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“Ich will Spaß vor Erfolg haben”

Warum Theresa Gutweniger auch als “Tracy Merano” den Boden unter den Füßen nicht verlieren wird, und was die 21-jährige Meraner Sängeirn in Hollywood erlebt hat.
Theresa Gutweniger
Foto: Privat

Zehn Tage war Theresa Gutweniger im Jänner in den USA. Nichts besonderes? Für die 21-Jährige aus Meran schon. War sie doch eingeladen worden, in einem Szenestudio in Hollywood an ihrem Traum zu basteln: selbst komponierte Lieder aufzunehmen und unter die Menschen zu bringen. Dafür hat sie sogar ihren Namen geändert: “Tracy Merano”. So nennt sich das aktuelle Soloprojekt der Südtiroler Nachwuchssängerin, die bereits in der Kinderstube selbst am Klavier Melodien gespielt hat – und sich auch als Tracy Merano um keinen Preis verbiegen lassen will.

salto.bz: Theresa, warum nennst du dich seit Kurzem “Tracy Merano”?
Theresa Gutweniger: Der Name mag in Südtirol zwar befremdlich wirken, ist allerdings von mir und meinen amerikanischen Partnern für ein international ausgerichtetes Projekt konzipiert worden. Meine erste Erfahrung in Los Angeles hat gezeigt, dass der Name dort sehr gut angenommen und für die Amerikaner eingängig, verständlich und leicht zu merken ist.

Bevor wir in die USA schauen, ein Blick zurück: Wie bist du zur Musik gekommen?
Angefangen hat alles ganz früh. Musik hat mich immer schon fasziniert, auch als ich noch ganz klein war. Als ich neun Jahre alt war, meinte meine Mutter, dass ich doch Klavierunterricht nehmen könnte. Ich habe dann mehrere Jahre Klavier gespielt, bis ich irgendwann gemerkt habe, dass das doch nicht so meins ist. Immer strikt nach Noten spielen war nicht das, was ich wirklich wollte. Als ich mit dem Klavierunterricht aufgehört habe, war das Thema Musik für mich eigentlich erledigt. Bis zum nächsten Tag, da habe ich begonnen, selbst drauf los zu spielen und Melodien zu komponieren (lacht). Das hat mir Riesenspaß gemacht. Später dann habe ich zwei kennengelernt, die inzwischen sehr gute Freunde geworden sind. Wir haben gemeinsam Musik gemacht, bis irgendwann die Idee geboren wurde, eine Band zu gründen. So ist “Mahana” entstanden.

Einer der ersten Menschen, die mich zur Musik geführt haben, war Michael Jackson.

Und mit der Band hat auch deine Karriere als Sängerin begonnen?
Genau, bei Mahana habe ich zusammen mit Marlene Basso gesungen – da war ich 15, 16 Jahre alt. Wir hatten eine Reihe von Auftritten, und so hat sich das Ganze immer weiter entwickelt. Es kam dann, dass ich immer mehr auch mit dem Klavier die Lieder begleitet habe und schließlich angefangen habe, eigene Lieder zu komponieren.

Wann hattest du zum ersten Mal das Gefühl, dass du mehr Menschen an deiner Musik teilnehmen lassen möchtest?
Mein erster Solosong, den ich veröffentlicht habe, war “Every Morning”. Da habe ich zum ersten Mal gedacht, ja, dieses Lied würde ich gerne in die Welt hinaus bringen. Der Song und das Video dazu sind im Frühjahr 2016 erschienen. Ab diesem Zeitpunkt habe ich immer mehr eigene Musik komponiert und nicht nur Cover gespielt.

Wie entstehen deine Songs?
Mir fällt eine Melodie ein und zugleich schon ein Text zur Geschichte, die ich gern erzählen würde. Und daraus entwickelt sich nach und nach ein Lied. Anders könnte ich das nicht erklären, aber ich glaube, meine Musik spricht für sich (lacht).

Wie würdest du deine Musik beschreiben?
Das ist eine gute Frage, und eigentlich lustig. Denn ich schreibe ja meist und gern eher traurige Songs, bin aber vom Charakter her ein lustiger und positiv eingestellter Mensch. Meine Lieder sind in dieser Hinsicht ganz anders.

Deine andere Seite versteckst du aber nicht…
Nein. 2016 bin ich zur Stodlgang gestoßen, einer Partyband, bei der ich seither als Leadsängerin tätig bin. Das war eigentlich nicht so sehr mein musikalisches Ziel (lacht), aber es macht unheimlich Spaß. Wir spielen Schlager und andere Lieder, die Stimmung machen. Das Tolle daran ist, dass man von der Bühne aus sehr viel mit den Leuten, die davor tanzen, interagiert.

Nur weil ich jetzt Musik mache, bin ich nicht etwas Besseres als jemand, der vielleicht einen anderen Job hat.

Hast du eine professionelle Ausbildung hinter dir?
Nein, ich habe auch keine Stimmbildung gemacht, sondern immer einfach gesungen. Ich kenne viele Leute, die sagen, dass ihnen eine professionelle Stimmbildung viel bringt, aber bei mir persönlich klappt es auch ohne. Bei Konzerten singe ich manchmal viereinhalb Stunden – das ist kein Problem für mich. Ich habe danach keine stimmlichen Probleme oder ähnliches. Was bedeutet, dass ich doch richtig singe und die Stimme richtig stütze. Wie soll ich sagen, ich mache Musik einfach weil ich wirklich große Freude daran habe…

Spaß und Leidenschaft statt Verbissenheit und Erfolg – könnte man so dein Motto beschreiben?
Genau. Ich mache Musik, weil mir das gefällt und nicht, weil ich irgendjemanden beeindrucken oder irgend ein bestimmtes Ziel erreichen will, sondern weil ich immer wieder irgendwelche Lieder im Kopf habe, eine Vorstellung, die ich dann umsetzen will. Aber klar, wenn meine Musik den Menschen gefällt, freut mich das natürlich unheimlich!

Wie ist es dazu gekommen, dass du in Hollywood gelandet bist? Hat dich jemand ‘entdeckt’?
Der Produzent Carmen Grillo war vorigen Sommer in Südtirol und dabei auf mich aufmerksam geworden. Er hat mich kontaktiert und nachgefragt, ob ich nicht Interesse hätte, zu ihm in die USA zu kommen um einige Aufnahmen zu machen und an Songs zu arbeiten. So ist das Ganze ins Rollen gekommen, wir haben uns mehrmals über Skype gehört und Ideen ausgetauscht. Das war alles nicht vorgesehen, sondern ist einfach so passiert. Was ich immer sehr schön finde – wenn die Dinge nicht geplant werden, sondern einfach so kommen, wie sie eben kommen.

Am 12. Jänner war es dann so weit und du bist Richtung Hollywood aufgebrochen. Was hast du dort erlebt?
Einmal angekommen, habe ich gemeinsam mit Carmen Grillo einige meiner Lieder aufgenommen, mich mit vielen Musikern getroffen und Instrumente eingespielt. Aber das Hauptaugenmerk lag natürlich auf dem Singen, ein paar Songs habe ich zum Beispiel mit Will Champlin gesungen, der bei der Castingshow “The Voice of America” Dritter geworden ist. Er ist ein echt super Sänger mit einer gewaltigen Stimme und wirklich nett. Wir hatten richtig viel Spaß beim Singen.

Würde es dich reizen, wie Champlin an einem Talentwettbewerb mitzumachen?
Nein… Ich habe schon einmal an einem teilgenommen, und wäre sogar weitergekommen. Aber ich bin mir dann bewusst geworden, dass ich das eigentlich gar nicht will und die Sache beendet. Ich möchte kein Produkt einer Sendung werden und durch Verträge gebunden sein. Da finde ich es schöner, wenn ich meine eigenen Sachen machen kann.

Wie hast du das immense Showbusiness in Hollywood erlebt?
Es gibt viel mehr Konkurrenz. Viele kommen in die Stadt, um selbst Musik zu machen oder zu produzieren. Ein bisschen wie New York. Klar, es ist ganz anders als in Südtirol, was nicht heißen soll, dass es nicht auch hier viele talentierte Musiker gibt. Aber in L.A. gibt es unglaublich viele, die auf der Straße Musik machen – jüngere, aber auch ältere.

Mit meinen Liedern erzähle ich gerne Geschichten.

Hast du dich von den Straßen der Stadt der Engel inspirieren lassen?
Auf jeden Fall. So viele verschiedene Menschen, die Musik machen, sieht man in Südtirol nicht. Hollywood war eine wirklich tolle Erfahrung.

Was hast du neben den Erinnerungen aus Hollywood mitgebracht?
Ich habe vier Songs aufgenommen und die Absicht, 2017 ein Soloalbum zu veröffentlichen. Das soll in L.A. produziert und aufgenommen werden.

Dann heißt es tatsächlich “See ya soon America”, wie du auf Facebook schreibst?
Für das Album müsste ich, klar, bald wieder nach Amerika zurück.

Eine Frage sind sicher auch die Kosten, die bei der Realisierung von Songs, Alben und Videos anfallen?
Was das Finanzielle anbelangt, finden sich immer wieder Wege. Ich kriege Unterstützung, vor allem auch von meiner Familie. Und selbst habe ich auch etwas zusammengespart, zum Beispiel von den Auftrittsgagen. Also irgendwie schaffe ich es schon – wenn man will, geht es auch (lacht).

Hast du eigentlich irgendwelche musikalische Vorbilder?
Mein erstes Vorbild, oder sagen wir, einer der ersten Menschen, die mich zur Musik geführt haben, war Michael Jackson. Seit ich sechs Jahre alt bin, bin ich ein großer Fan von Jackson – bis heute. Aber ein richtiges Vorbild habe ich eigentlich nicht. Ich habe nie versucht, irgendjemanden nachzuahmen.

Dein Weg nach oben hat gerade erst begonnen. Bringt der Erfolg auch negative Seiten mit sich? Neid?
Wie ich schon gesagt habe, ich mache Musik, weil es mir gefällt und ich sie gern mache. Und dass irgendwo Neid da sein sollte, das hätte ich nicht mitbekommen. Ich wüsste auch gar nicht, warum. Ich mache mein Ding, habe Spaß und nicht, um Erfolg zu haben oder damit über mich geredet wird.

Die Reaktionen werden wohl aber dennoch nicht ausbleiben?
Nein, keinesfalls. Es schreiben mir so viele Leute, und über die vielen positiven Rückmeldungen und Komplimente freue ich mich total. Wenn man merkt, dass die Musik, die man selbst gern macht, anderen gefällt, freut man sich voll.

Viele Reaktionen trudeln über soziale Medien oder unter deinen Videos auf Youtube ein. Beantwortest du die Kommentare alle selbst?
Klar! Mir ist es sehr wichtig, immer zu antworten, denn schließlich hat sich ja jemand auch die Zeit genommen, mir zu schreiben. Deswegen schreibe ich eigentlich immer zurück – egal um welche Art von Kommentaren es sich handelt.

Hast du Angst davor, dass dir der Erfolg irgendwann zu Kopf steigst und du den Boden unter den Füßen verlierst?
Ich weiß, dass das sehr schnell passieren kann und finde das schade und traurig. Denn: Nur weil ich jetzt Musik mache, bin ich ja nicht etwas Besseres als jemand, der vielleicht einen anderen Job hat. Das ist meine persönliche Einstellung. Daher glaube ich nicht, dass mir das passiert.

Ist das Singen für dich inzwischen selbst zu einem Beruf geworden, dem du auch in Zukunft nachgehen möchtest?
Ich könnte mir schon vorstellen, Musik zum Beruf zu machen. Aber mich dafür zu verändern, das kommt für mich nicht in Frage.

Ich bin ein Mensch, der Ideen hat und sie ausprobieren will bevor ich etwas unterschreiben muss, hinter dem ich gar nicht stehe.

Wie geht es mit Tracy Merano jetzt konkret weiter? Am 1. März erscheint ja deine neue Single, “Nobody Loves Me” und voraussichtlich im Juli dein Album. Gibt es sonst Pläne?
Zum Beispiel Auftritte in Südtirol – auch mit anderen Bands –, von denen gleich mehrere geplant sind. Mich selbst gibt es als Tracy Merano am 18. März in der Bozner Carambolage zu sehen, bei der “Songwriter’s Night”. Aber im Moment konzentriere ich mich in erster Linie auf die Aufnahme meiner neuen Songs. Ich habe immer wieder neue Ideen, die ich gerne umsetzen möchte.

Bei den ganzen Plänen und Terminen – findest du da noch Zeit für Freunde und Familie?
Ich habe gerade wirklich viel zu tun, und neben der Musik studiere ich ja Bildungs- und Erziehungswissenschaften in Innsbruck. Meine Freizeit verbringe ich am liebsten mit meinen Freunden. Und ich glaube, man kann sich die Zeit immer nehmen wenn man für jemanden Zeit finden will. Klar, es ist etwas stressiger geworden, aber ich glaube schon, dass ich es schaffe, Zeit für die Menschen zu finden, die mir wichtig sind.

Gibt es ein Erlebnis in deiner bisherigen Karriere, das besonders schön war und dir in Erinnerung geblieben ist?
(Denkt nach). Es gab eigentlich viele schöne Momente. Was mir jetzt als erstes einfällt, ist der Moment als das Video zu “Every Morning” fertig war und ich es zum ersten Mal gesehen habe. Es war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Als ich es dann angeschaut habe, habe ich mir gedacht: “Wow, cool.”