Wirtschaft | IDM

Michls Marktplatz

Die Handelskammer hat eine Finanzierung des „Südtirol Marketplace“ der IDM abgelehnt. Der Zufall will es, dass Athesia mit einem eigenen digitalen Marktplatz online geht.
Südtirol live
Foto: First Avenue
Man muss eines vorausschicken: Das Projekt ist alles andere als unumstritten.
Seit über drei Jahren arbeitet die IDM am Aufbau der digitalen Plattform. Der „Südtirol Marketplace“ soll künftig die bisher autonom existierenden Plattformen des Tourismus- und Agrarsektors bündeln. Auf Kritik stoßen dabei von Anfang an die Kosten für das Projekt: 18 Millionen Euro.
Während das Land bereits vor über zwei Jahren eine verbindliche Finanzierungszusage gegeben hat, blockierte die Handelskammer das Projekt. Da die IDM zu 60 Prozent dem Land und zu 40 Prozent der Handelskammer gehört, hätten Michl Ebner & Co rund 7,2 Millionen beisteuern müssen. Genau das wollte man aber nicht. Auch als Landeshauptmann Arno Kompatscher in der Gesellschafterversammlung die Zusicherung gab, dass das Land 80 Prozent dieser Summe übernehmen werde und damit die Mitfinanzierung der Handelskammer auf 3,6 Millionen Euro zusammengeschrumpft wäre, kam in der Südtiroler Straße keine große Freude auf.
 
 
 
Im Gegenteil: Es war Handelskammerpräsident Michl Ebner, der von Anfang an diesem IDM-Projekt mehr als nur kritisch gegenüberstand. „Der Handelskammer Bozen ist es wichtig, dass die Gelder der Südtiroler Wirtschaft bestmöglich im Interesse der heimischen Betriebe und der Bevölkerung verwendet werden“, erklärte der Generalsekretär der Handelskammer Alfred Aberer im vergangenen Jahr in einer Stellungnahme an Salto.bz.
In der Handelskammer hat man zudem auch ein abschreckendes Beispiel bei der Hand. In Österreich hat man mit der Plattform „Kaufhaus Österreich“ ein ähnliches Projekt umgesetzt, das zum absoluten Reinfall und im vergangenen Jahr denn auch eingestellt wurde.
Dazu braucht es eine ausgiebige Diskussion in den dafür zuständigen Gremien“, meinte Aberer bereits vor fast einem Jahr. Und genau das hat man auch getan.
 

Spiel auf Zeit

 
Zwischen Juni 2021 bis März 2022 hat sich der Kammerausschuss insgesamt sieben Mal mit dem Thema „Südtirol Marketplace“ befasst. „Zum Teil waren die von der IDM der Handelskammer Bozen zum Südtirol Marketplace vorgelegten Unterlagen nicht vollständig, zum Teil mussten noch offene Fragen geklärt werden“, heißt es in der offiziellen Stellungnahme der Handelskammer.
Am Ende stand dann ein Nein der Handelskammer. Auf Antrag von Handelskammerpräsident Michl Ebner beschloss die Handelskammer, sich an der Finanzierung des IDM-Projekts nicht zu beteiligen.
 
 
 
 
Inzwischen ist der Aufbau des „Südtiroler Marketplace“ aber soweit fortgeschritten, dass das Land und die IDM an dem Projekt festhalten. „Wir werden das Projekt über Gelder aus dem staatlichen Wiederaufbauplan PNRR finanzieren“, erklärte Tourismuslandesrat Arnold Schuler vor Monaten. Eine erste Version des Marketplace soll noch in diesem Jahr online gehen.
Schon damals war eines aber klar: Handelskammerpräsident Michl Ebner spielt auf Zeit. Der Zufall will es, dass der Medienkonzern Athesia zur selben Zeit an einem ähnlichen Projekt arbeitet.
Ebners Koloss hat seine Digitalportale inzwischen unter dem Dach der Aussenwerbungsfirma „First Avenue“ vereint. Das vom ehemaligen JG-Chef Michael Hölzl geführte Unternehmen arbeitet seit langem an der Entwicklung einer Plattform, auf der mehr oder weniger das angeboten werden soll, was die IDM mit ihrem Markplatz machen will.
Die institutionelle Plattform ist dem Privatgeschäft des Handelskammerpräsidenten im Weg. Deshalb wurde das IDM-Projekt massiv eingebremst.
Damit werden auch die „Bedenken der Südtiroler Wirtschaft“ verständlich und die Tatsache, dass die Handelskammer fast zwei Jahre brauchte, um eine Entscheidung zu treffen.
Die institutionelle Plattform ist dem Privatgeschäft des Handelskammerpräsidenten im Weg. Deshalb wurde das IDM-Projekt massiv eingebremst.
 

Südtirol Live

 
Michl Ebners Plan ist aufgegangen.
In den vergangenen Wochen sind an Südtirols Bushaltestellen Plakate mit einem großen QR-Code aufgetaucht. Wer draufklickt, kommt auf eine neue Homepage: „Südtirol Live - Dein umfassender Südtirol-Guide“. Auf der neuen Plattform kann man Hotels, Restaurants und Eventtipps genauso finden wie Geschäfte  Skigebiete oder Museen.
Es ist eine etwas abgespeckte Version von dem, was auch die IDM machen will.
 
 
 
„Südtirol Live“ wird von der Athesia-Tochter First Avenue betrieben, die in Synergie mit dem Medienkoloss damit auch diesen Platz im Web besetzen will.
Allein an dieser Geschichte wird deutlich, wie groß der Interessenkonflikt von Michl Ebner als erfolgreicher Multiunternehmer und als Präsident der Südtiroler Handelskammer ist.
In Südtirols Wirtschaft nickt man aber anscheinend alles ab. Nur so dürfte es erklärbar sein, dass sich niemand traut, gegen diese Art der Wirtschaftspolitik aufzustehen.
Michl Ebner soll in diesem Frühjahr für weitere 5 Jahren an die Spitze der Handelskammer gewählt werden. Damit man weiterhin sicherstellt, dass die öffentlichen Gelder auch richtig eingesetzt werden.