Politik | Aus dem Netz

Allein gegen die Nazis

Eigentlich wollten sie nicht weg aus ihrer Heimatstadt. Ronny und Monique kommen aus dem sachsischen Hoyerswerda. Eine Stadt so groß wie Meran.Den Nazis wollten sie ihre Heimat nicht überlassen. Bis zu dem Überfall. Bei dem die Polizei still hielt, verharmloste, herunterspielte. Die Opfer wurden aus der Stadt gebracht. Damit Ruhe einkehrt.

Etwas mehr als ein Jahr ist es jetzt her. Am 17. Oktober 2012 wurden Ronny und Monique von 15 Neonazis in ihrer Wohnung überfallen und bedroht. Die Politzei bot keinen Schutz. Lapidar hieß es damals: "Es ist einfacher zwei Leute wegzubringen, als 30 Leute zu bewachen."

Vor der Haustür unten auf der Straße geht die Belagerung weiter. Monique zählt 15 Neonazis und inzwischen sieben Polizisten, sie hört durch das gekippte Fenster, wie beide Parteien sich unterhalten. Kein scharfer Ton, eher Geplauder. Eine Beamtin duzt die Täter. Personalien werden keine aufgenommen. Auch die Rucksäcke und Gürteltaschen der Angreifer werden nicht kontrolliert.

Einen Tag nach dem Überfall auf die Wohnung des Päarchens in Hoyerswerda bringt die Polizei sie aus der Stadt. Sie sollen sich verstecken, in einem alten Bauernhaus. Ihre Heimatstadt erkennen Ronny und Monique schon lange nicht mehr wieder. Die Nazis "fangen Leute weg", "klatschen ab". Seit 1991 ist klar, Bürgerrechte werden in Hoyerswerda anders geschrieben.

Sie grölen, tönen, machen Schussgeräusche, und wenn man ihnen den Rücken zudreht, rotzen sie hinter einem auf den Boden oder treten gegen Mülleimer. Wer sich erschrocken umdreht, wird verhöhnt. Sie genießen die Angst der Passanten. Wer kann, ist längst aus Hoyerswerda weggezogen. Die Einwohnerzahl hat sich seit 1991 fast halbiert. Ausländer sieht man ohnehin kaum, sie machen hier nur 1,3 Prozent der Bevölkerung aus. In vielen deutschen Kleinstädten ist ein Ausländeranteil von acht Prozent üblich. Im Bundesdurchschnitt sind es zehn Prozent.

Ronny und Monique sind im Februar 2013 von dem Bauernhaus in eine deutsche Großstadt umgezogen. Ihre Mütter hatten ihnen bei dem heimlichen Umzug geholfen. Geblieben ist ihnen die Angst, davonlaufen geht nur bedingt.

Sie bemerken jedes noch so kleine Thor-Steinar-Logo, sie achten auf den Sitz von Gürteltaschen, wie Tücher gebunden sind, sie bemerken weiße Schnürsenkel in schwarzen Schuhen; Zeichen, Farben, Zahlenkombinationen – alles lässt sie aufschrecken. Monique zieht Ronny an rechten Aufklebern vorbei. Und Ronny ermahnt Monique, nicht nächtelang auf den Facebook-Profilen der Täter herumzuhängen. Sie können sich immer noch nicht konzentrieren, nicht mal für die Dauer einer Doku-Soap auf RTL 2.

Am 19. November wird der Fall von Ronny und Monique am Jugendgericht von Hoyerswerda verhandelt. Die beiden 34-Jährigen haben Angst vor dem Prozess. Das Strafmaß für die Täter ist ihnen völlig egal. Eines wollen sie aber: dass endlich festgestellt wird,  dass nicht sie das Problem sind.

Den ganzen Beitrag lesen Sie im Magazin der Süddeutschen Zeitung.

 

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Thomas Kobler Fr., 01.11.2013 - 17:33

Es ist ja schön und gut, über die Vorfälle in Hoyerswerda zu berichten, obwohl das Ganze nun mittlerweile schon ein Jahr her ist und ich die Vorfälle mittlerweile bei zeit- oder spiegel-online bis zum Erbrechen nachlesen konnte. Auch verstehe ich, dass der Anlass die anstehende Gerichtsverhandlung ist, aber wie wäre es mal mit kritischem salto-Journalismus in Bezug auf die tiefbraunen Umtriebe der Südtiroler? Da gäbe es auf italienischer und deutscher Seite soviel interessantes Material, das dokumentiert werden könnte, nein, müsste, aber das scheint für die Südtiroler Journalisten mal wieder zu aufwendig zu sein. Da ist es dann doch leichter, einfach einen Artikel in der süddeutschen herzunehmen, den man zufällig beim Überfliegen der wichtigsten, deutschen online-Medien gefunden hat und schwupps hat man ein paar Zeilen zum in die Tasten hauen. Aber mit seriösem, investigativen Journalismus hat das leider überhaupt nichts zu tun liebe salto-Redaktion! Wie wäre es aber mal wenn sie einen ihrer Journalisten in einen der einschlägig bekannten Tanz Clubs rund um das Burggrafenamt am Freitag oder Samstagabend schicken würden? Sie würden Nazibekleidung und solche die sowas auch noch tragen, haufenweise vorfinden. Oder wie wäre es mit einem einschlägig bekannten Restaurant in Lana oder einer Bar in Untermais, Nähe Koflerplatz? Am Samstagabend auch ein beliebter Tummelplatz der braunen Fraktion. Oder ein Abstecher auf die im Sommer so beliebten Südtiroler Fußballfreizeitturniere? Da kann man die Exemplare dann auch in freier Wildbahn beobachten. Die haben dann so schöne Namen wie "weiße Wölfe" und scheinen auch sonst kein Problem damit zu haben, ihre menschverachtenden Ansichten zur Schau zu stellen. Oder einfach mal auf Facebook stöbern und sich die Profile einschlägig, polizeibekannter, junger Südtiroler anzusehen, die mit reichsdeutschen Fahnen und nazikultverehrenden Sprüchen auffallen, wo dem "Führer" und dem "großdeutschen Reich" gehuldigt wird. Oder ihr schaut euch mal diese nette Seite an, wo ein engagierter Schreiberling seit Monaten Ansichten vertritt, welche in Deutschland wohl schon längst aktendkundig wären. Als gute, engagierte Journalisten könntet ihr doch mal versuchen diesen Typen auf die Schliche zu kommen? http://logr.org/etschlichter/
Oder wie wärs mit einer kleinen Aufarbeitung mancher Verbindungen von Südtiroler Politikern zu Kameradschaftsringen und/oder ihrer Nähe zu FPÖ-Funktionären in Österreich, deren Führungsriege durch Holocaust-Leugner durchsetzt ist? Oder sich mal auf den Weg nach Bozen machen und sich mit den neofaschistischen Anhängern von casapound kritisch auseinandersetzen? Immer noch nicht genug Vorschläge und Themen, die auch die unabhängige salto-Redaktion dazu bewegen würde, ihren Hintern zu erheben und sich um jene Themen zu kümmern, die bei uns jeden Tag an der Tagesordnung stehen, anstatt mit copy und paste die Leser für blöd zu verkaufen?
Nein? Zu anstrengend gell? Ich weiß, ich weiß...

Fr., 01.11.2013 - 17:33 Permalink

Ich habe ihnen ja auch zugestanden, dass die Verhandlung kurz bevor steht, aber das ist mir am Ende aber dann doch zu mager. Es ist ja ganz nett über sowas zu berichten, aber wenn ich mich nicht irre, dann liegt bzw. sollte der Schwerpunkt der salto-Redaktion doch auf Südtirol-relevanten Themen liegen. Mir wäre jedenfalls bisher nicht aufgefallen, dass sich salto durch eine besonders international geprägte Berichterstattung hervorgetan hätte. Schlichtweg, weil dies einfach den Rahmen sprengen würde. Sie werden doch schließlich für ihre Arbeit ausreichend entlohnt und dann kann ich mir als aufmerksamer Leser und Unterstützer doch auch herausnehmen zu fordern, dass sie sich jener Themen annehmen die Südtirol direkt betreffen oder glauben sie, dass sich besonders viele Leute für diesen Artikel interessieren? Da fliegt der gemeine Leser, der sich mit dem Thema nicht tagtäglich auseinandersetzt doch einfach nur drüber, aber eine gesellschaftliche Auseinandersetzung werden sie hiermit ziemlich sicher nicht anstoßen. Kann ich mir zumindest nicht vorstellen. Ganz anders würde es aussehen, wenn sie sich eben mit dem wirklich teilweise tiefbraunen Sumpf in diesem Land auseinandersetzen würden. just my two cents...

Fr., 01.11.2013 - 18:18 Permalink

Sie scheinen ein aufmerksamer Online Leser zu sein, dann ist Ihnen sicher auch nicht entgangen, dass am 19. November der oben ausgeführte Fall am Jugendgericht verhandelt wird. Deshalb hab ich heute das Stück aus dem Netz geholt. Wie Sie vielleicht auch merken, verwenden wir auf salto.bz immer wieder Stücke von anderen Medien, einfach um einen Blick über die Grenzen zu werfen. Fein wenn LeserInnen Ihre Wünsche deponieren. Außerdem besteht das Spannende an salto.bz gerade daran, dass jedeR sich zu Wort melden kann und Selbst-Erlebtes, Recherchiertes und Interessantes der Comunity zur Verfügung stellt. Also, danke für Ihre Hinweise, vielleicht lesen wir Sie ja in einem Blog-Beitrag zu eben dem Thema - dann mit einem Südtirolbezug.

Fr., 01.11.2013 - 20:19 Permalink
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Oskar Egger Fr., 01.11.2013 - 19:36

Die Empörung über Fundamentalismus/Extremismus, welcher Natur auch immer, bleibt eben zu oft aus. Vieles wird verdrängt, verharmlost und in seinem Entwicklungspotential unterschätzt. Oft wird aus Angst geschwiegen und das geht durch alle Etagen bis zur Erpressbarkeit, Verbote werden umgangen, niemand traut sich offen auf Einhaltung von Grundrechten/regeln zu pochen. Es genügt nicht große Analysen über die Ursachen zu starten, wenn es schon längst Zeit zum Handeln wäre, denn wie sagt doch die Bibel so treffend: wehret den Anfängen!

Fr., 01.11.2013 - 19:36 Permalink