Kultur | Salto Weekend

„Ruhe! Einer nach dem Anderen!“

Der Schauspieler und Schriftsteller Joachim Meyerhoff kommt für zwei Leseabende nach Bozen und Schlanders. Ein Vorgespräch mit dem Ausnahmetalent.
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Foto: Foto: Ingo Pertramer

Salto.bz: Sie haben mit ihrem Erstlings­roman den Franz Tumler-Preis gewon­nen. Welche Erinnerungen haben Sie an die Tage in Laas?
Joachim Meyerhoff:
Es war so wichtig für mich und aufregender als jede Theater­premiere da ich noch nie zuvor für einen Literatur-Preis nominiert war. Ich erinnere mich mit Freude daran wie beglückend das für mich war, dass sich sogenannte Experten mit meinem Buch ernsthaft auseinandersetzten – mit dem was ich geschrieben hatte. Und dann war ich ja auch noch im Mamorbruch! In den nasskalten Kathedralen –unvergesslich!

Aber letztlich ringe ich an beiden Orten – Büh­ne und Schreibtisch –  darum Situationen so zu beseelen, dass sie erheitern und erschüttern.

Inwieweit ist das Schreiben über Schauspielerei und Theater auch ein persönliches Aufarbeiten. Im Scheitern wie im Gelingen?
Das Wort Aufarbeiten ist ja einer meiner Lieblingsfeinde. Ich will und habe und werde überhaupt nicht Aufarbeiten, denn das impliziert auch ein Ende – einen Feierabend nach der Aufarbeit. Ich möch­te, dass der Kummer und die Freude vital und präsent bleiben.

Ist das Schreiben über das eigene Leben auch eine Art Therapie?

Was gibt Ihnen die Schauspielerei für Ihre Literatur. Und umgekehrt?
Es sind zwei diametrale Beschäftigungen. Im Theater geht es ja immer darum, sich mit dem Gegenüber auseinanderzu­setzen, sich in ein Gefüge zu begeben. Beim Schreiben findet der Sozialkontakt ausschließlich in den Worten statt. Aber letztlich ringe ich an beiden Orten – Büh­ne und Schreibtisch –  darum Situationen so zu beseelen, dass sie erheitern und erschüttern.

Sie schreiben sehr lebensnah. Personen, Situationen, gar Gefühle glaubt man, mit den Händen anfassen zu können. Woher rührt dieses Talent?
Naja – seit dreißig Jahren spiele ich Thea­ter und nur darum geht es. Situationen zu beleben. Vielleicht habe ich – oder hoffe ich – durch das Auswendiglernen zig teil­weise grandioser Texte etwas verinnerlich vom Klang der Worte, die etwas Leben einzuhauchen vermögen.

Wer ist Ihrer Meinung nach einsamer, der Schauspieler oder der Literat?
Müsste ich mich entscheiden, wäre so­wohl der Schauspieler ohne den Schrift­steller und umgekehrt einsam. Man kann tatsächlich inmitten von Kollegen mitten auf der Bühne vollkommen vereinsamen und auch kann man am Schreibtisch im Gewimmel der Gestalten laut: ,Ruhe! Einer nach dem Anderen!', rufen.

Salto.bz in Zusammenarbeit mit ein/ /blick (Das Magazin des Südtiroler Kulturinstituts)