Politik | Landtag

Missachtung des Parlaments

Die Opposition steigt auf die Barrikaden. Weil die Landesregierung den Landtag an der Nase herumführt, verlangt man jetzt die Einberufung einer Dringlichkeitssitzung.
Landtagssitzung 5. November 2020
Foto: Südtiroler Landtag/Werth
Ungeschickter hätte es Arno Kompatscher kaum anstellen können.
Es ist Donnerstag gegen 17.30 Uhr als sich Andreas Leiter Reber im Landtag an den Landeshauptmann wendet.  Der Freiheitliche Landtagsabgeordnete will von Kompatscher wissen, ob er in Sachen Corona und Infektionslage etwas mitzuteilen habe.
Kompatscher Antwort: „Nein, ganz schnell. Es gibt nichts Neues, wir warten jetzt auch noch auf die Hinweise aus dem Gesundheitsbetrieb, die entsprechende Lageeinschätzung, Wir haben das ja angekündigt: Wir beobachten das ganz genau. Das sind in erster Linie die Experten, die das tun. Und dann, wenn es notwendig ist, werden wir auch Entscheidungen treffen. Wir wissen die Lage ist angespannt, wir haben hohe Inzidenzzahlen, deshalb haben wir auch gesagt: Das ist jetzt ein Moment, wo wir genau hinschauen und auch genau hören werden wie Experten unsere Lage einschätzen“.
Genau drei Stunden später mussten die Südtiroler Landtagsabgeordneten dann aus der Presse erfahren, dass die Landesregierung auf einer Sondersitzung einen dreiwöchigen Lockdown für Südtirol beschlossen hat. Augenscheinlicher kann man den Landtag wohl kaum an der Nase herumführen.
 
 
Verständlicherweise wird dieses Verhalten von den Landtagsabgeordneten als klarer Affront verstanden. „So geht das nicht“, sagt Maria Elisabeth Rieder,das ist eine bewusste und augenscheinliche Missachtung des Landtages“. Die Team-K-Abgeordnete ist eine jener Landtagsabgeordneten, die dabei noch eine moderate Linie vertritt. Ein Teil der Opposition, allen voran die Freiheitlichen, sind weit radikaler und fordern offen einen Misstrauensantrag gegen Landeshauptmann Arno Kompatscher und Gesundheitslandesrat Thomas Widmann im Landtag.
Am Freitagvormittag traf sich die Opposition zu einer gemeinsamen Online-Aussprache. Dabei zeigte sich, dass alle Parteien an einem Strang ziehen. Man einigte sich darauf, dass man gemeinsam die Einberufung einer außerordentlichen Landtagssitzung fordert. Bereits heute wollen alle 16 Landtagsabgeordneten, die nicht der Regierungsmehrheit angehören, einen solchen Antrag unterzeichnen. Man wird einen gemeinsamen Beschlussantrag vorlegen, mit dem man die andauernde Bevormundung des Landtages und die Alleingänge der Landesregierung frontal angreifen will.
Es ist eine absurde Situation. Während Gesundheitslandesrat Thomas Widmann unterstützt von der mächtigen Athesia-Presse einen „Pakt mit der Bevölkerung“ propagiert, gehen er und seine Partei ausgerechnet im Landtag mit schlechtem Beispiel voran, indem man die politische Minderheit und die Institution Landtag verhöhnt und die gesamte Opposition vor den Kopf stößt.
Laut Geschäftsordnung wird Landtagspräsident Sepp Noggler nach Abgabe des Antrages innerhalb 48 Stunden die Einladung für die außerordentliche Landtagssitzung verschicken müssen. Die Sitzung muss dann innerhalb 14 Tagen stattfinden.
Es wird eine saure Suppe werden, die die Regierungsmehrheit jetzt auslöffeln muss. Eine Suppe, die sich Arno Kompatscher & Co selbst eingebrockt haben.

 

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rotaderga Sa., 06.02.2021 - 08:12

Pakt mit der Bevölkerung wird es niemals geben können. Die Vorgangsweise um die Politgehälter und Renten hat jede Form der Zusammenarbeit ausgeschlossen. Die Einseitigkeit bei den Corona Unterstützungen zugunsten der Betriebe inklusive Landwirtschaft und die fast völlige Ignorierung der Arbeitnehmerschaft und Rentner sind ein weiterer Grund für das große Mistrauen.

Sa., 06.02.2021 - 08:12 Permalink