Wirtschaft | Volksbank

Gefesselte Aktionäre

Nach den Sparkasse-Aktionären sind nun auch viele Volksbank-Mitglieder an die Papiere ihrer Bank gefesselt. Werden sie dagegen aufbegehren?
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Foto: Salto.bz

Auch für Banker ist das Leben oft kein Wunschkonzert. Und so muss sich die Führung der Südtiroler Volksbank nach der anstrengenden Expansion der vergangenen Jahre nun mit einer weiteren Herausforderung herumschlagen, die „weder ein Wunsch noch ein Ziel von uns war“, wie es Präsident Otmar Michaeler in der aktuellen Ausgabe der Volksbank-Zeitung “News4You“ formuliert: der Umwandlung von einer Genossenschaftsbank in eine Aktiengesellschaft. Eine Verpflichtung, die alle italienischen Volksbanken mit Aktiva von mehr als acht Milliarden Euro trifft und die nun in die heiße Phase tritt. Am 26. November sollen die über 58.000 Mitglieder der Bank dem historischen Schritt bei einer ordentlichen und außerordentlichen Mitgliederversammlung ihren Sanctus geben.

Bereits am Montag stellte der Verwaltungsrat der Bank die letzten Weichen dafür und fixierte den Auszahlungspreis für all jene Mitglieder, die diesen Schritt mit ihrer Bank nicht mitmachen wollen. Ihnen steht bei der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft per Gesetz ein Austrittrecht zu. Zu welchem Preis, musste nun der Verwaltungsrat fixieren. Die Preisspanne, die ihm dabei laut einer Pressemitteilung der Volksbank von zwei Gutachten vorgegeben wurde, lag zwischen 12,10 und 15,00 Euro pro Aktie. Das Führungsgremium entschied sich für das  unterste Limit – und fixierte den Auszahlungspreis bei 12,10 Euro.

Ein bescheidener Preis, wenn man ihn mit dem Preis der Stammaktien bei der Kapitalerhöhung Anfang des Jahres vergleicht, die zu einem Wert von 19,20 Euro ausgegeben worden waren. Doch schließlich soll auch keine Motivation für die Mitglieder geschaffen werden, ihre Bank zu verlassen, wird die große Differenz begründet. Denn das kann sich Volksbank in ihrer aktuellen Situation nicht leisten, ist die Botschaft, die nach der gestrigen Verwaltungsratssitzung hinüberkommt. Schließlich wies die Bank nach der Integration der Banca Popolare di Marostica in ihrer Halbjahresbilanz 2016 einen Verlust von 27,4 Mio. Euro aus. Dazu kommt die anhaltend schwierige Marktsituation im Bankensektor mit niedrigem Zinsniveau, Druck auf Margen und „einem starken regulatorischen Druck, der zu  zusätzlichen Kosten führt“, wie die Bank schreibt. „Den Verwaltungsräten der Volksbank ist es angesichts dieser Rahmenbedingungen bewusst, dass sie bei der Festlegung des Auszahlungspreises besonders umsichtig vorgehen mussten“, sagte Volksbank-Präsident Otmar Michaeler.

„Eine Auszahlung würde den bisherigen Einschätzungen zur derzeitigen und zukünftigen Vermögenslage der Bank widersprechen und sich unverzüglich auf die Kapitalratios auswirken und somit die notwendigen Mittel für die Wachstumsziele des Strategieplans binden." 

Sie gehen damit laut dem gestrigen Beschluss sogar so umsichtig um, dass der Auszahlungswert vorerst eine theoretische Größe bleibt. Denn obwohl der Beschluss am Montag noch nicht gefasst wurde, geht die Tendenz in die Richtung, dass die Bank selbst Aktionären, die ihr Rücktrittsrecht ausüben wollen, ihre Anteile nicht auszahlen wird. „Eine Auszahlung würde den bisherigen Einschätzungen zur derzeitigen und zukünftigen Vermögenslage der Bank widersprechen und sich unverzüglich auf die Kapitalratios auswirken und somit die notwendigen Mittel für die Wachstumsziele des Strategieplans binden“, begründet Präsident Otmar Michaeler die Einschränkung. Eine Möglichkeit, die der Bank laut gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen offen steht. Wie sie sich auf die Stimmung der Mitglieder auswirken wird, ist nun zu sehen.

Suche Käufer für Volksbank-Aktien

Schließlich gibt es derzeit schon unabhängig vom aktuellen Austsrittrecht auf der Handelsplattform der Volksbank rund 4000 Mitglieder, die ingesamt drei Millionen Volksbankaktien loswerden wollen, aber derzeit keine Käufer finden. Ein Stau, den auch Volksbank-Direktor Johannes Schneebacher bestätigt und mit der aktuellen Bankenkrise begründet. „Bis 2015 hatten wir für eine nicht-quotierte Bank immer eine sehr regen Handel im Umfang von rund 5 % des Eigenkapitals“, sagt er. Während sich Angebot und Nachfrage traditionell die Waage gehalten hätten, gebe es nun einen klaren Angebotsüberhang. Sprich: Volksbank-Mitglieder sitzen wie auch die Sparkassen-Aktionäre auf ihren Papieren fest. Und haben zumindest derzeit eine ungewisse Zukunft vor sich. Denn die bisherige Handelsplattform muss unabhängig von der Umwandlung der Gesellschaftsform an neue Bestimmungen zum Schutz der Anleger angepasst werden. In welcher Form genau es weitergehen wird, kann selbst der Generaldirektor zun derzeitigen Moment noch nicht voraussagen.

Ebenso ungewiss sind derzeit aber auch die Bedingungen für die Mitglieder, die den Schritt von der Genossenschaftsbank zur Aktiengesellschaft nicht mitmachen wollen und ihr Austrittsrecht ausüben wollen. Gründe dafür liefert vor allem der Wechsel vom Kopfstimmrecht zu Quotenstimmrecht. „Ein Kopf – eine Stimme“, lautet bisher das geheiligte Genossenschaftsprinzip. Nun dagegen müssen sich einfache Mitglieder darauf einstellen, dass ihre Stimme nichts mehr zählt oder zumindest gegenüber größeren Aktionären an Wert verliert. Das allein kann so manch überzeugtem Genossenschaftsfan trotz der Beteuerungen der Bank, weiterhin „eine tief verankerte Regionalbank zu bleiben“, die Lust verderben, weiterhin am Ball zu bleiben. Doch haben es altgediente und treue Mitglieder verdient, nun zu einem Preis abgespeist zu werden, der gerade einmal 60 % des aktuellen Marktpreises von 19,60 Euro entspricht? Und haben sie angesichts der Richtungsvorgabe der Volksbank, die Auszahlung einzuschränken, überhaupt eine Chance, ein Geld zu sehen? Das alles wird sich erst in den kommenden Monaten klären. Vorerst muss laut Schneebacher einmal geklärt werden, wie viele Rücktrittsgesuche es überhaupt gibt. Dann setzt man bei der Bank auf die Schiene, dass bestehende oder neue Aktionäre die scheidenden im Rahmen eines Optionsrechts auszahlen. Diesbezüglich könnte die gestrige Entscheidung des Verwaltungsrates die aktuelle Unlust Volksbank-Aktien  zu erwerben, wieder anheizen: Immerhin stehen diese nun um mehr als sieben Euro günstiger im Angebot als noch bei der Kapitalerhöhung zu Jahresbeginn. Ein Schnäppchen gewissermaßen. Zumindest für jene, die nicht aus unterschiedlichen Gründen gezwungen sind, mit Verlusten aus ihrer Bank auszusteigen.

Johannes Schneebacher sieht das alles weit weniger dramatisch. „Einen Wertverlust erleiden Aktionäre nur dann, wenn wir ein negatives Jahresergebnis haben, was laut derzeitigem Stand nicht der Fall sein wird“, sagt er. „Alles andere sind Einschätzungen derjenigen, die verkaufen und kaufen wollen.“ Solch persönliche Einschätzungen werden bei einer Volksbank AG künftig eine größere Rolle spielen als bisher, räumt auch der Generaldirektor ein. Nun ist zu sehen, wie vorteilfhaft für die Bank die Stimmung der Aktionäre ausfällt. Die anstehenden Mitgliederversammlungen werden dafür ein gutes Barometer sein. 

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Hartmuth Staffler Di., 08.11.2016 - 22:18

Wenn Präsident Otmar Michaeler behauptet, dass die Umwandlung von einer Genossenschaftsbank in eine Aktiengesellschaft„weder ein Wunsch noch ein Ziel von uns war“, dann sagt er eine Unwahrheit. Die marode Volksbank Marostica wurde ja im Bewusstsein bzw. in der Absicht gekauft, die fatale Schwelle der Aktiva von acht Milliarden Euro zu überwinden und damit die Bank zu einer Aktiengesellschaft machen zu können. Die Volksbank-Anteilseigner haben den unsinnigen Ankauf der Volksbank Marostica mit großer Mehrheit akzeptiert und brauchen sich jetzt nicht zu wundern, wenn die von Kritikern vorhergesagten Folgen eintreten, obwohl die hysterische Reaktion von Generaldirektor Schneebacher auf Kritik in den Mitgliederversammlungen eigentlich die Alarmglocken hätte läuten lassen müssen.

Di., 08.11.2016 - 22:18 Permalink