Kultur | Salto Weekend

Mother Song

Die Schauspielerin Anna Unterberger im Gespräch zum neuen Theaterstück des Regisseurs Mokhallad Rasem. Es geht um die Folgen der Kriege aus der Perspektive der Frauen.
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Foto: Foto: Agentur Schneider

salto.bz: „Mother Song“ betrachtet die Folgen der Kriege aus der Perspektive von Frauen. Ein Thema welches Ihnen nahe geht? Nicht nur auf der Bühne?
Anna Unterberger: Ja, sehr nahe! Zwar weiß man ja vieles durch die täglichen Nachrichten aber wenn man dann auf jemanden trifft wie Mokhallad der das alles selbst erlabt hat und mit diesen Frauen gesprochen hat; oder mein Erlebnis vor einigen Jahren auf der Griechischen Insel Leros, wo wir in einem Flüchtlings-Aufnahmelager mitgeholfen haben –, durch solche Begegnungen oder Ereignisse beginnt man zu erfassen, welches Ausmaß das alles hat.

Die Zuschauer erwartet ein Abend voller Gefühle von Verlust und Trauer und Hoffnung. Was können Sie verraten?
Es ist ein ungewöhnlicher Theaterabend. Wir sind fünf Frauen, 3 Schauspielerinnen, eine Tänzerin und eine Sängerin. Der größte Teil des Textes sind die Tonaufnahmen von jenen Frauen mit denen Mokhallad auf seinen Reisen gesprochen hat.
Die Bilder die Mokhallad Rasem hier geschaffen hat, bringen uns diese Frauen auf ungewöhnliche Art und Weise ein kleines Stückchen näher.

Frau Unterberger, Sie spielen für „Mother Song“  in einem internationalen Ensemble. Theater verbindet?
Vor rund einem Jahr kam die Anfrage ob ich mitwirken möchte. Mir wurde vage geschildert was das für ein Abend werden soll, welches Thema behandelt wird, welche Mittel zum Einsatz kommen, sprich: Stimme, Körper, Tanz.

Ein Sprung ins kalte Wasser?
Noch nie wusste ich bei einer Zusage für ein Projekt so wenig darüber, aber komischerweise war ich mir auch noch nie so sicher, dass ich das unbedingt machen will.  Und nach der ersten Probe mit diesen Menschen wusste ich warum.

 A talk with Mokhallad Rasem / Quelle: Festival Transart

Was unterscheidet die Figur Mokhallad Rasem von anderen Theatermenschen. Sie haben ja einige kennengelernt…
Anna Unterberger: Die Arbeit mit Mokhallad Rasem war effektiv etwas ganz besonderes und ganz anders als was ich bisher kannte. Wir haben viel improvisiert. Einmal haben wir beispielsweise bei einer Probe nur gemalt, unsere Ängste, ein anderes Mal haben wir über unsere Träume gesprochen. Viel gesprochen haben wir zum Thema Empathie.
Mokhallad ist einer der emphatischsten Menschen die ich kenne und das macht ihn und die Arbeit mit ihm so besonders. Mit dieser tiefen ehrlichen Empathie brachte er die Frauen auch dazu über ihre Schicksale für diese Aufnahmen zu sprechen.

„Wenn du deine Heimat verlierst, verändern sich deine Sinne. Alles schmeckt anders, hört sich anders an, das Licht ist anders.“, sagte Mokhallad Rasem einmal. Umgemünzt auf Ihre persönliche Realität als heimatverbundene Südtirolerin in Berlin. Wie stehen Sie zu diesem Satz?
Diesen Satz kann ich nicht auf meine Realität ummünzen, denn das ist eine ganz andere Realität. Ich habe meine Heimat nicht verloren, keine meiner Angehörigen sind dem Krieg zum Opfer gefallen, ich muss nicht Angst haben das eine Bombe unser Haus trifft. Nichts dergleichen habe ich erlebt und daher haben sich meine Sinne auch nicht wirklich verändert. Ich weiß woher ich komme und wer meine Familie ist und dass ich immer zurückkehren kann wann immer ich will. Das ist mein Fundament meiner Sinne dass bisher noch nicht zerrüttet wurde.