Umwelt | Landwirtschaft

Gülle von gestern

Mit Schnee und Gülle bedeckte Wiesen sind vom Gesetz her verboten. Und doch gibt es sie heuer. Warum?
Gülle Gsies
Foto: Privat

Braun-weiße Streifen in der Landschaft – ein Anblick, an den man sich in den vergangenen Wintern schon gewöhnt hatte. Das vielerorts braun-weiß gestreifte Landschaftsbild in diesem Jahr ist allerdings nicht dem Schneemangel und den künstlich angelegten Skipisten geschuldet. Schnee ist in den vergangenen Tagen und Wochen reichlich gefallen – und der hat viele Bauern im Land in Bedrängnis gebracht. Sie haben noch Gülle vorrätig und wissen nicht, wohin damit. Doch darf diese auf verschneite oder durchnässte Wiesen überhaupt ausgebracht werden? Laut Gesetz ist das eigentlich verboten.

 

Zu viel Schnee, zu viel Mist

 

Die Ausbringung von Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Böden ist im Landesgesetz Nr. 8 von 2002 zu den Bestimmungen über die Gewässer bzw. der dazugehörenden Durchführungsverordnung zum Gewässerschutz geregelt. Art. 17 regelt die “Beschränkungen für die landwirtschaftliche Nutzung von Dünger”. Demnach gilt jedes Jahr vom 1. Dezember bis Ende Februar des Folgejahres ein Ausbringungsverbot von Mist, Kompost, Jauche, Gülle und Kunstdünger auf landwirtschaftlich genutzten Böden.

Außerdem ist die Nutzung von Dünger auf gefrorenen, schneebedeckten, wassergesättigten und überschwemmten Böden sowie Böden mit anstehendem Grundwasser oder mit aktiven Rutschungen verboten. Vor allem diese Tatsache brachte nach den ergiebigen Niederschlägen der letzten Zeit tausende Bauern im Land in Schwierigkeiten. Denn sie konnten Gülle und Mist, die sie noch lagernd hatten, nicht rechtzeitig vor Inkrafttreten des Verbots ausbringen.

 

Welche Ausnahmen?

 

Am 21. November informiert der Bauernbund seine Mitglieder, dass Ausnahmen vom Ausbringungsverbot möglich sind: “Betroffene Bauern können sich möglichst rasch an die jeweils zuständige Forststation wenden und dort um eine solche Sonderermächtigung ansuchen.” Die Ausstellung obliegt dem jeweiligen Amtsdirektor des Forstinspektorats.

So geschehen auch im Gsieser Tal im äußersten Osten des Landes. Von dort stammt ein Foto, das seit vergangener Woche im Netz kursiert: unschöne braune Streifen auf der weißen Wiese. Doch was ist mit dem gesetzlichem Verbot für Gülle auf schneebedeckten Wiesen? Darf dieses umgangen werden?

 

Der Amtsdirektor im für Gsies zuständigen Forstinspektorat Welsberg lässt auf Nachfrage von salto.bz von einer Mitarbeiterin schriftlich bestätigen: “Sondergenehmigungen für die Ausbringung von Gülle durch das Forstinspektorat  sind grundsätzlich für den Zeitraum des allgemeinen Ausbringungsverbotes zwischen 1. Dezember und Ende Februar vorgesehen – unabhängig vom Zustand des Bodens. Außerhalb dieses Zeitraums ist eine Sondergenehmigung des Forstinspektorates erforderlich, wenn der Boden schneebedeckt, gefroren oder wassergesättigt ist. Genau diese Situation hatte man heuer: Aufgrund der frühen und ergiebigen Schneefälle in der ersten Novemberhälfte konnten relativ viele Bauern – so auch in Gsies – die Gülle nicht mehr rechtzeitig ausbringen.”

 

Letzte Option: auf die Wiese

 

So einfach erhalten die ansuchenden Landwirte das Ok der Forstbehörden aber nicht: “Bei der Ausstellung der Sondergenehmigungen wird jede einzelne Situation überprüft, wobei der Antragsteller die Begründung für sein Gesuch angeben muss. Triftige Gründe können sein: Eindringen von Regen- oder Schmelzwasser in die Gülle- bzw. Jauchegrube sowie ungünstige Witterungsbedingungen wie plötzlicher Wintereinbruch oder längere Schlechtwetterperioden. Nach Möglichkeit werden keine Sondergenehmigungen ausgestellt, sondern es wird nach alternativen Lösungen gesucht, so etwa die Zwischenlagerung in den Gruben von Nachbarn.”

Auch die Lieferung der Gülle an eine Biogasanlage – davon gibt es über 30 im ganzen Land – wäre eine Option, um zu verhindern, dass sie auf den winterlichen Böden landet. Doch aus dem Forstinspektorat Welsberg heißt es: “Leider waren heuer so viele Bauern von der Problematik betroffen, dass eine Zwischenlagerung großteils nicht möglich war.”

Und so landet der Gülleüberschuss auf den verschneiten Wiesen. Das stößt nicht nur Umweltschützern sauer auf. Zwar werden die Vorschriften und Auflagen der Sondergenehmigungen bezüglich Ausbrinungszeitpunkt, betroffener Grundparzellen, Abstand zu Gewässern u.a. von den Förstern im Rahmen von Lokalaugenscheinen überprüft. Doch “die Thematik ist komplex und für uns als Forstbehörde sehr ungut”, gesteht einer der Amtsdirektoren.