Politik | Covid-19-Pandemie

Corona aufarbeiten?

Dr. Franz Ploner hat sich bereits während der Corona-Pandemie für eine Debatte auf wissenschaftlicher Basis eingesetzt. Nun fordert er eine Aufarbeitung der Geschehnisse.
Ist eine Aufarbeitung der Covid-19-Pandemie in Südtirol möglich, ohne in die Verschwörungs-Gefilde der Leugner abzudriften und mit diesem meist auf emotionaler und nicht auf wissenschaftlicher Ebene diskutierten Thema  noch mehr Gräben in unserer Gesellschaft aufzureißen? Dr. Franz Ploner, ehemaliger ärztlicher Leiter am Krankenhaus Sterzing und Landtagsabgeordneter des Team K, hat bereits während der Pandemie versucht, eine breite Debatte auf wissenschaftlicher Basis anzustoßen, indem er beispielsweise eine Live-Stream-Veranstaltung mit dem Public-Health-Experten Dr. Markus Sprenger organisiert hat. Nun hat der Team K-Abgeordnete eine umfangreiche Landtagsanfrage eingereicht, denn seiner Meinung nach ist eine faktenbezogene und partizipative Aufarbeitung der Covid-19-Pandemie in Südtirol dringend notwendig.
 
 
Die Absicht einer solchen Aufarbeitung muss sein, das Vertrauen in die Politik einerseits und in die Wissenschaft andererseits wieder zu stärken.
 
 
Wie Ploner im Vorwort seiner Anfrage schreibt, könne man die letzten drei Jahre der Corona-Pandemie als einen Ausnahmezustand beschreiben. „Diese Jahrhundertpandemie hat in kürzester Zeit Entscheidungen verlangt, die zu weitreichenden Konsequenzen für die Bürger und Bürgerinnen geführt hat.“ Die Pandemie habe vor allem das Gesundheits- und Sozialsystem, aber auch viele andere Politikfelder weitgehend unvorbereitet getroffen. Dabei seien viele Defizite deutlich geworden. „Nicht nur das Gesundheitssystem wurde an die Grenzen der Belastbarkeit geführt, sondern auch unser Bildungs-, Wirtschafts- und Gesellschaftsgefüge wurde erheblich in Mitleidenschaft gezogen“, so Dr. Ploner, der erklärt, dass nach und nach die Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen auf unsere Gesellschaft erkennbar werden. Die während der Corona-Pandemie getroffenen Schutzmaßnahmen seien mit tiefgreifenden Grundrechtseingriffen einhergegangen. Dazu zählten Besuchsverbote, einsames Sterben in den Alten- und Pflegeeinrichtungen, die Schließung von Kitas, Kindergärten und Schulen, die weitgehende Stilllegung des kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Gleiches gelte für das Management der Beschaffung und Lagerung von Masken, Tests und Schutzkleidung.
 
 
 
 
 
„Die Absicht einer solchen Aufarbeitung muss sein, das Vertrauen in die Politik einerseits und in die Wissenschaft andererseits wieder zu stärken und somit die Verwerfungen innerhalb der Gesellschaft dieses Landes möglichst auszuräumen. Aus diesem Grunde ist die Aufarbeitung der Corona-Pandemie dringend notwendig“, betont Dr. Ploner, der von der Landesregierung wissen möchte, ob beabsichtigt wird, eine unabhängige Fachkommission mit der Aufarbeitung der COVID-19-Pandemie, so wie dies in anderen Ländern bereits erfolgt ist, zu beauftragen. Weiters ersucht der Team K-Abgeordnete um Auskunft, ob der Landesregierung Daten zu den Auswirkungen der Lockdown-Maßnahmen, der Maskenpflicht und der Test- und Impfstrategien vorliegen und ob es sozial-wissenschaftliche Daten für Südtirol zu den Auswirkungen der Schließung von Bildungseinrichtungen, online-Unterricht und Mehrbelastung durch diese Maßnahmen gibt.
 
 
Bei der Implementierung von den Maßnahmen wurden mögliche Langzeitwirkungen kaum bedacht.
 
 
Die weiteren Fragen beschäftigen sich nicht nur mit der Bereitschaft der Landesregierung, in einer sachlich-wissenschaftlichen Auseinandersetzung die Folgen und Ergebnisse der in der Pandemie getroffenen Entscheidungen und Maßnahmen zu analysieren und zu bewerten sowie ob der Landeshauptmann selbst bereit ist, seine Entscheidungsprozesse während der Corona-Pandemie einer eingehenden Analyse insbesondere mit Blick auf die Beteiligung des Landtages und der Nachvollziehbarkeit und Evidenz einer unabhängigen Kommission zu unterziehen, sondern auch ob die Landesregierung bereit ist, die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen sowie soziale und wirtschaftliche Folgen einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen. Denn laut Ploners Meinung, wurden bei der Implementierung der Maßnahmen mögliche Langzeitwirkungen kaum bedacht.
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Martin Tarshito Di., 30.05.2023 - 13:28

Ach Gott, das fängt ja schon gut an, mit Fettdruck sogar:
"möglich, ohne in die Verschwörungs-Gefilde der Leugner abzudriften?"

Stammen die offengelegten Nachrichten, die sich Speranza und der Chef des ISS nachweislich austauschten, der für seinen Chef alles zu tun bereit war, etwa aus dem XXX Gefilde?
Nein.
Warum zögert Salto.bz also hier mit Fakten und Tatsachen voranzugehen?
Und nein, nicht Sie Herr P.Gasser sollten sich damit abgesprochen fühlen, sondern die salto.bz Redaktion oder ein Ch.Franceschini

Di., 30.05.2023 - 13:28 Permalink
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Martin Tarshito Di., 30.05.2023 - 22:22

"Wir haben es nicht besser gewusst"?!

Sie wussten aber immer ganz genau, und zwar vermeintlich bestens, dass dies oder das Fake News seien, Verschwörungstheorien, Aussagen von Leugnern und und und
Nur heißt es im Kontext derlei Framings auch heute noch nicht :"Nach damaligen Wissensstand". Dazu wird es auch nie eine Aufarbeitung geben.

Daher sind Parolen wie "Aufarbeitung", wenn sie aus bestimmten Kreisen stammen, nicht anders zu verstehen als eine postfaktische Rechtfertigung a posteriori.

So lesen sich zumindest einige in diesem Artikel eingeflochtene Zitate.

Di., 30.05.2023 - 22:22 Permalink
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Martin Tarshito Fr., 02.06.2023 - 09:39

Achtung: Sachliche Kritik an Herrn Ploner sowie an die Autorin des Artikels bezüglich der voran platzierten Gegenüberstellung eines H. Ploner zu den medial pauschal vorverurteilten "Leugner" (Zitat Autorin).

Die Autorin zitiert H. Ploner :

„Diese Jahrhundertpandemie hat in kürzester Zeit Entscheidungen verlangt, die zu weitreichenden Konsequenzen für die Bürger und Bürgerinnen geführt hat.“

Jeder Südtiroler Politiker und jeder Journalist sollte seit 2022 wissen, dass der "Nationale Pandemieplan" nahezu 15 Jahre lang nicht mehr angepasst worden war. Konkret seit 2006 (s. https://www.spiegel.de/ausland/corona-klagen-in-italien-erst-kam-die-pa…)
Dies als Punkt eins, der Ploners Aussage obsolet macht.

Von wegen "in kürzester Zeit".

Punkt zwei: Das italienische Parlament hat Conte, Speranza und Co bereits ab dem 31.01.2020 diktatorische Vollmacht gegeben, die -wie einst die 'dictatur' eines Consuln der altrömischen Republik eigentlich nur sechs Monate andauern hätte sollen.
Das erste Monat, also bis zum Aufkommen der ersten bestätigten Fälle rund um den 22.02.2020 in der Lombardei hat sich die beVOLLmachtete Regierung aber wie ausgezeichnet? Durch verantwortungsvolle "Entscheidungen"? "in küzester Zeit"?

Nein, in dieser Zeit hat sich beispielsweise der Chef der ( in der Sanität verantwortlichen) Regierungspartei PD, der Herr Zingaretti, eher als Verharmloser und tatsächlicher Leugner hervorgetan. Selbst noch nach Bestätigung der ersten Fälle. (s. https://www.ilgiornale.it/news/politica/quando-zingaretti-diceva-corona…).
Und sein Parteikollege Speranza, der Minister für das Gesundheitswesen war, hat dieses erste Monat genutzt, um den Pandemieplan anzupassen? Nein.

Tatsächlich zeichnete sich der März 2020 durch glanzvolle Abwesenheit der lombardischen Regionalregierung (u.a. mit einem Gesundheitsassessor aus Forza Italia) aus, die lediglich durch verfehlte Dekrete glänzte: unter anderem mit einem Dekret, das entschied moderat symptomatische ältere Menschen, die nicht mehr von Hausärzten besucht werden durften und deshalb in die Krankenhäuser gegangen waren, von diesen in Altersheime umzusiedeln. Allein zum Zweck, Betten für eventuell schwere Fälle frei zu bekommen. In den Heimen aber, in denen die Pflegerinnen keine Masken benutzen durften und in nicht unerheblicher Anzahl - da aus osteuropäischen Ländern stammend- nach Hause flüchteten, kamen diese älteren lediglich schwach erkrankten Menschen einfach so ums Leben. Sie siechten im wahrsten Sinne des Wortes dahin, indem ihnen teilweise nur noch das Essen an die Tür gestellt wurde. Viele deportierten Insassen wurden erst dann tot geborgen, nachdem es schon nach Tod roch. Eines der größten Heime kam damals ja auch in die Schlagzeilen, weil von über 700 Insassen nahezu die Hälfte verstorben war. (s https://www.milanotoday.it/attualita/coronavirus/morti-rsa-trivulzio-lo…)

In Wahrheit wartete die italienische Regierung auf die Leitlinien der WHO sowie die Anweisungen, wie gemäß ICD-10 zu kodieren bzw. abzurechnen sei. Diese kamen aber erst zwischen April und Anfang Mai 2020 heraus. Bis dahin starben erstmal nicht wenige. V.a. in den Altersheimen (s. https://www.pensionaticisllombardia.it/articolo-1006/coronavirus-e-anzi… ).
Und tatsächlich brachte die WHO Leitlinie das verordnete Muss einer sog. Triage. Ja eine Triage war per Leitlinie vorgesehen: wer sich im Krankenhaus mit lediglich geringen oder sog. erst "moderaten" Symptomen vorstellig machte, musste mit "tachipirina [Paracetamol] e vigila attesa" wieder zurück nach Hause. So wie die älteren Menschen der Lombardei die Krankenhäuser wieder verlassen mussten, falls sie nur "moderate Symptome " hatten. Nur sog. schwere und kritische Fälle durften ins Krankenhaus. Also solche mit bereits entwickelter Atemnot (SARS Syndrom bzw. noch schlimmeres xxxx; fällt mir nicht mehr namentlich ein).

So viel zu den "Entscheidungen in kürzester Zeit"!

Jene Ärzte aber, die tatsächlich in "kürzester Zeit Entscheidungen" treffen mussten, weil sie Ihre Patienten nicht einfach solange dahinsiechen lassen wollten, konkret jene Hausärzte , die sich später in der Gruppe "terapia precoce domiciliare" vereinten, wurden noch 2021/22 von Speranza und dem "patto per la scienza" "stigmatisiert"; obwohl sie gute Erfolge selbst bei den sog. schweren und kritischen Fällen hatten, für die die WHO Leitlinie in erster Linie nur künstliche Beatmung vorsah.

Also resultiert der oben zitierte Satz in meinen Augen eher als "Verharmlosung" der Tatsachen. Und wenn jemand das Schlagwort "Leugner" zurecht und von Anfang an verdient hätte, dann der PDler Zingaretti.

Salto.bz sollte sich bezüglich dieses Themas selbst auch etwas weniger "Gräben aufreißend" (Zitat Autorin) geben, indem es auf Schlagworte wie "Leugner" gegen unschuldige kritisch denkende Opfer einer verfehlten Gesundheitspolitik verzichten möge. Es sollten die Fakten schonungslos aufgedeckt und nicht die wenig wahrheitsgemäßen meinungsschwangerenWahlkampfaussagen eines Politikers vorangestellt werden.

Ich hoffe, dass dieser Kommentar als sachliche -weil belegte- Kritik bei salto.bz Bestand haben darf.
Eine Löschung mit dem Hinweis eines vermeintlichen Verstoßes gegen die Netiquette wäre nicht nett.

Fr., 02.06.2023 - 09:39 Permalink
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Peter Gasser Sa., 01.07.2023 - 09:43

Diese Studie „unterschlägt“ 2 wesentliche Fakten, ohne welche meiner Ansicht nach die Zusammenhänge nicht korrekt interpretiert werden können.
Es fehlen
- der Hinweis auf die Corona-Varianten
- der Einbezug der Gesamtheit der infizierten Personen.

Die Todesfälle der einzelnen Jahre müssen mit der Gesamtheit der infizierten Personen der einzelnen Jahre in kausalen Zusammenhang gebracht werden, will man eine wirklichkeitsnahe Betrachtung erhalten.
Die Annahme, der Unterschied der Jahre 2020, 2021 und 2022 bestehe nur in der Anzahl der Impfungen, ist meiner Ansicht nach nicht nur im Modell simplifizierend, sonder empirisch - faktisch - falsch, und führt daher zu falschen Schlussfolgerungen und irrigen Kausalitäten.

Dazu Pascal Siggelkow, ARD-faktenfinder:
„Der Hauptkritikpunkt an der Interpretation der Studie ist jedoch ein anderer: Kuhbandner und Reitzner stellen die Hypothese auf, dass aufgrund der höheren Impfquote in den Jahren 2021 und 2022 die Übersterblichkeit eigentlich hätte zurückgehen müssen. Stattdessen zeigen sie anhand von zeitlicher Korrelation einen möglichen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Impfungen und der Übersterblichkeit auf. Oder wie "Report24" es zusammenfasst: "Die Zahl der Todesfälle explodierte in direktem zeitlichen Zusammenhang zu den Impfkampagnen."
"Was an dieser Studie so attraktiv ist, ist, dass sie die Leute halt bei so einem scheinbaren Widerspruch abholt", sagt Jonas Schöley, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Gesundheitszustand der Bevölkerung am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock. "Wie kann es sein, dass die Impfung funktionieren, aber die Übersterblichkeit ständig ansteigt in Deutschland?" Das sei jedoch zu kurz gedacht. "Es wird immer suggeriert, dass der einzige Unterschied zwischen 2020, 2021 und 2022 die Impfung wäre. Das ist falsch."
So habe es im Verlauf der Pandemie immer wieder neue Virusvarianten gegeben, die deutlich ansteckender waren und zu deutlich mehr Impfdurchbrüchen führten. Auch das Verhalten der Bevölkerung sowie die Schutzmaßnahmen hätten sich im Laufe der Jahre verändert, sagt Schöley. Alles zusammen habe dazu geführt, dass die Zahl der Coronainfektionen deutlich höher waren als im ersten Pandemiejahr: Laut Robert Koch-Institut (RKI) wurden im Jahr 2020 1,78 Millionen Fälle gemeldet, im Jahr darauf bereits 5,44 Millionen und 2022 etwas mehr als 30 Millionen.
"Es gab wesentlich mehr Infektionsfälle"
"Wenn es um Übersterblichkeit geht, gibt es zwei Sachen, die maßgeblich sind: Wie viele Leute sind einem Risiko ausgesetzt und wie groß ist das Risiko?", sagt Schöley. "Zwar ist zum Beispiel durch die Corona-Impfungen für jeden einzelnen Infektionsfall das Sterberisiko gesunken. Aber es gab halt wesentlich mehr Infektionsfälle." Die Infektionszahlen werden in der Studie von Reitzner und Kuhbandner nicht berücksichtigt, sondern nur die Anzahl der gemeldeten Corona-Todesfälle.

Quelle: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/uebersterblichkeit-deutschland-1…

Sa., 01.07.2023 - 09:43 Permalink