Kultur | Salto Return

#040917

In Salto Return geht es nicht um den Herbst- oder Schulbeginn. Das wäre zu langweilig. Es geht um Farben, Fotos und falsche Fans.
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Foto: Plus Ultra

Grau und Blau
„Hinter Gitter – Das Gefängnis von Bozen / Dietro le sbarre – Il carcere die Bolzano“ nennt sich eine  Fotoausstellung des Bozner Fotografen Othmar Seehauser, die am 5. September in der Stadtgalerie Bozen eröffnet wird. Seehauser zeigt Reportage-Fotografie mit künstlerischem Touch und mit einem manchmal verschmitztem Blick in die alten Räume und auf unsere Gesellschaft. Der Politiker und Journalist Florian Kronbichler hat zu den Fotoarbeiten begleitende Texte verfasst.

Fotografien und Installationen der beiden Künstlerinnen Anna Messere und Karin Schmuck sind hingegen in den Räumen des alten Gefängnisses im Zentrum von Kaltern zu sehen. Beide Künstlerinnen haben gemeinsam Ideen zur Freiheit erarbeitet und experimentieren zu den Themen: Grenzen, Begrenzungen, Überschreitung und Befreiung. Im letzten Stock lassen sich beide von der Benutzung des Cyanometers des Genfer Naturforschers Horace-Bénédict de Saussure inspirieren. Mit dem Ende des 18. Jahrhunderts konstruierten Messinstrument können nämlich Farbabstufungen des Himmels bestimmt werden. Sogar Alexander von Humboldt nahm es auf seine erste Expedition nach Südamerika mit.
Die Ausstellung ist für Menschen mit einer Farbsinnstörung eine Augenweide, sie sehen – ich kann ein Lied davon singen –, alle Blautöne um einiges differenzierter, als etwa Menschen ohne Farbsinnstörung. Ein dreifaches: Ätsch bätsch

Blau über Grau
…nennt sich die Extremsportart, welche am kommenden Wochenende im Rahmen der Feierlichkeiten in Bozens Altstadt als wiederentdeckte Attraktion seine Renaissance feiern darf: Der Bozner Hürdensauf! 
Viele Schreiberlinge und Besserwisser mutmaßen seit Tagen, weshalb die Stadtgemeinde still und heimlich zahlreiche hässliche Betonklötze installierte. Der Grund ist einfach und geht auf die von gemischtsprachigen Industriearbeitern in den 1970er Jahren erfundene Fun-Sportart Hürdensaufen zurück. Für den beliebten Freizeitsport war in den 1980er Jahren allerdings Schluss – Hürdensauf war out. Nun will die Stadt Bozen die lokale Extremsportart "Blau über Grau" wieder salonfähig machen. Ziel des lustigen Trinksportspiels ist es, sich nicht nur möglichst blau, sondern vor allem elegant und schlau über die grauen Betonhürden des Stadt-Parcours zu schwingen. 

Blausein
Selbstversuch beim Hürdensauf-Training gestern: Ich lege heftig los, trinke ohne abzusetzen schweren roten Wein und springe wie ein Verrückter über die unverrückbaren Betonklötze. Ich amüsiere micht, lache über die anderen Teilnehmer, die mir hinterhersaufen und schiele nach vorn. Beim Hürdensauf gibt es keinen Sieger, keine Verlierer noch eine politische und religiöse Instrumentalisierung. Pff.
Es ist aber nur Training und ich bluffe, bleibe an einem der vielen Enden des Parcous stehen (immerhin), lehne mich mit einer Hand an den Betonklotz, überlege kurz und übergebe mich lange. Mit der anderen Hand halte ich meine Trinkflasche und frage mich heimlich, ob ich wohl blau genug bin? Ich versuche in diesem Zustand das Wort Cyanometer sauber auszusprechen. Es will nicht gelingen.

Blau und Braun
Blau im Gesicht werde ich hingegen, wenn ich mir vorstelle dass deutsch-braune Fußballfans im kommenden Jahr nach Eppan/Rungg zum Training anreisen und dort rechte Nazisprüche klopfen wie jüngst bei der WM-Quali in Tschechien. Das geht überhaupt nicht. Dann lieber ausladen.