Wirtschaft | Handwerk-Industrie

Wirtschaft im Clinch

Handwerk gegen Industrie – nach der harschen Kritik von lvh-Präsident Lanz droht die Situation auszuarten. UVS-Präsident Giudiceandrea mahnt: “Mauern abbauen!”
Hammer
Foto: Pixabay

Die Handwerker lassen sich nicht beschwichtigen. Mit seiner Kritik an der Zusammenlegung des Amtes für Handwerk mit jenem für Industrie, sorgt lvh-Präsident Gert Lanz weiter für Wirbel. Während sowohl Landeshauptmann als auch sein Ressortdirektor Ulrich Stofner und inzwischen auch der Präsident des Industriellenverbandes Federico Giudiceandrea bemüht sind, die Wogen zu glätten, haut man beim lvh weiter auf den Tisch. Was wiederum Giudiceandrea nicht auf sich sitzen lässt.

 

Gemeinsamkeiten oder Untergang?

Am Dienstag hat die Landesregierung beschlossen, ein einziges Amt für Industrie, Handwerk und Standort zu schaffen. Um Effizienz zu steigern, Verwaltung zu verschlanken und zu vereinfachen und um Einsparungen vorzunehmen. So die Begründung von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Umgehend die Reaktion von Gert Lanz. “Die so unterschiedlichen Interessen und Notwendigkeiten der beiden Sektoren Handwerk und Industrie” könnten durch die Zusammenlegung der beiden Ämter “nicht mehr berücksichtigt werden”, warnt der lvh-Präsident und befürchtet, dass die “Sorgen und Bedürfnisse des Handwerks künftig wohl unter den Tisch gekehrt werden”.
Nein, im Gegenteil, kontert der Ressortdirektor des Landeshauptmannes, Ulrich Stofner im salto.bz-Interview. So unterschiedlich seien die Interessen von Handwerks- und Industriebetrieben gar nicht, in vielen Bereichen, wie etwa der Förderung, seien de Aufgaben der beiden bisherigen Ämter gar “deckungsgleich”. Daher seien die Sorgen von Gert Lanz unbegründet.
“Ich kann Herrn Lanz beruhigen”, sagt auch Federico Giudiceandrea.
Der Präsident des Unternehmerverbandes (UVS) sieht die Zusammenlegung der beiden Ämter positiv, sie bringe “keinerlei Nachteile” mit sich. “Wenn wir als Wirtschaft schon immer die Verschlankung der öffentlichen Verwaltung fordern, dann sollten wir es auch begrüßen, wenn derartige Bemühungen umgesetzt werden”, sagt Giudiceandrea zur Dolomiten. Er könne “verstehen, dass das Handwerk seine Interessen verteidigen will, aber die sind nicht in Gefahr, weil sie von denen der meisten Industriebetriebe in Südtirol nicht abweichen. Es geht heute nicht mehr um die Frage Klein gegen Groß. Wir sollten endlich sehen, dass uns sehr viel verbindet”.

 

Weiter auf die Barrikaden

“Geradezu für dumm verkauft fühlen sich die lvh-Spitzenvertreter durch die Aussagen von Federico Giudiceandrea.” So heißt es wörtlich in einer Presseaussendung, die der lvh Freitag Mittag verschickt.

“Wir sitzen im selben Boot und sollten uns für gemeinsame Interessen einsetzen? Dann beantworten Sie uns doch bitte einige Fragen Herr Präsident”, poltern Paul Niederkofler, lvh-Bezirksobmann im Oberpustertal und Gerhard Resch, lvh-Bezirksobmann von Bozen Land, in Richtung Giudiceandrea. Die Fragen schicken Niederkofler und Resch auch gleich mit:

“Warum hat sich die Industrie jahrelang gegen die Aufteilung in Lose und Gewerke bei den öffentlichen Aufträgen ausgesprochen? Warum pfeifen die großen Industriebetriebe auf die Beibehaltung der Dienstwohnung im Rahmen des neuen Urbanistikgesetzes? Warum hat die Industrie vor drei Jahren die Ausbildungsprämie für Lehrlinge blockiert und sucht nun verzweifelt nach Fachkräften, nein schlimmer noch: sie werben sie sogar vom Handwerk ab! Warum hat sich die Industrie gegen die Förderbeiträge ausgesprochen? Warum wurde das Handwerk als gleichwertiger Partner in der Bauarbeiterkassa boykottiert? Warum ist es im Handwerk nicht möglich die Lehrzeit der dreijährigen Lehrberufe auf vier Jahre anzuheben während die Industrie sich Berufsschulen aussucht und dort spezifische Lehrgänge für ihren Sektor organisiert? Und Stichwort Technologiepark: jahrelang hat das Handwerk das Projekt befürwortet, die Industrie baut sich dann ihren eigenen Technologiepark im Pustertal, um ihre Interessen und Bedürfnisse umzusetzen. Und übrigens: Wieso kassiert die Industrie über Mitgliedsbeiträge von Landesgesellschaften indirekt öffentliche Gelder?”

“Von Sensibilität und Nähe zum anderen Sektor kann hier ja kaum die Rede sein”, schließen die beiden lvh-Funktionäre. Verschlankungen und Optimierungen seien nur dann begrüßenswert, wenn sie “mit Hausverstand und realistischen Zielen” verbunden seien.

 

Ein Präsident schreibt zurück

Die Reaktion von Federico Giudiceandrea lässt nicht lange auf sich warten.

In einer ausführlichen Stellungnahme wendet sich der Präsident des Unternehmerverbandes an die Öffentlichkeit. Giudiceandrea will “diesen Angriff auf meine Person und auf den Verband, den ich die Ehre habe zu vertreten”, nicht unkommentiert lassen:

“Der Unternehmerverband Südtirol ist seit jeher darum bemüht, Mauern abzubauen, um die Zusammenarbeit und den Dialog zwischen allen Teilen der Gesellschaft zu stärken. Durch den kontinuierlichen Austausch mit allen Sozialpartnern konnten wichtige konkrete Ergebnisse erreicht werden. So wurde beispielsweise eine ständige Dialogplattform mit allen Gewerkschaftsorganisationen gegründet, Südtiroler Wirtschaftsring und USEB wurden zu einer einzigen Dachorganisation zusammengeführt, EOS, BLS, TIS und SMG wurden in eine einzige Dienstleistungsgesellschaft zusammengelegt.

Ich nehme zur Kenntnis, dass nicht alle diese konstruktive Zusammenarbeit suchen, die der gesamten Wirtschaft und der Südtiroler Gesellschaft insgesamt zu Gute kommt. Wir sind es gewohnt, eine offene, einbindende und transparente Kommunikation zu pflegen. Es ist nicht unser Stil, Anschuldigungen oder Unterstellungen über die Medien zu verbreiten. Daher werden wir auch nicht auf die einzelnen  Behauptungen – die obendrein nicht der Wahrheit  entsprechen – eingehen, die in der heutigen (Freitag, Anm.d.Red.) Pressemitteilung des Wirtschaftsverbandes der Handwerker und Dienstleister (lvh) enthalten sind.

Die Aussage, versteckt öffentliche Gelder einzuheben, können wir aber nicht unbeantwortet stehen lassen. Der Unternehmerverband verzichtet seit Jahren auf öffentliche Beiträge, um die eigenen Projekte zu finanzieren. Auch arbeiten alle unsere Vertreter in den verschiedenen Gremien ehrenamtlich mit: so haben alle Vertreter des Unternehmerverbandes innerhalb des Kammerausschusses und des Verwaltungsrates der IDM freiwillig auf jegliche Vergütung verzichtet.

Ich habe mich in all diesen Jahren und besonders in diesen Monaten als Präsident des Unternehmerverbandes immer für Zusammenarbeit und offenen Dialog eingesetzt, besonders mit den anderen Wirtschaftsverbänden. Die Aussage, die diesen Angriff auf meine Person und auf den Verband, den ich die Ehre habe zu vertreten, ausgelöst hat – ‘wir sollten verstärkt die Gemeinsamkeiten sehen, die uns verbinden’ – ist der beste Beweis dafür. Wir werden uns auch weiterhin für Öffnung und Einbindung und für eine Zukunft einsetzen, die auf Dialog aufbaut, in der Überzeugung, dass dies der einzige Weg ist, um die Wohlfahrt und den sozialen Frieden zu garantieren und damit unser Land stark zu machen.