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Die Last des Doppelpasses

Weil es wegen des Doppelpasses an Vertrauen fehle, sagt Außenminister Moavero seiner österreichischen Amtskollegin ab. Ministerpräsident Conte trifft Kanzler Kurz.
Löwenzahn
Foto: Pixabay

Nicht ohne Italien. So lautet die offizielle Devise, die der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz in Sachen Doppelpass ausgegeben hat. Die Bundesregierung werde keine einseitigen Maßnahmen setzen, um Südtirolern den Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. Das wiederholt Kurz gebetsmühlenartig, wenn er danach gefragt wird. Zuletzt am Freitag, als er beim inoffiziellen Wahlkampfauftakt der SVP in Bozen zugegen war.
Doch so ganz scheint man ihm in Rom nicht zu glauben, wie ein gescheitertes Treffen zwischen den beiden Außenministern zeigt. Weil es an gegenseitigem Vertrauen fehle und “ausgerechnet im Gedenkjahr 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg” die Pläne der österreichischen Bundesregierung “den Charakter eines anachronistischen Revanchismus” bekommen würde, will Außenminister Enzo Moavero nicht nach Wien reisen.

 

Kein Thema?

“Sobald wir in Österreich so weit sind, dass wir etwas vorlegen können, werden wir selbstverständlich mit Rom in den Dialog treten”, meinte Kanzler Kurz am Freitag in Bozen – bremste zugleich aber. Ein entsprechender Gesetzentwurf zum Doppelpass sei derzeit “kein Thema”, so der Bundeskanzler zu den Journalisten vor seinem Auftritt auf der SVP-Bühne.
Kein Thema dürfte die Absicht der österreichischen Regierung auch beim Treffen zwischen Kurz und Ministerpräsident Carlo Conte sein, das heute (18. September) in Rom stattfindet. Um 11 Uhr treten Kurz und Conte zusammen, um über den bevorstehenden informellen EU-Gipfel am 19. und 20. September in Salzburg und die Afrika-Politik der EU zu sprechen.

 

Ein Thema!

Nicht miteinander sprechen werden hingegen Enzo Moavero und Karin Kneissl. Der Außenminister hat seiner österreichischen Amtskollegin am Montag einen Korb gegeben – wegen des Doppelpasses. Kneissl hatte Moavero zu einem Treffen nach Wien eingeladen. Doch wie das Außenministerium in einer Note mitteilt, habe Moavero über den italienischen Botschafter ausrichten lassen, dass er “derzeit nicht imstande” sei, nach Wien zu kommen. Der Grund dafür: Die wiederholten Aussagen zu einem Ad-hoc-Gesetzentwurf zum Doppelpass – “eine Initiative, die das Klima des gegenseitigen Vertrauens belastet”, heißt es in der Note. Vertrauen sei aber eine “unentbehrliche Bedingung für das Gelingen dieser Art von Treffen”.

“Besonders unangebracht” sei ein möglicher Alleingang Österreichs in Sachen Doppelpass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Südtirol, heißt es in der Note weiter. Darüber hinaus sei die Initiative insbesondere deshalb “schwer begreiflich”, da “alle Österreicher und alle Italiener schon die gemeinsame Staatsbürgerschaft der Europäischen Union teilen”. Dass gerade Österreich, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, die Möglichkeit in Erwägung ziehe, Südtirolern die Staatsbürgerschaft zu verleihen, sei daher “wirklich merkwürdig”.

Und schließlich sei es, so das Außenministerium weiter, “bedauerlich, dass gerade im Gedenkjahr 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, in dem das Blut vieler Italiener und Österreicher vergossen wurde, besagte Initiative Gefahr läuft, den Charakter eines anachronistischen Revanchismus anzunehmen”.