Gesellschaft | Sanität

Hilferuf aus dem OP

Alarmruf aus der Bozner Anästhesie: Aufgrund von chronischen Unterbesetzungen sieht das Pflegepersonal die Qualität der eigenen Arbeit in Gefahr.

Lasst uns die Probleme intern lösen statt sie öffentlich in den Medien anzuprangern: Der Appell, den der Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs Thomas Schael noch am Ende der vergangenen Woche im Rahmen des 3. Südstern Health and Sciene Forum an seine Belegschaft schickte, hat wenig Resonanz. Denn bereits am Montag Nachmittag kommt aus der Bozner Anästhesie die nächste Krisenmeldung: Dort sieht sich das Pflegepersonal angesichts eines chronischen Personalmangels außerstande, die Qualität der eigenen Leistung weiter zu garantieren.

„Wir haben lange genug auf eine interne Lösung gewartet“, sagt Gewerkschaftsvertreterin Petra Morandell. Doch wie auch bei einer sehr gut besuchten Gewerkschaftsversammlung von Nursing Up und CGIL am vergangenen Mittwoch Vormittag klar wurde, sei die Situation auf der Bozner Anästhesie für das Pflegepersonal nicht mehr tragbar. Infolge mehrerer Schwangerschaften und Kündigungen herrsche dort seit Monaten ein akuter Personalmangel. „Obwohl wir seit langem gefordert haben, dass in programmierbaren Fällen wie einer Schwangerschaft rechtzeitig Ersatz organisiert wird, ist nichts geschehen“, kritisiert die Krankenpflegerin. Inklusive Koordinator und Vize-Koordinator sind auf der Bozner Anästhesie derzeit 33 Personen als Pfleger tätig. Sie müssen nicht nur sämtliche operative Eingriffe abdecken, sondern haben auch noch zahlreiche andere Einsatzgebiete – von der Magnetresonanz über die Gastroskopie bis hin zur Schmerztherapie für Gebärende, wie Morandell erklärt. 

Delikate Momente

Nach einem öffentlichen Schreiben von Pflegekoordinator Damiano Polli sei vor kurzem zumindest eine Nachbesetzung erfolgt. Dennoch sind immer noch vier Vollzeitstellen vakant, ohne weitere Ausfälle infolge von Schwangerschaften mitzuzählen, kritisiert die Nursing-Up-Vertreterin. „Vor allem sind unsere Probleme im Moment der Nachbesetzung noch nicht gelöst“, sagt sie. Denn es brauche in der Anästhesie zwischen acht Monaten und einem Jahr, bis eine neue Pflegekraft so gut eingearbeitet ist, dass sie autonom arbeiten kann. Ob Eingriffe bei sehr kleinen Kindern, Kaiserschnitte oder Politraumata – „es gibt bei unserer Arbeit sehr viele delikate Momente, in denen man fit sein muss und niemanden neben sich hat, auf den man zurückgreifen kann“, erzählt die Pflegerin und Gewerkschaftsvertreterin.

Höhere Anforderungen, gleicher Personalstand

Umso gravierender sei es, dass die Pflegekräfte aufgrund des Personalmangels nun schon seit Monaten vielfach bei zwei bis drei Operationen parallel präsent sein müssen. „Uns geht es vor allem darum, die Qualität für die Patienten und Dienste zu garantieren“, so Morandell. Unter den Pflegekräften gäbe es aber auch zunehmende Besorgnis um die eigene Sicherheit. Denn wenn eine Pflegekraft in mehreren Operationssälen gleichzeitig arbeite, trage sie auch für alle Vorkommnisse die Verantwortung mit, die ihn ihrer Abwesenheit passieren.

Für Petra Morandell stehen die Probleme der Pflegekräfte in der Bozner Anästhesie aber nur stellvertretend für viele andere Abteilungen. „Die Medizin verändert sich laufend, es kommen immer neue Dienste dazu und die Pathologien und der Schweregrad der Krankheiten nehmen  angesichts der steigenden Überlebenschancen und des steigenden Alters der Patienten ständig zu“, sagt sie. Doch: "Der Personalstand bleibt ungeachtet all dieser Entwicklungen immer gleich.“ Thomas Schael hätte solche Fragen wohl lieber intern diskutiert als hier zu lesen. Doch es sieht ganz danach aus, als müsste man sich dafür zuerst Gehör verschaffen.