Politik | Sanität

Kür mit Hindernissen

Der neue Verwaltungsdirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes, Enrico Wegher, muss sein Amt verspätet antreten. Dabei steht eine Frage im Raum: Darf er überhaupt?
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Foto: Südtiroler Sanitätsbetrieb
Am 20. Dezember 2016 war die Welt noch in Ordnung.
Der Südtiroler Sanitätsbetrieb und Generaldirektor Thomas Schael konnten per Pressemitteilung vermelden, dass endlich die Wunschkandidaten für die Führungsspitze des Betriebs bestellt wurden.
Es war bekanntlich eine Schwergeburt gewesen. Eigentlich wäre eine eigens einberufene Kommission dafür zuständig gewesen, den Nachfolger von Sanitätsdirektor Oswald Mayr als Sanitätsdirektor zu bestimmen. Dieser ging Ende 2016 in Pension. Fünf Kandidaten traten zur Anhörung vor die Kommission: Costantino Gallo, Klaus Eisendle, Peter Paul Pramstaller, Thomas Lanthaler und Pierpaolo Bertoli. Doch am Ende konnte man sich auf keinen Kandidaten einigen.
Damit musste Thomas Schael handeln. Er machte einen Dreivorschlag: Thomas Lanthaler als Sanitätsdirektor, Marianne Siller als neue Pflegedirektorin sowie Enrico Wegher als neuer Verwaltungsdirektor.
Am selben Tag vor Weihnachten segnet die Landesregierung den Dreiervorschlag ab. „Das neue Team rund um Generaldirektor Thomas Schael wird mit seinem Fachwissen, seinen Erfahrungen und mit seinem vollen Einsatz an der Umsetzung der Gesundheitsreform für eine gute gesundheitliche Versorgung der Menschen in Südtirol arbeiten”, jubilierte die zuständige Landesrätin Martha Stocker.
Der Sanitätsbetrieb verschickte mit der Pressemitteilung auch ein Foto der neuen Führungsspitze. Darauf ein lachendes Kleeblatt. Rechts hinten der neue Verwaltungsdirektor Enrico Wegher.
 

Gebremste Ernennung

 
Der Fahrplan ist klar. Auf der Grundlage des positiven Gutachtens der Landesregierung muss der Sanitätsbetrieb die Ernennungen nur mehr formalisieren. Das passiert genau zehn Tage später. Per Beschluss des Generaldirektors werden Thomas Lanthaler zum neuen Sanitätsdirektor und Marianne Siller zur neuen Pflegedirektorin ernannt.
Von der Ernennung des neuen Verwaltungsdirektors Enrico Wegher gibt es vorerst aber keine Spur. Denn plötzlich war etwas eingetreten, an das im so großen Sanitätsbetrieb anscheinend niemand mehr gedacht hat. Man kommt drauf, dass es eine gesetzliche Unvereinbarkeit gibt.
In der Presseaussendung des Sanitätsbetriebes heißt es lapidar:
„Die Ernennung zum Verwaltungsdirektor muss noch warten, weil Enrico Wegher aktuell noch den Auftrag zum Präsidenten der SAIM innehat, was mit der Übernahme der Verwaltungsdirektion unvereinbar ist. Innerhalb Jänner 2017 ist die Ernennung des neuen Präsidenten der SAIM geplant. Bis dahin führt Bezirksdirektor Umberto Tait die Verwaltungsdirektion geschäftsführend, weil Marco Cappello bereits vor Monaten sein Ausscheiden aus diesem Amt mit 31.12.2016 ankündigt hat.“
Enrico Wegher soll sein Amt deshalb Anfang Februar antreten.
 

Gefährliche Nachfrage

 
Doch dem ist nicht so. „Enrico Wegher hat noch die letzte Bilanz in der SAIM fertigzustellen und einige Projekte“, heißt es offiziell aus dem Südtiroler Sanitätsbetrieb, „dann wird er als Präsident zurücktreten“. Damit sei die Unvereinbarkeit aufgehoben und Wegher könne seinen neuen Job antreten. „Wir gehen davon aus, dass es noch in diesem Monat sein wird“, sagt der Pressesprecher des Betriebes, Lukas Raffl.
Außer es kommt zu einer zweiten noch böseren Überraschung.
 

Die Unvereinbarkeit wird vom staatlichen Legislativdekret vom 8. April 2013. Nr. 39 festgelegt. Enrico Weghers SAIM-Präsidentschaft ist nach diesem Dekret auf keinen Fall mit dem Amt des Verwaltungsdirektors vereinbar. Wegher muss spätestens 15 Tage nach seiner Ernennung aus der SAIM austreten.
Doch diese staatliche Verordnung regelt aber nicht nur die Unvereinbarkeiten (incompatibilità) von Aufträgen in öffentlichen Körperschaften, oder in von diesen kontrollierten öffentlichen oder privaten Körperschaften, sondern auch deren Nichterteilbarkeit (inconferibilità).
In Artikel 5 des Dekretes heißt es:
„Gli incarichi di direttore generale, direttore sanitario e direttore amministrativo nelle aziende sanitarie locali non possono essere conferiti a coloro che, nei due anni precedenti, abbiano svolto incarichi e ricoperto cariche in enti di diritto privato regolati o finanziati dal servizio sanitario regionale.“
Damit stellt sich aber eine ganz andere Frage: Was heißt „regolati o finanziati“?
Die SAIM gehört zu 51 Prozent dem Südtiroler Sanitätsbetrieb und sie arbeitet seit Jahren ausschließlich für diesen Kunden. Im Statut der SAIM heißt es:
„Gegenstand der Gesellschaft ist die Lieferung, Entwicklung und Implementierung des Programms und der Anwendungen des Integrierten Gesundheitsinformationssystems (“SISI”), als Ablösung des Systems des elektronischen Krankenblattes, sowie seine ordentliche und außerordentliche Instandhaltung, bis zum Ablauf des ergänzenden Servicevertrages.“
Im Sanitätsbetrieb ist man der Meinung, dass Enrico Wegher nicht unter diese Bestimmung fällt. „Es gibt keinen Grund für eine Nichterteilbarkeit“, sagt Pressesprecher Lukas Raffl.
Anders sieht es Paul Köllensperger. Der 5-Sterne-Landtagsabgeordnete, der sich seit Jahren mit der SAIM beschäftigt, geht davon aus, dass die Rechtslage alles andere als klar ist. „Ich glaube, dass Wegher unter diese Bestimmung fällt“, meint Köllensperger.
Er will diese Rechtsfrage jetzt geklärt wissen.
Sollte der Oppositionspolitiker Recht haben, dann heißt es für Enrico Weghe warten. Mindestens zwei Jahre bis er seinen neuen Job antreten darf.