müssen, um die Arbeit anzustoßen, so drückt es Hofmann aus, die eigentlich Politikerinnen und Politiker erledigen sollten, die dafür bezahlt werden. Wie sich die Südtiroler Klimapolitik entwickeln wird, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen.

 

Dieser Blog wird von der Autonomen Provinz Bozen und vom Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik unterstützt.