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Halber Feiertag

Kärnten feiert am 10. Oktober 100 Jahre Volksabstimmung. Ein Gespräch mit Hans Karl Peterlini​​​​​​​ über "historische Berührungspunkte" zu Südtirol und die Gegenwart.
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Foto: Universität Klagenfurt

salto.bz: Was macht man in Kärnten am 10. Oktober?

Hans Karl Peterlini: Na ja, im Prinzip sind Schulen und Ämter geschlossen, an den Unis fallen die Lehrveranstaltungen aus, es wäre aber dennoch für die allermeisten ein Arbeitstag. Diesmal fällt der 10. Oktober allerdings auf einen Samstag, so dass aus dem gesetzlich nur informellen, sozusagen „halben Feiertag“ doch wohl ein richtiger Feiertag wird. Es ist diesmal ja das 100-Jährige Gedenken an den Kärntner Abwehrkampf von 1918-1920 und die dadurch erwirkte Volkabstimmung von 1920, bei der sich Kärnten für den Verbleib bei Österreich ausgesprochen hat.

Wie wird dieser „Feiertag“ im Jahr 2020 begangen?

Der 10. Oktober ist immer etwas ambivalent, ich würde sagen so eine Mischung aus Herz-Jesu-Sonntag und 4. November in Südtirol, an denen politisch mythenbildender Ereignisse gedacht wird. Während Herz-Jesu das Gedenken an die Tiroler Widerständigkeit gegen feindliche Übermacht darstellt und der 4. November an die Besetzung des Landes durch eine nationale Staatsmacht erinnert, ist der 10. Oktober beides: Er zelebriert die Wahrung der Zugehörigkeit Kärntens zu Österreich gegenüber der Besetzung des damals überwiegend slowenisch-sprachigen Südkärntens durch slowenisch-kroatisch-serbische Truppen. Damit geht es auch um die Wahrung von Deutschtum, obwohl – und das ist das ambivalente – der Kärntner Abwehrkampf und das Ja zu Österreich auch von der slowenischen Bevölkerung massiv mitgetragen wurden. Deshalb eine Mischung: deutschnationaler Vereinnahmung ausgesetzt, da Deutsch ja die österreichische Nationalsprache ist, also wie Italiens 4. November 1918, aber nicht im Sinne von Eroberung, sondern im Sinne einer Landesverteidigung der gesamten Bevölkerung unabhängig von der Sprachzugehörigkeit, also wie unser Herz-Jesu 1809. Damals sind Welsch- und Deutschtirol zusammen gegen die napoleonischen und bayrischen Truppen aufgestanden. Symbolisch kommt das durch rot-weiß-rote Kranzniederlegungen durch das Bundesheer zum Ausdruck und durch die Beflaggung des Landes mit der gelb-rot-weißen Kärntner Landesfahne. In Klagenfurt-Celovec und Völkermarkt wurden vom Kärntner Heimatdienst Lasershows vorbereitet.

Sie leben und lehren seit einigen Jahren in Klagenfurt. Wie erleben Sie das aktuelle Jubiläumsjahr zu 100 Jahre Volksabstimmung in Kärnten? 

Am Anfang habe ich den Feiertag schlicht nicht mitbekommen, ich ging zu meinem Seminarraum und wunderte mich, dass er geschlossen war und niemand da war – für uns ist es ja ein Arbeitstag, aber die Studierenden haben frei. Aus Gesprächen hier in Kärnten, an der Universität, vor allem auch mit meinen Vorgängern Peter Gstettner und Dietmar Larcher, habe ich gelernt, dass der Feiertag schon bald deutschnational gestimmt war. Jörg Haider setzte zuerst sogar versöhnliche Akzente, dann kam es unter ihm zu einer drastischen Verschärfung. Das hat sich mittlerweile entspannt, einerseits durch die Annäherungen und teilweise Aussöhnungen zwischen dem Heimatdienst und den slowenischen Verbänden, andererseits vor allem auch durch den sensiblen Umgang des sozialdemokratischen, über seine Partei hinaus populären Landeshauptmannes Peter Kaiser mit den Empfindlichkeiten auf beiden Seiten. Manches überdauert auch, etwa wenn auf der Homepage des „Kärntner Abwehrkämpferbundes“ zwischen windischer und slowenischer Bevölkerung unterschieden wird, als ob die einen heimattreu, die anderen verräterisch gewesen seien. Die Sprachwissenschaft lehnt diese Trennung zwischen dem zum Dialekt abgewerteten Windischen und dem Slowenischen mittlerweile mehrheitlich ab. Es erinnert ein wenig daran, wie der Faschismus das Ladinische als italienischen Dialekt deuten wollte, um das Assimilierungsprogramm umso skrupelloser durchziehen zu können.

Wie beurteilen Sie den aktuellen Umgang Kärntens mit der Minderheit der Slowenen? 

Die offenen Gehässigkeiten gegenüber allem Slowenischen, von der Ortstafel bis zum slowenischen Lied, sind zum Glück weitgehend verschwunden. Das mag es in Einzelfällen geben, aber nicht mehr so, wie es viele Generationen erleben mussten, dass sie im Zug oder im Bus oder auch offener Straße regelmäßig angeherrscht wurden, sie sollen deutsch reden. Die slowenische Bevölkerung ist allerdings in vielen Orten sehr zurückgedrängt, wir können durchaus ein so hartes Wort wie „dezimiert“ verwenden. Um 1900 sprach ein Drittel der Bevölkerung in Kärnten Slowenisch oder Windisch als Umgangssprache, mittlerweile sind es rund 2 Prozent. Zugleich erlebe ich ein wachsendes Selbstbewusstsein, ein äußerst kreatives Kulturleben, etwa die Theatergruppe in Šentjakob/St. Jakob im Rosental oder Chöre und Musikgruppen. Die Anmeldungen zum zweisprachigen Unterricht sind schon in den 1980er Jahren nach Jahrzehnten des Rückgangs wieder angestiegen, seitdem liegen sie ziemlich konstant bei plus-minus 45 Prozent aller Schülerinnen und Schülern in den slowenischen Gebieten. Zu verschlechtern scheint sich die Qualität der Sprachkenntnisse, dazu möchte ich mir aber kein Urteil anmaßen. Zugleich stößt jede strukturelle Stärkung der Minderheit immer noch auf Widerstand, etwa eine in Südtirol selbstverständliche Regelung, dass Schulleitungen zweisprachiger Schulen auch Slowenisch sprechen können sollen. Das wird massiv bekämpft.

Es gab in der Geschichte immer wieder Vergleiche der beiden Minderheitensituationen in Südtirol und Kärnten. Wo hinken diese Vergleiche? Wo gibt es Übereinstimmungen?

Ein direkter Vergleich hinkt an den Voraussetzungen und Kräfteverhältnissen der beiden Minderheitengruppen, wobei die Kärntner slowenische Bevölkerung sich gemäß dem österreichischen Sprachgebrauch nicht „Minderheit“ oder „Sprachgruppe“ nennt wie wir in Südtirol, sondern „Volksgruppe“. Ein zentraler Unterschied ist, dass für die slowenische Bevölkerung das sprachliche Bezugsland im kommunistischen Jugoslawien lag, die Grenze somit auch ideologisch und teilweise religiös markiert war. Das hat wohl zur Österreich-Treue der slowenischen Volksgruppe in Kärnten beigetragen, die ihr schlecht gelohnt wurde. Übrigens war der österreichische Widerstand gegen den Nationalsozialismus zum Großteil vor allem eine Leistung der slowenischen Volksgruppe, das hat die Position Österreichs bei den Verhandlungen um den Staatsvertrag 1955 doch etwas verbessert, als wenn es gar keinen Widerstand gegeben hätte.

Und wenn wir nach Südtirol schauen?

Da war eben der Konflikt mit dem Staat Italien wenigstens ideologisch und religiös nicht belastet. Im Gegenteil, die Kirche konnte manches ausgleichen, die italienischen und österreichischen Parteien standen, vor allem im Mitte-Links-Bereich, in gutem Verhältnis zueinander. Österreich und Deutschland waren für Italien wichtige Bezugsländer, während das frühere Jugoslawien für Österreich ideologisches Feindesland war. Zugleich hat Südtirol gegenüber dem Staat Italien immer eine gewisse Illoyalität gewahrt, es hat nie ein Bekenntnis zu Italien gegeben, wie es mit der Volksabstimmung in Kärnten 1920 von slowenischer Seite her letztlich ja erfolgt ist. Italien konnte sich nie sicher sein, ob Südtirol nicht doch zur Ausrufung des Selbstbestimmungsrechts schreitet. So aussichtslos dies meist wohl gewesen wäre, diese Haltung hat die Position in den Verhandlungen gestärkt. Die Rechte der beiden Minderheiten stehen in krassem Missverhältnis zu Ungunsten der slowenischen Bevölkerung Kärntens. Wenn ich von der Gleichstellung der beiden Sprachen in Südtirol erzähle oder von der durchgehenden Zweisprachigkeitspflicht im öffentlichen Dienst, schaut man mich in Kärnten mit großen Augen an. 

Weshalb unterstützte die Südtiroler Politik über viele Jahrzehnte die Anliegen der deutschsprachigen Kärntner und Kärntnerinnen? Warum waren Sie nicht auf der Seite der Minderheit?

Das ist Folge einer Verwechslung, die dem Südtiroler Minderheitendenken teilweise leider immer noch anhaftet – man hat hier Minderheitenschutz mit Deutschtumskampf verwechselt. In Kärnten spricht die Minderheit slowenisch, die Staatsmehrheit Deutsch. Es ist kein Ruhmesblatt der Südtiroler Politik, dass sie lange glaubte, in Kärnten das Deutschtum – also die Staatsmehrheit – vor der vermeintlichen slowenischen Überfremdung schützen zu müssen, und dies zu einer Zeit, als die slowenische Volksgruppe massiv bedrängt und schon im Rückzug war. Wir haben’s, bis auf Ausnahmen wie Hubert Frasnelli und auch Martha Stocker und natürlich auch Alexander Langer, sozusagen mit den Stärkeren gehalten, durchaus vergleichbar mit nationalistischen italienischen Gruppen, die das „Siamo in Italia“ in Südtirol durchsetzen wollten gegen die unverbesserlichen deutschen Sturschädel.

Wie lässt sich das Verhalten Österreichs im Umgang mit Sprachminderheiten beurteilen. Einerseits ist man Schutzmacht – wie in Südtirol – andererseits sagt man in Kärnten, zur dortigen Sprachminderheit: Nein, danke…
Das haben Sie genau auf den Punkt gebracht. Hätte Italien uns so behandelt wie Österreich seine Minderheiten, würden wir uns auch nur mehr in minimalen Prozentsätzen zählen, immer mit Blick auf die nicht vergleichbaren Rahmenbedingungen. Traurig ist es dennoch, dass dasselbe Österreich, das sich wirklich beherzt für Südtirol eingesetzt hat und einsetzt, so wenig für seine Minderheiten getan hat. Das gilt auch für die kroatische Bevölkerung im Burgenland. Ich denke, dass auch in Österreich die Verwechslung Deutschtum-Minderheitenschutz leitend war und immer noch ist.

Es gibt Kärntner, die sich verwundert zeigen, dass es in Südtirol nach dem 1. Weltkrieg keinen Abwehrkampf gegeben hat. Wie lässt sich das historisch – und im Vergleich zur natürlich blutig ausgegangenen Kärntner Geschichte – erklären?

Die politische Lähmung 1918 nach der Besetzung des Landes durch italienische Truppen ist ein Rätsel, es gab ja praktisch keinen Widerstand. Von der Traumaforschung her könnte man es mit einem Schockzustand erklären, der zwischen den Reaktionen auf Bedrohung das „fight“ nicht mehr zuließ, sondern nur das „fright“ oder „flight“ erlaubte. Südtirol ist erstarrt, dann – in der Option – ergriff es die Flucht. Dazu sichere Aussagen zu machen, birgt allerdings die Gefahr der Überheblichkeit. Es war eine Überwältigung, auf die man nicht vorbereitet war, es wurde ja auch die Dauerhaftigkeit der Besetzung unterschätzt, man dachte, die italienischen Truppen würden bald wieder abziehen und vertraute auf die überinterpretierte Zusicherung des Selbstbestimmungsrechts des amerikanischen Präsidenten an die Völker. Der Wiener Fritz Molden, der im Widerstand gegen die NS aktiv war und später die Attentate unterstützte, hat mir einmal erklärt, dass die damalige Elite Südtirols zu unmilitärisch war, man hätte die italienischen Truppen mit einer konzertierten militärischen Aktion nach Art des Abwehrkampfes leicht wieder zurückdrängen können. Dazu interessant ist, dass die Symbolfigur des Kärntner Abwehrkampfes, der deutschnationale Volkstumspolitiker Hans Steinacher, in den 1960er Jahren die Südtirol-Attentäter kontaktiert hat, weil er die Attentatsbewegung für zu wenig professionell befand und sie strategisch neu ausrichten wollte. Vielleicht ist uns durch dieses fehlende militärische Talent 1918 und 1961 auch viel erspart geblieben. 

Wie wird Steinacher in Kärnten heute gesehen?

In Miklavčevo/Miklauzhof, seinem langjährigen und auch letzten Wohnort, hat der Heimatdienst für die 100-Jahr-Feier ein Denkmal errichten lassen, zu dem auch eine Tafel für Steinacher entworfen wurde. Steinachers Verdienste um den Abwehrkampf sind unbestritten, allerdings wird seine exponierte Position als Nationalsozialist mittlerweile doch als Problem für eine so unkritische Würdigung empfunden. Er vertrat äußerst nationalistische und auch rassistische Positionen. Einen Bruch mit Berlin gab es nur in der Südtirol-Frage, weil das NS-Regime nicht bereit war, den Pakt mit Mussolini zugunsten eines Anschlusses Südtirols ans Reich zu stören. Er soll sich allerdings auch gegen die von den Nazis geplante Aussiedlung der Kärntner Slowenen gestellt haben. Jedenfalls ist ihm nach dem Krieg die Entnazifizierung erspart geblieben, schon 1952 wurde er zum Kärntner Obmannstellvertreter der ÖVP gewählt. An der Gedenktafel für ihn wird jede kritische Anmerkung vermisst, ebenso fehlt jede Erwähnung der slowenischen Volksgruppe. Auch da sehen wir wieder die Ambivalenz von Minderheitenschutz und, sagen wir, einem Kulturkampf ums Deutschtum.

„Kulturkampf“ war viele Jahre ein zentraler Begriff, mit dem gerne Politik gemacht wurde. Wie steht es um diesen Begriff heute?

In Tirol ist der Begriff durch die verbohrte Ablehnung von liberalen Reformen aus Wien ab 1848 geprägt. Der Historiker Josef Fontana hat dazu ein Standardwerk verfasst, das durch seine Detailstärke immer noch beeindruckt, da gab es Hetze gegen liberale Öffnungen der Schule, Bücherverbrennungen, Hetze gegen die jüdische und evangelische Bevölkerung, eine ziemlich destruktive Epoche, die auch Tirols Entwicklung hemmte. Pepi Fontana hat zum engsten Kreis der Attentäter um Sepp Kerschbaumer gehört, er hat im Gefängnis die Matura nachgeholt und danach studiert. Aus seiner Feder eine solche Analyse zeigt wohl, dass Kulturkampf immer in Sackgassen endet, gleich von welcher Seite er geführt wird. Er hat Tirol wichtige Jahrzehnte an Modernisierung versäumen lassen. Das gilt wohl immer noch: Minderheiten, die sich nur noch verschließen, drohen an kultureller Inzucht einzugehen. Liebe und Pflege fürs Eigene ja, aber Hass gegen Fremdes schlägt irgendwann auch aufs Eigene zurück.

Welche Rolle spielt die Mehrsprachigkeit in Kärnten? In den Schulen, an der Universität? In der Kultur? In der Politik?

Bei öffentlichen Anlässen selbst slowenischer Veranstalter fallen höchstens ein paar Grußworte auf Slowenisch, dann ist die Sprache durchgehend Deutsch. Das wäre so, als würden die Südtiroler Schützen oder die Südtiroler Volkspartei auf ihrer Hauptversammlung kurz auf Deutsch begrüßen und dann italienisch reden. Informell hängt viel von Orten und Situationen ab, das Italienische ist durch die Nähe zu Italien auch sehr präsent. Am Benediktinermarkt in Klagenfurt ist die Soundkulisse dem Obstmarkt in Bozen vergleichbar, da kommen Bauern und Händler aus dem Kanaltaler Tarvis in Italien, aus slowenischen Sprachräumen, Deutsch überwiegt, aber natürlich sind auch Migrationssprachen zu hören, vom Balkan und aus anderen Weltgegenden. Es gibt eine dreisprachige Radiosendung „Servus – Srečno – Ciao“ des ORF, auch einen interessanten privaten Sender „Radio Agora“, ansonsten aber sind die medialen Räume für die slowenische Volksgruppe eingeschränkt, vor allem im Fernsehen. Da gibt es praktisch nur einmal wöchentlich die halbständige ORF-Sendung „Doberdan Koroška fšr“, was so viel wie „guten Tag Kärnten“ bedeutet. Gemessen am Angebot von Rai Südtirol, der privaten Südtiroler Medienlandschaft und auch dem ORF-Engagement für Südtirol geht das gegen Null. 

Und Schule, Universität?

In der Schule setzt die slowenische Bevölkerung, meines Erachtens erfolgreich, auf Zweisprachigkeit, das ist eine Stärke aus Schwäche. Eine slowenische Schule mit Zweitsprache Deutsch würde vermutlich schwer angenommen. Dazu ist die Volksgruppe wohl doch bereits zu klein und fehlt dem Slowenischen das Gewicht einer Prestigesprache, auch wenn Slowenisch durch die Öffnung zum Balkan hin wieder interessanter geworden ist. Statt einer „eigenen“ Schule wurden aber innovative zweisprachige Modelle entwickelt, etwa „Eine Woche Deutsch-Eine Woche Slowenisch“ an der Volksschule 24 oder „Ein Tag Deutsch-Ein Tag Slowenisch“ an der katholischen Privatschule Mohorjeva Hermagoras, beide in Klagenfurt-Celovec. An meinem Institut haben slowenische Kollegen, allen voran Vladimir Wakounig, Pionierarbeit geleistet, ich habe da auch eine kleine Forschung mit ermutigenden Ergebnissen gemacht. Sehr interessant sind auch die dreisprachigen Kugy-Klassen am slowenischen Gymnasium mit Deutsch, Slowenisch, Italienisch. Das sind Modelle, von denen ich mir wünsche, dass sich auch Südtirol damit auseinandersetzt. Es gibt auch Schatten: Die zu geringe Verankerung des Slowenischen in der landesweiten Schullandschaft lässt auch das slowenische Lehramt und die Slawistik an der Universität schwächeln. Das würde sich schlagartig ändern, wenn Slowenisch in allen Schulen Kärntens Pflichtfach würde – so wie in Südtirol mit Deutsch und Italienisch. Auch da aber schaut man mich immer mit großen Augen an. Für mich wäre das eine dringend gebotene Forderung, letztlich ein Mindeststandard in einem zweisprachigen Land. Warum soll die deutsch-kärntnerische Bevölkerung nicht auch etwas von dieser schönen slawischen Sprache mitbekommen?

Redet überhaupt noch jemand über Jörg Haider?

Die Stätte seines tödlichen Verkehrsunfalls ist immer noch blumengeschmückt und zieht Menschen an, die sich an ihn erinnern. Politisch verblasst sein Erbe zum Glück, seine letzte Partei, das BZÖ, ist völlig marginalisiert, dem deutsch-slowenischen Verhältnis ist das nationalistische Gift weitgehend entzogen. Dazu hat Haider in Kärnten, unter anderem durch die Hypo-Geschäfte, auch eine schwere Schuldenlast hinterlassen, an der das Land lange schwer zu tragen hatte und immer noch trägt. Allerdings wird er hier auch anders erinnert, indem ihm seine schneidende Schärfe als berechnender Politprofi durch den Verweis auf den Menschen „hinter Haider“ verziehen wird – er hat mit jedem und jeder geredet, sich privater Probleme angenommen, vielen auch über Partei- und Sprachgrenzen hinweg menschlich geholfen. Sein offener Umgang, seine Ausstrahlung haben ihn ja zum Kärntner Bursch gemacht, der er als Oberösterreicher gar nicht war. So mögen viele, die ihn politisch kritisch sehen, kein ausschließlich negatives Urteil fällen. 
 

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alfred frei Do., 08.10.2020 - 14:59

Eine Stellungnahme der Südtiroler Schützen, des Heimatbundes und der Freiheit für Südtirol dazu wäre interessant und aufschlußreich.

Do., 08.10.2020 - 14:59 Permalink