Gesellschaft | Zweisprachigkeit

Keine Kündigungswelle im Sanitätsbetrieb

Sabes-Kommissarin Irene Pechlaner dementiert Schlagzeilen lokaler Medien: Die Rechtslage werde geprüft, viele Angestellte ohne Sprachnachweis seien fleißig am Lernen.
Irene Pechlaner
Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Wer im Südtiroler Sanitätsbetrieb (Sabes) einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten möchte, braucht einen Zweisprachigkeitsnachweis. Aufgrund des Fachkräftemangels stellt der Sabes bei der medizinischen Versorgung aber auch Personen mit befristeten Arbeitsverträgen ein. Diese beherrschen die Landessprachen Deutsch und Italienisch noch nicht auf ausreichendem Niveau und haben die Möglichkeit, auf Kosten des Sabes Sprachkurse zu besuchen. Bei Bedarf kann auch ein Intensivkurs mit anschließender Prüfung in Deutschland abgelegt werden. 

    „Wir haben noch keine Mitteilungen versandt, sondern führen derzeit mithilfe eines Rechtsexperten eine Analyse durch.“

    Bei der Krankenpflege und sanitätstechnischen Berufsbildern muss ein Sprachzertifikat auf dem Niveau B2, bei Ärztinnen und Ärzten auf dem Niveau C1 vorliegen. „Angestellte aus nicht deutschsprachigen EU- Ländern oder Nicht-EU-Staaten beherrschen meist nur eine der beiden Landesprachen, welche nicht ihre Muttersprache ist. Sie haben somit eine noch größere Herausforderung anzugehen“, erklärt die außerordentliche Kommissarin des Sabes, Irene Pechlaner.

  • Aufwändiges Einstellungsverfahren: Der Sabes muss seine Angestellten über eine Ausschreibung finden.
  • „Unser Ziel ist es, diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin zu unterstützen, die erforderlichen Sprachkompetenzen in drei Jahren zu erlernen, wie es das Staatsgesetz vorschreibt“, fügt sie hinzu. Derzeit arbeiten 184 Ärztinnen oder Ärzte und 224 Pflegekräfte mit befristetem Arbeitsvertrag beim Sabes, die Verträge werden jährlich erneuert. 

    „Der Großteil dieser Personen kommt aus anderen italienischen Regionen, aber es gibt auch Personen, die keine oder nicht ausreichende Kenntnisse in Italienisch mitbringen oder gar keine der beiden Landessprachen beherrschen. Die meisten von ihnen haben bereits mit den Sprachkursen begonnen und sind nach drei Jahren auf B2-Niveau oder haben bereits die schriftliche oder mündliche Prüfung für C1 bestanden. Es fehlt also nicht mehr viel, um ihnen einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbieten zu können“, sagt Pechlaner. 

     „Es kann nicht sein, dass die ärztliche Diagnose in einer Sprache mitgeteilt wird, die der Patient oder die Patientin nicht versteht.“

  • Irene Pechlaner: „Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Herausforderung meistern können, wenn wir alle gemeinsam daran arbeiten.“ Foto: Screenshot/Rai

    Laut dem Landesgesetz haben Betroffene unter bestimmten Voraussetzungen sogar fünf Jahre Zeit, um die Landessprachen zu erlernen. „Wir müssen von Fall zu Fall prüfen, ob der Arbeitsvertrag auch nach drei Jahren noch verlängert werden kann. Das hängt zum einen von der Personalsituation in der betreffenden Abteilung ab und zum anderen von dem Willen der Person, die Sprache zu erlernen. Denn auch darauf kommt es an“, betont die Sabes-Kommissarin. 

    Sie dementiert, dass Betroffene eine Mitteilung erhalten hätten, dass ihr Arbeitsvertrag nicht mehr verlängert werden könne, wie lokale Medien heute (3.1.2024) berichteten. „Wir haben noch keine Mitteilungen versandt, sondern führen derzeit mithilfe eines Rechtsexperten eine Analyse durch. Gemeinsam mit den Sozialpartnern sind wir darum bemüht, allen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine langfristige Perspektive beim Sabes zu geben“, so Pechlaner. Zu der genauen Rechtslage will sie sich derzeit noch nicht äußern. 

  • Ausschreibungen

    Eine Sache sei aber bereits klar: „Heute haben auch andere Sanitätsbetriebe in Italien Schwierigkeiten, Personal zu finden. Gleichzeitig sind wir im Gegensatz zu Privatkliniken dazu verpflichtet, eine Ausschreibung durchzuführen, die einen hohen bürokratischen Aufwand auf beiden Seiten mit sich bringt. Das hat in den 70er und 80er Jahren noch funktioniert, als sich viele Menschen auf eine Stelle im öffentlichen Dienst beworben haben“, sagt Pechlaner. 

  • Recht auf Gesundheit: Die außerordentliche Kommissarin verweist auf den Versorgungsauftrag des Sanitätsbetriebs.
  • Heute sei es aber mehr ein Hemmschuh für die öffentliche Hand. In den nächsten Jahren sei zu erwarten, dass weitere Angestellte der Baby-Boomer-Generation in Rente gehen werden und sich die Personalknappheit verschärfen könnte. „Wenn es beim Sabes an Personal fehlt, dann ist der Versorgungsauftrag gefährdet. Denn es werden nicht nur Wartezeiten länger, sondern es müssen auch Betten geschlossen und Eingriffe verschoben werden, beispielsweise wenn Pflegekräfte für Operationen fehlen. Der Sabes ist ein Dienstleistungsbetrieb und unser Kapital sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, so die Sabes-Kommissarin. 

    Gleichzeitig sei die Gesundheit der Bevölkerung ein verfassungsrechtlich garantiertes Grundrecht, genauso wie jenes der Zweisprachigkeit in Südtirol. „Das ist keine banale Angelegenheit. Es kann nicht sein, dass die ärztliche Diagnose in einer Sprache mitgeteilt wird, die der Patient oder die Patientin nicht versteht“, sagt Pechlaner. „Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Herausforderung meistern können, wenn wir alle gemeinsam daran arbeiten.“ 

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Salto User
Günther Alois … Do., 04.01.2024 - 07:09

Wie steht es bei Personalengpässen in der sabes mit Auslagerungen an Privatkliniken,wie angekündigt um nichts verschieben oder absagen zu müssen??

Do., 04.01.2024 - 07:09 Permalink
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Profil für Benutzer Josef Fulterer
Josef Fulterer Do., 04.01.2024 - 21:56

Nach einer sehr kurzen Übergangszeit schaffen Ärzte und Krankenpfleger ganz sicher, die Fach-spezifische Verständigung mit den Patientinnen + Patienten, auch mit den Kolegen.
Das sollte von einer Sanitäts-internen Stelle kontrolliert werden + nicht vor der Doppelsprachigkeits-Kommission, die "mit hohen Durchfall-Quoten nur ihre Qualitäten beweisen will!"

Do., 04.01.2024 - 21:56 Permalink
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Salto User
nobody Fr., 05.01.2024 - 20:59

Wieso hauen so viele Ärzte aus dem Krankenhaus ab und machen eine Praxis auf? Die haben die p... voll. Hausärzte warten auf die Pensionierung und sind froh, dass sie mit diesem Betrieb nichts mehr zu schaffen haben. Tolle Leistung der hochdotierten Verantwortlichen.

Fr., 05.01.2024 - 20:59 Permalink